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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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Fluch die Gewalt über ihr Glück hat, sondern nur Gott und sie allein.
    Gwen streicht ihr zärtlich
übers Haar. „Jede Kreatur auf dieser Erde hat ein Urverlangen nach Liebe, hat
ein Recht darauf. Aus Liebe ist die ganze Schöpfung gestaltet. Die Liebe
überflutet das All. ... Du wurdest einst in deinem Urvertrauen erschüttert und
kamst aus dem Gleichgewicht. Nun nimmst du dir so viel liebevolle Zuwendung,
wie du bekommen kannst.“
    Joan lässt ein zaghaftes
Räuspern vernehmen. „Doch wenn ich nun darum weiß, kann ich es doch
beeinflussen ..., gar verhindern?“
    Gwen zuckt die Schultern. „Wo
ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Dass du es also überhaupt WILLST könnte
bedeuten, dass du es tatsächlich vermagst. ... Bei mir war das nie der Fall.“
    Joan setzt sich mit
aufkeimender Zuversicht hoch. „Das lässt mich hoffen, Gwen.“
    Diese wiegt mit einem klugen
Lächeln den Kopf. „Du scheinst ihn wirklich zu lieben, wenn du ihm bereits verziehen
hast.“
    Überrascht runzelt Joan die
Stirn. Ja, offensichtlich hat sie das.

Der Quell von
Gwens Weisheit
    Die Nacht
bricht herein. Jack und Robert tollen noch ausgelassen ums Feuer herum. Wachsam
verfolgt Joan ihr Treiben. Allzu leicht könnte Robert in die Glut oder den
steilen Felsabsatz hinunter stürzen. Jack kann sie schwerlich mit seiner Obhut
betrauen. Doch der Kleine scheint sich der Gefahr durchaus bewusst zu sein.
Überhaupt ist er in den vergangenen Wochen selbstsicherer und ausgeglichener geworden.
Er beobachtet sie oft genau in ihren Arbeiten und versucht besonnen und mit
erstaunlicher Ausdauer, sie darin nachzuahmen. Sie nimmt sich viel Zeit für
ihn. Im Gegensatz zum beengten Burgleben und den dort notwendigen Benimmregeln
sind ihm hier in der Wildnis kaum Grenzen gesetzt. Das Leben hier scheint ganz
nach seinem Geschmack zu sein. Es bekommt ihm ausgezeichnet. Er fällt plötzlich
über einen Stock des bereitliegenden Brennholzes und schlägt hart mit den Knien
auf. Jack lacht ihn daraufhin schadenfroh aus. Robert verzieht das Gesicht,
verbeißt sich jedoch den Schmerz und kommt geknickt in ihre Arme. Sie zieht ihn
tröstend an sich, worauf er das Gesicht an ihrem geschwollenen Bauch verbirgt.
Das Knacken von Ästen im nahen Unterholz lässt sie hoffnungsvoll über den
Felsabsatz spähen. Heda ist bereits seit zwei Tagen verschwunden. Vielleicht
paart sie sich mit einem Wolf. Doch womöglich trieb sie die Sehnsucht nach
ihrem Herrn nach Haus. Joan wünscht sich insgeheim, sie könne es ihr einfach
nach tun. Aber es wäre nicht der richtige Weg. Zu groß ist ihr verletzter
Stolz. Auch ist sie nicht gewiss, ob Malcom noch ein Interesse an einem Leben
mit ihr hat. Immerhin wollte er sie verstoßen. Sie weiß einfach nicht, wie sie
ihn noch ihrer Treue versichern könnte. Versonnen berührt sie seinen Ring am
Lederband um ihrem Hals. Robert räkelt sich und schlummert allmählich auf ihrem
Schoß ein. Sie deckt ihn mit einem weichen Fell zu. Ein nahes Grunzen und
Schmatzen im Unterholz verrät ihr, dass es nicht Heda ist.
    Brian am Feuer stimmt einen
monotonen Singsang an und wiegt sich im Takt dazu. Er hat etwas vom Fliegenpilz
zu sich genommen, um seinen Geist auf Wanderschaft zu schicken. Gwen leistet
ihm dabei Gesellschaft, schlägt eine kleine, mit einer Wolfshaut bespannte
Trommel. Sie vermag auch ohne Rauschmittel geistig zu wandern. Joan betrachtet
beide mit dem zweiten Blick. Ihre Lebenslichter sind im farblichen Einklang.
    Gwen scheint irritiert. Sie
bricht ihre Wanderung ab und betrachtet Joan ernsthaft. „Du wendest das dritte
Auge ohne Sinn und Verstand an“, maßregelt sie Joan. „Obendrein hast du dich
noch immer nicht verschlossen. Ich könnte dir Schlimmes antun, wenn ich es
wollte.“
    Joan verschließt ihren Geist
wieder vor ihr. „Besser so?“
    Gwen nickt. „Insbesondere vor
den Kranken, die du behandelst, musst du dich verschließen. Andernfalls
schwächen sie dich, da sie sehr oft unbewusst von der Kraft der Gesunden
nehmen.“ Auf Joans zustimmendes Nicken hin wiegt Gwen den Kopf. „Wenn du dein
Wissen sinnvoll erweitern möchtest, dann verschmelze deinen Geist mit Brians
und lass ihn wandern.“
    Joan ist unschlüssig, ob sie es
wagen sollte.
    „Wisse jedoch, dass er, wenn er
einmal Zugang zu deiner Seele hatte, es immer wieder vermag. Selbst unbewusst
und insbesondere dann, wenn du dich ihm nicht vollends verschließt. Du darfst
dich auf diese Weise nur mit jemandem verbinden, dem du ganz und gar

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