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Die Rückkehr der Karavellen - Roman

Die Rückkehr der Karavellen - Roman

Titel: Die Rückkehr der Karavellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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Abflugzeit gecheckt? Und sie, die dumme Gans, rückte ihm die Kissen zurecht, zündete die kaputten Gasbrenner des Herdes
an, bereitete ihm einen Kräutertee, bewegte sich mit einer ehelichen Vertrautheit, die mir die Tür wies, durch die Mülldünen. Der Ente war es gelungen, sich von den Ketten des Stuhles zu befreien, und sie flüchtete unter beleidigtem Hinterngewackel unters Bett. Der Regen tropfte auf die Bettdecken, tropfte auf meinen Kopf, tropfte auf das Mädchen und den Alten und auf die Ente, die mich unisono mit der gleichen Feindseligkeit oder Gleichgültigkeit anstarrten, und ich erreichte das Flugzeug (es regnete noch immer) beim letzten Aufruf. Durch diese Tür hier, bitte. Ich ging zu Fuß, mit offenem Regenschirm auf die Treppe zu, die die Blitze zeigten, um jedoch gleich darauf wieder alles in eine traurige, gereizte Nacht zurückfallen zu lassen. Die Maschine fuhr schnell die Piste entlang, an der fast keine Lichter brannten, und stieg über dem glanzlosen Fleck des Meeres auf. Das heißt: Man konnte überhaupt nichts sehen, nur das eigene Spiegelbild in den Fenstern, doch ich wußte, daß es das Meer war, und erinnerte mich an die vielen Male, die ich als Kind diese Wellen angeschaut und an Goa gedacht hatte.

E in Missionar, den ein Boot transportiert hatte, das vom Weg abgekommen war, und den Skorbut und Malaria hatten dünn werden lassen wie einen Abessinier ohne Bleibe, hatte sie vor dreiundfünfzig Jahren in Guinea verheiratet, das damals nur aus einer Wallfahrtskapelle ohne Majestät und einem Haufen Häuser um den Regierungspalast an der Mündung des Flusses bestanden hatte, viele davon aus Holz und Gras, mit Kindern und Krokodilen, die mit denselben Babyrasseln in denselben Wiegen aus Palmblattrippen spielten. Die Wasserschlangen wurden in der Feuchtigkeit der Seen dick, und die Dame in Trauer, die ihnen das Zimmer vermietet hatte, verbrachte ihre Tage damit, einen Fuß beschuht und den anderen unbeschuht, die Lackstiefelette in der Hand, Mücken an der Wand platt zu schlagen. Sonntags, wenn ihre Körper einander suchten und sich in den von der Hitze moosigen Bettüchern berührten, führte der ungleiche Gang der Dame im Stockwerk unter ihnen und die rächenden Schläge der Schuhsohle gegen die Backsteinwände dazu, daß sie die Lust verloren und, vom Licht geblendet, auf die Straße hinausgingen, sich auf eine der Bänke des kleinen Platzes mit Zwergmangobäumen setzten, deren Stämme im Nebel der Trockenzeit abstarben. Oder sie
machten sich, von der tätowierten Neugier der Eingeborenen getrieben, bis zum Kai auf, um dem immer gleichen Anlegen der Emigrantenschiffe zuzusehen, dunkle Leute aus Trás-os-Montes oder der Beira, die, wächsern im wächsernen Abendnieselregen mit der Prozessionslangsamkeit von Beerdigungen vom Deck herunterstiegen. Während dieser dreiundfünfzig Jahre wurden mehr als ein Dutzend Kapellen gebaut, die sofort verfielen, ein Viertel für die Arbeiter der Fabrik für gongorische Sonette und für die arbeitslosen Chronisten, die sich Cedilles aus den Bärten flöhten, und ein ewig von Froschembryonen verstopftes Abwässersystem. Das Geschöpf mit den Mücken starb an der Galle, und die Insekten bewegten sich nun trotz der Geckos frei vom kaputten Wasserboiler zum Eckbord in der Küche, das unter den Portweinflaschen ein Emaillemedaillon zierte (Mädchen und Faune, die auf einer Wiese zu Mittag aßen). Das untere Stockwerk wurde erst von einem Gutsaufseher belegt, der hinter dem Rücken der Polizisten des Mutterlandes mit Siamesischen Zwillingen und Zinngegenständen handelte, darauf von einem Poeten mit gepuderter Perücke und Schnallenschuhen mit hohen Absätzen, der sich rühmte ein Freund des glorreichen verstorbenen Manoel Maria Barbosa Du Bocage zu sein, ich habe in den Cafés am Rossio erlebt, wie die schönsten Improvisationen meiner Zeit entstanden, und später, bereits in Kriegszeiten, von zwei vom Eingeweidefieber zerfressenen Offizieren, die alle zwei Jahre das Gesicht und die Tressen wechselten und aus dem Busch mit einem haarigen Pilz auf den Wangen zurückkehrten, denn alle wurden wir zu jener Zeit in Guinea immer magerer, sogar die Araukarien, sogar die Aluminiumwellen
des Meeres, sogar der Wind in den Regenrinnen der Gebäude, der nur noch ein kristallisiertes leises Pfeifen war. Die Gewalt der Explosionen, der Mörser, der Bazookas und der Kanonen ohne Rückstoß ließ die Lagunen von Bissau erzittern und überlagerte die Märzblitze. Nachts

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