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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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kennt sie die Alte
mittlerweile, als dass diese etwas nur nebenbei erwähnt.
    Gwen lächelt über ihre
erstaunte Miene.
    „Dann liegt auch auf dir dieser
Fluch“, haucht Joan.
    „Nein. Es gibt keinen Fluch. Es
ist das, was dir deine verletzte Seele zu tun eingibt.“
    Joan greift sich verwirrt an
die Stirn. „Meine verletzte ... Woher weißt du von meiner Kindheit?“
    Gwen nickt bedächtig. „Ich
kenne dich schon sehr lange, Joan. Ich lebte einst als Großmagd auf der Burg
deines Vaters. ... Als du geschändet warst, äußerte ich aus leidlicher
Erfahrung den Gedanken, dass du später vermutlich nicht glücklich mit einem
Mann sein wirst. Ich kannte ein sehr gutes Kloster, in welchem Wissen über die
Heilkunst vermittelt wird und machte deinem Vater den Vorschlag, dich in die
Obhut der Nonnen dort zu geben.“ Sie lässt Joan Zeit, das Gesagte zu
verarbeiten.
    „Wie reagierte er?“
    „Er verwies mich fürchterlich
aufgeregt der Burg.“
    Joan ist bestürzt.
    „Er war der Lage nicht
gewachsen“, äußert Gwen beschwichtigend. „Sicher wollte er nur dein Bestes. Du
warst schon immer sein Liebling.“
    „Überdies war er noch nie sehr
gottesfürchtig. Seit ich denken kann, begegnet er Geistlichen mit spöttischem
Argwohn“, versucht sie, sich für ihn zu entschuldigen.
    Doch Gwen schüttelt bedächtig
den Kopf. „Im Grunde ging es um die Heilerei, die für ihn immer schon ein Buch
mit sieben Siegeln war. Er begegnete deiner Mutter in dieser Hinsicht stets mit
Unverständnis, welches mit Furcht gepaart war.“
    Joan erstarrt. „Wie meinst du
das“, raunt sie.
    Gwen zuckt die Schultern. „Nun,
deine Mutter war bei Gott eine begnadete Heilerin. Doch beging sie den Fehler,
nichts vor ihm verborgen zu halten. Auf einen Uneingeweihten wirken
verschiedene Praktiken angsteinflößend, machen ihn gar glauben, man sei mit dem
Leibhaftigen im Bunde. Dein Vater stellte darin keine Ausnahme dar. So glaube
ich, wollte er dich nicht auch an die Magie verlieren. Letztlich nahm er mir
übel, dass ich laut aussprach, was er selbst bereits wusste. Dass du nämlich
die Gabe deiner Mutter in die Wiege gelegt bekommen hast.“
    „Gwen“, haucht Joan. „Ist das
wahr?“ Auf die fragende Miene der alten Frau hin räuspert sie sich perplex.
„Sie war eine Heilerin?“
    „Soll das heißen, er weihte
dich nie darin ein?“ Gwen schüttelt verständnislos den Kopf.
    Joan nickt betrübt. In der Tat
hätte er es tun sollen. Allein schon, dass er ihr nie von ihrer Mutter
erzählte, war schmerzlich genug. Doch ihr derartiges zu verheimlichen, grenzt
schon an argen Vertrauensbruch. Zum ersten Mal in ihrem Leben bemerkt sie, dass
auch Raymond nicht vor wirklichen Fehlern gefeit ist.
    Sie schweigen betreten.
    „Es ist kein Fluch“, fällt Joan
versonnen wieder ein.
    „Nein. Man machte erst einen
daraus. ... Die meisten Menschen waren mir gegenüber immer argwöhnisch. ... Das
ist wohl das Los einer guten Heilerin. Bereitwillig wird ihr Wissen in der Not
in Anspruch genommen. Doch nur allzu leicht verpönt man sie zum Dank aus Unverständnis
als Hexe. Zumindest, wenn sie nicht gehobener Geburt ist. ... Was lag da näher,
als sich im Nachhinein einen Fluch auszuspinnen, aufgrund dessen ich verwiesen
wurde. Dadurch verstanden sie es leichter. ... Mir wurde es deswegen allerdings
unmöglich, in den umliegenden Dörfern Fuß zu fassen.“
    Joan seufzt schwermütig. Gwens
Schicksal ist mit dem ihren tragisch verwoben. Sie legt sich zurück ins Moos,
ist todunglücklich. Wenn es kein Fluch ist, brachte sie sich dann selbst ins
Unglück? Ihre eigenen Dämonen und die Malcoms? „Aber ich liebe meinen Mann,
Gwen. Ich will ihn nicht verlieren.“
    Gwen lächelt. „Dem Aussehen
deines Sohnes nach ist es der, dem du schon immer versprochen warst“, bemerkt
sie, was Joan mit einem Nicken beantwortet. „Ich habe ihn als guten Menschen in
Erinnerung“, fährt Gwen fort. „Du hast ihn betrogen, dass er dir Gewalt antat?“
    „Nein, zumindest nicht
körperlich. ... Doch er glaubt es. Ich hatte sein Vertrauen bereits früher auf
eine harte Probe gestellt.“
    Gwen nickt. „Das Problem ist,
dass du SELBST kein Vertrauen in ihn hast. In keinen Mann je legen wirst. Das
treibt dich von ihm fort, ohne dass es dir selbst bewusst wird.“
    Joan sinnt darüber nach. Es ist
kein ganz neuer Gedanke. Bestätigt es doch ihre Vermutung, dass diese zerstörerische
Kraft aus ihr selbst zu kommen scheint. Doch macht es ihr nun vollends bewusst,
dass kein

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