Die Rückkehr der Karavellen - Roman
nuckelnd, eine ganze Weile aus, und ab zwei Uhr, oder besser gesagt, nachdem der Patrouillenwagen die zerbrochenen Rolläden hat aufleuchten lassen und in der italienischen Botschaft verschwunden ist, stehe ich langsam auf, um meine Mutter und meine Kinder nicht zu wecken, die im selben Bett schlafen wie ich, steige, den Bauch mit dem Nest meiner Hand stützend, die Treppe hinunter und setzte mich hin und schaue auf die Ampeln und die Leuchtreklamen von Estefânia, Namen aus zerstörten Buchstaben und Dachstücken, die der tomatenfarbene Mondschein schärft und bloßlegt, denke an die drei Kinos,
die ich niemals besessen habe, nur einen verwanzten Saal im Viertel halbseidener Pakistani, einen Saal, in dem man vor Schweiß und Elend und dem Geruch nach Curry nicht atmen konnte und in dem auf dem Bettuch der Leinwand Cowboys dem nicht synchron laufenden Geräusch von Hufen hinterhergaloppierten. Denke an Afrika, geliebte Brüder, und an die Villa mit Swimmingpool, der nur ein Betontank zum Wäschewaschen war, in dem neben dem Wohnwagen, in dem wir gelebt haben, ein Bodensatz Regenwasser vor sich hin faulte, dem Wohnwagen, den wir dem pleitegegangenen Zirkus abgekauft haben, der seine Giraffen und Löwen bei den Pfandleihern der Stadt hinterlegte, Tiere, die abgewetzt wie die Ellenbogen von Mantelärmeln in den Vitrinen zwischen Armbändern und Weckern lagen, oder dumme Auguste, die uns von den Regalen im Schaufenster aus mit riesigem, melancholischem Gelächter bedachten.
Dennoch hörte ich das Geräusch des Schaukelstuhls und die verschiedenen, seltsamen, vielfältigen, winzigen Geräusche des Hauses, das Gewimmel der Motten, das Schnarchen der Gäste, ich höre den noch dunklen Morgen mit dem Gewirbel der Vögel aus den benachbarten Verliesen kommen, während ich darauf warte, daß die Frauen von den Diskotheken der trüben Wodkas im Bairro das Colónias oder in der Rua Luciano Cordeiro den Hang hinaufkommen, daß sie schwindlig von falschem Wein in die Pension treten, daß sie, ohne mich zu bemerken an mir vorbeigehen, damit ich dann endlich den Arm zur letzten, zur betrunkensten und unvorsichtigsten ausstrecke, um sie gegen die Reliefs des Tresens zu pressen, ihr die Pailletten des Rocks zu heben und ihre
Schenkel kräftig, energisch wie ein Pflug zu beackern, während der Stuhl auf dem Boden schaukelt, vor und zurück geht der geflochtene Sitz, bis mein Rucken zugleich mit den Seufzern des Holzes aufhört, sie das Kleid mit dem raschelnden Geräusch von Papiernelken glattstreicht, das sich mit dem der Taubenflügel vermischt, und ich mich dann, den Hosenstall richtend, zurückziehe, um die Schnauze des ersten Hundes wegzuscheuchen, der aus der Nacht gekommen war, um von der Schwelle her in der Grabstätte der Herberge nach den schlafenden Mumien zu spähen.
Weder Kinos noch ein Swimmingpool: Nur ein abgewrackter Schuppen zwischen abgewrackten Schuppen, die die alte Kolonialstadt der Sklavenhändler umzingelten, und meine Frau, die einunddreißig Jahre und sieben Monate jünger war als ich und die ich bei meinem Gevatter gegen ein Flugticket nach Lixboa eingetauscht habe: Du behältst sie und das Mobiliar und gibst mir das Flugscheinchen. Mein Gevatter, der auf einem Kissen in Rettungsringform zur Linderung von Fisteln hockte, maß das Mädchen zögernd und starrte mich dann mißtrauisch an: Bei so vielen Leuten, die sich jetzt einschiffen, müssen in Europa Mordsgeschäfte zu machen sein. Und er meinte schließlich, er werde drei Tage brauchen, um bei seiner Nichte Rat zu suchen, die Karten legte und Sonnenfinsternisse voraussagte, und daß er so lange, um den Wert der Transaktion abzuwägen, meine Ehefrau auf Probe behalten werde, denn, Weiß ich denn, ob sie nähen kann, weiß ich denn, ob sie kochen kann? Sie ist noch minderjährig und hat keine Krankheiten, half ich ihm nach, ich habe teuflisch viel Zeit damit verbracht, ihr Gehorsam beizubringen, sie macht alles, was du ihr befiehlst,
sie plättet die Wäsche, kann indisch kochen, hilft dir dabei, deine Fetische zu verkaufen, wo willst du sonst mit deinen achtzig Jahren noch so ein Mädchen herkriegen?
Nach drei Tagen (es regnete, obwohl es nicht besonders heiß war, nur die grämliche Ekstase der Narzissen und die fünfhundert Millionen üblichen Moskitos quälten meine Ohren), klopfte ich frühmorgens ans Zinkblech, nachdem ich mit den Sandalen durch zweihundert Meter Sackgasse geplatscht war: Mindestens eine halbe Stunde lang habe ich auf das gewellte
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