Die Rückkehr der Karavellen - Roman
durchstreiften Gruppen von Siedlern mit Pistolen die Gassen und verschreckten die Schatten, die schwarzen Frauen in den Hütten, die ihre Kinder mit ausgetrockneten Brüsten zum Schweigen brachten, wurden immer kleiner, und die beiden setzten sich nie mehr sonntags, von zurückgedrängtem Begehren geschwollen, auf die Bank des kleinen Platzes mit den Palmen: Sie hielten sich im Nachthemd im Schlafzimmer auf, untätig, ohne Ziel, von den Mücken quaddelig, und starrten unglücklich auf das wacklige Bett oder auf das Fenster zum Kai, wo anstelle von Siedlern jetzt Passagierschiffe und Karavellen mit Soldaten festmachten, die alle die gleiche erschrockene Unschuld in der Kindheit ihrer Augen hatten. Einmal hörten sie nachts zufällig in einem pfeifenden Sturmgebraus von der Revolution in Lixboa, Nachrichten, Kommuniqués, Militärmärsche, daß die Regierung ins Gefängnis geworfen sei, unbekannte Lieder, und tags darauf wirkten die Soldaten weniger angespannt, die Bombardierungen wurden seltener, Neger mit aufblitzenden Brillen und Feiertagshemden setzten sich in die Straßencafés und auf die Plätze an die Stelle der Weißen. Sie riefen uns zu einer Versammlung im Cine-Theatro der abgedroschenen Operetten und der Aufführungen der Feuerwehrleute, wo ein Artillerieoberst mit einer dreifachen Ordensschleife am Schlüsselbein auf die Bühne stieg, in deren Graben das Orchester die Nationalhymne verstimmte, und ihnen mit
Handkuß und einer unerklärlichen Großzügigkeit die Gelegenheit anbot, gratis nach Portugal zurückzukehren. Eine Nachbarin mit Gold in der Karies, die von einem Landvermesser geschieden war, der auf Knien Bäche und Hügel in Handspannen maß und von der mineralischen Reglosigkeit der Krokodile in die Irre geführt wurde, erzählte bis in alle Einzelheiten, daß es Racheakte, Exekutionen, Schießereien, Durchsuchungen geben würde. Die Offiziere mit den durchgepusteten Gedärmen verließen Hals über Kopf das untere Stockwerk und nahmen das Flugzeug nach Europa. Ganze wegen Amöben und Würmern sich in Krämpfen windende Bataillone, deren Untergefreite gleich nach der Blasmusik und dem Aufziehen der Fahne von Schlafkrankheit überwältigt einnickten, standen auf, um sich, ihre Waffen und ihre Toten tragend, zu den rostigen Schiffen zu begeben. Barfüßige Guerrilleros in Kampfanzug, mit Ketten um den Hals und dem kannibalischen Mundgeruch von Wildkatzen, spazierten in den Treppgäßchen der Stadt herum und metzelten Mulatten nieder. Ein bärtiger autoritärer Schwarzer mit Pfeife, der sie nicht einmal grüßte, belegte das Erdgeschoß, beschützt durch eine Bande von Menschenfressern mit Baskenmütze, die ständig präpotente Katarrhe spuckten, die das aus Macau stammende Service der verstorbenen Vermieterin mit den Pagoden auf den Tassen erschreckten. Nach Ablauf einer Woche wurden sie wieder ins Cine-Theatro gerufen, und man versprach ihnen Überfahrten ins Mutterland, nachdem drei Stunden mit wirren Erklärungen vergangen waren, während derer drei Majore in Kampfuniform, die hinter einem Tisch mit dem Wappen der Nation postiert waren, nachdrückliche Reden
über den Faschismus gebrüllt hatten, der uns in der Bratpfannensonne des Konzentrationslagers von Tarrafal getötet hat, über die ekklesiastische Zensur der politischen Polizei, die so viele unserer Meisterwerke in den entlegensten Druckereien abgeschlachtet hat, über den Kolonialismus, den sogar der Papst in seiner Abschlußrede zum siebten Kongress der Christlichen Esperantisten mit den konsternierten Worten Unserer apostolischen Besorgnis verdammt hatte. Die Exfrau des Landvermessers schwor ihnen, daß die von den leeren Läden irritierten Neger auf den Herden der Feldküchen die Kinder aus der Stadt auf kleiner Flamme kochten. In den Krämerläden gingen die Seife und die Zigaretten aus, und so rauchten sie Maulbeerblätter und Herbarienseiten und raspelten sich mit dem Sandpapier vom Blechschmied den Ruß von den Fingern. Die Karavellen erreichten den Hafen leer und verließen ihn voll, konvex von Leuten und Kisten. Bissau entvölkerte sich von Weißen, und am Anfang der Regenzeit standen wir da und wußten nicht, was wir in einem Land von triumphierenden Wilden machen sollten, die mit dem Maschinengewehr die kleinen Fenster der Fassaden zersplitterten. Die Exfrau des Landvermessers, der damals damit beschäftigt war, die Grenze zur Elfenbeinküste in Zoll nachzumessen, hörte auf, sie mit ihren Warnungen vor Kochereien und Racheakten
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