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Die Rückkehr der Karavellen - Roman

Die Rückkehr der Karavellen - Roman

Titel: Die Rückkehr der Karavellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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ich, ein Weißer aus Coruche ohne Instinkte oder Geheimnis, zu weit entfernt von den Kastanienbäumen der Kindheit, grübelte über das Geld für den Inder nach und
darüber, wie ich es klauen könnte, während ich Schritte und Gewisper und Herumschieben von Truhen hörte, und erinnerte mich an meinen Großvater, der die Dreiuhrnachmittagssonne mit dem Spazierstock abtastete, bis die Stimme von Senhor Francisco Xavier, indem die schimmligen Sandalen sich wieder näherten, verkündete, Ich habe ein Zimmer mit weiteren acht Familien aus Angola für Sie gefunden, da haben Sie echt Glück gehabt, alles Landsleute, alle solidarisch, alles Kumpel, da können Sie sich was erzählen, und was ist nun mit den fünftausend Escudos, mein Bester?
    Diesmal folgte ihm nicht die lange Prozession seiner Nachkommenschaft, sondern eine winzige barfüßige Alte mit Haarknoten, in der Mitte gescheiteltem Haar und einem roten Punkt auf der Stirn, einem Spielkartenkaro zwischen den Kapellenbögen ihrer graumelierten Augenbrauen, und in deren Pupillen sich Becken voller Krokodile, Umrisse von Piraten und der im Gelbsuchtmeer von Diú untergegangenen Karavellen des Vizekönigs, D. João de Castro, unter einem Katastrophenhimmel widerspiegelten. Eine aus Malabar oder Timor mit dem ersten Pfeffer mitgebrachte mehrfach Hundertjährige, Geliebte bärtiger Entdecker mit fettem Weinfaßhusten, die mit Senhor Francisco Xavier in der vielfarbigen Sprache der unter den riesigen Bäumen in ihren Kupferpagoden schlafenden hölzernen Götzenstatuen redete, ein uraltes Seefahrerliebchen, das ungerührt blutrünstige Enterungen, Skorbutgeschwüre, balsamische Ausräucherungen und Melancholien von Vizekönigen miterlebt hatte, die auf den Westbalkonen ihre Ellenbogen zu den Schwalben hin aufstützten. Sie kümmerte sich nicht weiter um den Jungen und um mich, die wir die Dichte der Nacht
an der Eile der Eulen maßen, sondern ging mehrfach auf die Mulattin zu und entfernte sich wieder von ihr, indem sie ihr Gesicht, ihren Körper, ihre Beine betrachtete, und ich fühlte mich wie an der Ribeira oder auf dem Markt von Cascais an jenen Morgen voller Stimmengewirr, Papageien, Streit, Geschacher, an denen ich, Hahnenfedern im Nacken, miterlebt hatte, wie die Sklaven aus einer kleinen Tür der Fregatten ausgeladen wurden. Der Dicke betätigte einen birnenförmigen Lichtschalter, und eine unvermittelte Helligkeit zeigte den geschmückten Innenhof, in dem Barsche, die lockeren Schiffsbrückenbohlen des Fußbodens, Putzbrocken, Stuckwunden, -flecken und -narben schwammen. Die Landstreicher auf dem Brachland kühlten allmählich ab, um schlafen zu gehen und rafften Zeitungen gegen den Sommertau zusammen. Herrenlose Hunde und aus dem Klerus ausgeschiedene Erzbischöfe mit Glaspailletenmitren auf dem Kopf taumelten flatternd wie Engel dicht an der Tür vorbei. Das Mädchen mit der Kiste kam wie eine Puppe maskiert aus dem Krämerladen, mit Clownswangen und den Hals in eine lepröse Pelzstola gezwängt, zum Rauchen in die Nacht hinaus. Senhor Francisco Xavier schrieb, an eine Ecke des Tresens geflegelt, mit den Frakturlettern von Zeitungsköpfen mühsam unsere Namen in ein liniertes Heft.
    Ein Straßenköter heulte fünfzig Meter weit von uns, und ein zweiter antwortete ihm aus der Ferne mit einer schmerzlichen Klage von der Tankstelle her, wobei sein Rachen von der Betonmuschel einer Autowerkstatt verstärkt wurde, in der noch andere Stimmen waren, die von Autofahrern, Briefträgern auf Mofas, Polsterern und die des letzten Mechanikers, der sich an einem Wasserhahn einseifte,
dessen Wasser sich glitzernd in die Risse im Boden ergoß: Ich weiß wie das ist, da ich jahrelang als Lehrling in einer Werkstatt in Sá da Bandeira zwischen dem Geruch nach Öl, Leder und Werg gearbeitet habe und unter der geronnenen Milch des Neons Elektrikern zugeschaut habe, die auf rußigen Tischen voller Abfälle und Amperemessern Batterien reparierten. Ich habe da aufgehört, weil der Vorarbeiter mich dabei erwischt hat, wie ich gerade die Finger in der Jacke des Blechschmiedes hatte, wo ich nach ein paar unschuldigen Münzen für eine Packung Zigaretten fischte, und er hat mich unter Ohrfeigen die Auffahrt hinauf in den Regen der Straße gejagt. Der seinen lächelnden Götzenstatuen und deren ungeheuren Donnerschlägen durch den Glauben an die Evangelien entzogene Inder kam jetzt vom Tresen herüber, während das Doppelkinn seines Bauches über dem Gürtel wackelte:
    – Hast du die

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