Die Rückkehr der Karavellen - Roman
Dukaten nicht, Jungchen?
Die im Deckenfutter konspirierenden Mäuse lösten oben einen Putzplacken, und da machte die Alte, mit offenem Mund, einen Satz wie eine behinderte Kröte, packte die Mulattin mit Krallenpinzetten und schleppte sie in die Tunnel der Pension Apóstolo das Índias, wo ein Kind im Salon im ersten Stock, der mit Fliesen aus dem 17. Jahrhundert dekoriert war, die Jagdszenen oder Madonnenwunder darstellten, wie am Spieß schrie. Und ich ertappte mich bei dem Gedanken, ob der Ziegenbock der Bettler womöglich im Stehen schlief, mit zitternden Knien in den Disteln des Brachlands.
– Du hast nicht einen armseligen Dukaten mehr, na, nun gesteh es schon dem Chef, freute sich Senhor Francisco
Xavier, indem er mir frohlockende Klapse auf den Rücken gab, als der Wind vom Ufer des Flusses her den heroischen Wachstuchduft des Wasserflugzeugs ohne Propeller hertrug, das jenseits von Beato auf der Mole der Sonntagsangler noch, wie man durch die schwitzenden Bullaugen erkennen konnte, mit den auf den Stühlen sitzenden Passagieren ausgestellt war.
– Laß nur, bei mir waren es drei Erstaufführungskinos mit jeweils vierhundert Plätzen, tröstete ihn Senhor Francisco Xavier. Zur Karnevalszeit veranstaltete ich im Foyer Bälle mit Kostümwettbewerben, Gratisgetränken, es gab Gasballons für die Kleinen, solche, die sich bereits am zweiten Tag nicht zwischen Decke und Fußboden entscheiden können, eine auf Mambos spezialisierte Kapelle kam aus Nampula, da war eine ganze Stange Geld im Handumdrehen weg.
Die Laternen von Arroios, die Laternen des Palastes der Königin glitzerten am Fuß des Hanges wie die Fackeln der nächtlichen Lustbarkeiten König D. Pedro I., und mein Sohn, der immer noch an meinem Ärmel klebte, immer noch an meinen Knien hing, immer noch in meinen Gürtel eingehakt war, starrte mich mit intensiven, erwachsenen und ernsten Augen an, in denen ich, seit er im Militärhospital geboren wurde, niemals den Mondschein irgendeiner Kindheit gesehen habe: Ein winziger Mann, der mir nicht und auch niemandem sonst aus meiner Familie ähnlich war, ein Gnom, der direkt von den schwarzen Großeltern aus dem Busch von Carmona gekommen war, die, in der Hand die Kalebassenpfeife, auf Bastmatten am Eingang ihrer Strohhütten saßen. Ich drückte mich schnuppernd am Türpfosten vorbei, doch die Nacht von Lixboa riecht nicht nach Kaffeepflanzungen,
nach der Säulenvilla des Gutsherrn in dem mit dem hohen Gras verwobenen wilden Wein, nach dem Flecken des Forts São Paulo, nach dem weiten, tiefen Atem der Erde: Es riecht nach Butan, nach dem Rauch von Schmalzgebackenem, nach der Pest vergangener Jahrhunderte, nach Maultieren von Mönchen und nach dem Kot des kranken Ziegenbocks auf dem welligen Brachland. Die Glühbirne in der Eingangshalle brachte blinkend die Mücken durcheinander. Die Ampeln der Avenida Almirante Reis schoben den Verkehr in Richtung des Schmugglerplatzes Martim Moniz und der Gitarren der Bettler, die bis zum Delirium die Klagen vom Meer verlassener Kalfaterer wiederholen. Senhor Francisco Xavier rief mich vom Tresen her, während er mit ekklesiastischer Erhabenheit das Buch schloß, und da sah ich die Mulattin, gekleidet wie eine Marionette oder ein Zirkusclown, wie das Mädchen mit den Männerschuhen, das Kraushaar zu einem Knoten aus Schleifen zusammengebunden, silbrige Fingernägel, Lippenstift, grüne Augenlider und ein Komma des Erschreckens auf der in Falten gelegten Stirn.
Die Alte brachte ihr, eine Nadel in der Hand, eilig die Lameefalten der Hüften in Ordnung.
– Deine Frau wird da unten in einer Bar arbeiten, bis die Rechnung der Pension bezahlt ist, beschloß der Inder, indem er den Stoff an der Leistenbeuge eifrig rieb. Wenn alles gutgeht, mein Junge, dann sieht das bald besser aus als drei Kinos in Lourenço Marques.
E s ist ganz furchtbar einfach: Ich schleife den Schaukelstuhl mit dem geflochtenen Sitz mitten in die Eingangshalle, dorthin, von wo aus man die Tür sehen kann und die Dielen weniger ächzen, ich lösche das Licht und warte im Dunkeln schnaufend darauf, daß sie aus den Bars von Arroios oder von den Bäumen des Campo-de-Santana-Parks zurückkehren, erschöpft, mit zerzaustem Haar, die Schuhe in der Hand, mit von den Küssen der Freier verblaßtem Lippenstift, aus der Ferne von Hundegebell verfolgt, von ärgerlichen Autohupen und der Pikkoloflöte des Windes im Unkraut und den heruntergekommenen Häusern. Nach dem Abendessen halte ich es da, an der Zigarre
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