Die Rückkehr der Jungfrau Maria
befand und dass das Geld für die Miete im Handschuhfach sei. Wenn wir Glück hatten, holte er den Wagen ab, bevor die Polizei nach Maria suchte.
Wir nahmen einen Bus Richtung Zentrum und mieteten ein kleines Appartement in einer Pension in der Nähe der Innenstadt. Ich vermutete, dass die Polizei uns eher in den Vororten suchen würde, und hatte deshalb entschieden, dass wir uns zumindest in den nächsten zwei Wochen in Zentrumsnähe aufhalten sollten.
Das dringendste Problem war Geld. Marias Befreiung war teuer gewesen, und ich hatte nur noch etwas Kleingeld übrig, das ein paar Tage für das Nötigste ausreichen würde. Halb hatte ich gehofft, dass Maria etwas Geld beschaffen könnte, aber das war nicht der Fall. Sie besaß nichts. Das fand ich zwar ziemlich merkwürdig, nachdem ich von ihren Studienpreisen gehört und gelesen hatte, hielt es aber für unangebracht, sie danach zu fragen.
Maria wollte keinen Kontakt zu der Glaubensgemeinschaft Kinder Marias aufnehmen und sie um Unterstützung bitten. In der Tat war unsere gemeinsame Flucht aus der Burg ein großer Schock für die Sekte. In den Fernsehnachrichten wurde berichtet, man gehe davon aus, dass Maria, die von Tausenden von Menschen für die Reinkarnation der Jungfrau gehalten werde, zusammen mit einem Mann namens Michael, der unter Mordverdacht stehe und polizeilich gesucht werde, aus dem Hausarrest geflohen sei. Daraufhin traten viele Leute aus der Bewegung aus und verlangten ihre Spenden zurück. Es wurde viel über Maria diskutiert, meistens eher negativ, obwohl die Bewegung immer noch Tausende Anhänger hatte. Viele, die sich öffentlich zu Maria bekannten, glaubten, sie sei entführt worden oder gar zum Himmel aufgefahren. Als Jean Sebastian auf dem Bildschirm erschien, schmiegte sich Maria in meine Arme und bat mich, den Fernseher auszuschalten. Sie zitterte vor Angst, und als ich sie fragte, warum sie sich so sehr vor ihm fürchte, fing sie an zu weinen. Allmählich bekam ich aus ihr heraus, dass Sebastian sich eine schreckliche Methode ausgedacht hatte, um zu beweisen, dass Maria keine Jungfrau mehr sei. Da weder ein Arzt noch sonst jemand sie berühren und untersuchen konnte, hatte sich der Bischof mit Technikern über die Möglichkeit beraten, einen Roboter zur Hilfe zu nehmen. Er hatte bereits alles vorbereitet und erfahrene Fachleute engagiert, doch im letzten Moment versagten ihm die Behörden die Erlaubnis, die Untersuchung durchzuführen. Ich versicherte Maria, sie habe nichts zu befürchten, aber das tröstete sie nicht, und ich musste sie stundenlang im Arm halten, bis sie sich beruhigte. Zu diesem Zeitpunkt war ihre Kleidung längst durchsichtig geworden, was meistens geschah, wenn sie sehr aufgewühlt war, aber auch, wenn sie überglücklich war. Sie ärgerte sich darüber, ihre Kleider »ruiniert« zu haben, wie sie es ausdrückte, insbesondere, weil wir uns finanziell einschränken mussten. Ich sagte, wir sollten das einfach wie alle anderen Haushaltsausgaben handhaben, und da umarmte und küsste sie mich.
Wir liebten uns oft und lange, aber eine Sache beunruhigte mich sehr, wenn wir miteinander schliefen. Immer, wenn ich in sie eindrang, blutete sie. Sie fand das auch ein wenig seltsam, versicherte mir aber, keine Schmerzen zu haben. Nach ein paar Tagen gewöhnten wir uns an das Blut und hörten sogar auf, es wegzuwischen, da es mit der Zeit von selbst verschwand und am nächsten Morgen nicht mehr auf dem Bettzeug zu sehen war. Eines Abends, als wir uns gerade geliebt hatten und ich das Blut von ihren Schenkeln leckte, fragte ich sie:
»Warst du noch Jungfrau, als wir auf dem Drahtseil Sex hatten?«
»Ja, findest du das lächerlich?«
»Nein, ich verstehe nur nicht, warum.«
»Willst du wissen, warum?«, fragte sie und zog meine Hände zu ihren Brüsten.
»Ja«, sagte ich und legte mich auf sie. Sie küsste mich und sagte dann:
»Weil meine Freunde mich nie wie eine Frau anfassen konnten, so wie du. Und weißt du was? Jetzt bin ich froh darüber, weil du mein Mann bist und ich dir ganz gehöre.«
Sie liebkoste meinen Körper.
»Aber hat dich das nie gestört?«
Sie wandte mir den Rücken zu und drehte ihre Haare unter ihrer Wange zu einem Knoten wie ein Kissen. Ich strich mit den Fingern über ihren Körper.
»Doch, am Anfang schon, aber dann habe ich akzeptiert, dass ich immer allein sein und nie Kinder bekommen werde. Ich war davon überzeugt, dass sich mir niemand nähern könnte und dass ich sterben würde wie mein
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