Die Rückkehr der Karavellen - Roman
zufrieden die Ordnung der Gegenstände und das Fehlen von Staub feststellte, den Helm auf das Sofa legte und deinen Kölnisch-Wasser-, Moschus- und Straußenfedern-Körper entgegennahm, deine Juwelen, die ihn an der Brust verletzten, die Topasschnalle an deinem Gürtel, die ihn am Bauchnabel kitzelte, den Oreganoduft deines Geschlechtes, das ihn, einem Schiff aus Magnolien auf ruhigem Fluß gleich, zu einem süßen und feuchten und schwerelosen Schlaf der Erschöpfung drängte.
Am nächsten Morgen suchte ich die beiden Zigeuner mit doppelreihigem Sakko und Arabeskenkrawatte in einer Billardkonditorei an der Praça da Figueira auf, wo sie an den Bonbonvitrinen und den kleinen Türen zu den Klos klebten, die nach totem Stachelrochen und Potasche rochen. Federico Garcia Lorca faltete den Scheck in der Mitte und unterstrich dabei den Kniff mit einer Kante seines Ringes, ließ ihn im Durcheinander von gefälschten Kreditkarten und Pfandscheinen der Brieftasche verschwinden, versank in der gleichzeitig aufmerksamen und vagen Betrachtung der Billardqueues, mit der die Bauern von der Schwelle aus die Regenwolken messen, und in diesem Augenblick rief jemand vom Tresen her, Senhor Luís Buñuel wird am Telefon verlangt, und der zweite, glatzköpfige häßliche Zigeuner mit den Murmelaugen sagte, Mit Verlaub, und ging durch einen lärmenden und wirren Korridor aus alten Damen, Teekannen mit Lindenblütentee und Cremetorten hindurch, der von den grünen und weißen Reflexen der Billardtische verzerrt war, an denen Profile in Hemdsärmeln, einen Zelluloidschirm
an der Stirn einen rituellen Tanz um den Filz der Tische aufführten, hinter denen sich Bierkästen und Säcke schlampig häuften. Der mit dem Scheck kaute Halstabletten, war an den Karambolagen höchst interessiert, und da kam Senhor Luís Buñuel mit Schlagsahnefüllung am Schnurrbart herangeschritten, machte dem Schuhputzer ein Zeichen, der mit pomadiger Unterwürfigkeit zu seinen Füßen niederkniete, stellte die Sohle auf einen hölzernen Schuhumriß und fragte mich, saphirblitzend, Leihst du mir ’ne Zigarette?, verflüchtigte sich im Rauch und verkündete im verworrenen Spanisch der Transistorschmuggler, Die haben eben aus Granada angerufen, übermorgen schlafen wir da.
Wir gingen alle drei zum Feiern in die Nacht der schlafenden Büros und der geschlossenen Läden der Praça da Figueira hinaus mit ihrem König aus Bronze zu Pferd in der Mitte und den Heroinverkäufern, die sich unter den Arkaden eine Spritze setzten, und ich zwischen ihnen, an jeder Seite einen von ihnen, die, mit Diamanten und Messern bewaffnet, mit den Verkäufern von Platten aus zweiter Hand und Pornoheften aus der Mouraria, mit den Gemüseverkäuferinnen, die in den Gassen auf den Stufen oder auf Segeltuchhockern die kühle Luft genossen, mit den schnurrbartbrauigen Türstehern der in den Kellern von Abbruchhäusern aufgebauten illegalen Roulettische lachten, und wir zerpflückten die Dunkelheit Glas auf Glas, in einer mit Sportwimpeln barock überladenen Tischfußballkneipe. Ich gewann neun zu eins vor einem Publikum, dessen Gehirnhäute zukunftslos im Fruchtwasser des Weins blubberten, ich gewann noch einmal sechs zu vier mit zwei Toren, die ich mit der Mütze des Torhüters erzielte, wir gaben dem
Publikum eine Runde aus, um seine sterbenden Gehirne noch mehr zu erweichen, glitschten die Abfahrt zum Leichenschauhaus hinunter, wobei wir Gedichte deklamierten, Verde que te quiero verde, Voces de muerte sonaron cerca del Guadalquivir, Antonio Torres Heredia hijo y nieto de Camborios, und die Stimme von Federico García Lorca schmeckte nach Orangen, nach Messerschneiden, nach mondenen Oliven und den Zöpfen des Windes. Wir stiegen an der traurigen Laternenprozession der Avenida Almirante Reis hinauf und spähten dabei auf die Schilder der Optiker und in die Läden der Messerschmiede, wiederholten im Chor Verde que de quiero verde, nachdem wir ein paar Minuten auf ein schnelles Glas an der Theke im Bierlokal Portugália haltgemacht hatten, verloren uns in den einfachen Gebäuden von Arco Cego, die dem Zentrum zur Erfassung der Tuberkulosekranken und dem Denkmal für meinen Kameraden Fernão de Magalhães die Luft nehmen, der in seiner Kajüte aus seltenen Hölzern von der Malaria dahingerafft worden war und den Seeleuten in seinem Testament ein Ölgemälde von Vieira da Silva und die gesammelten Werke von Pierre Loti vermacht hatte, wir traten an venezolanischen Zigarren nuckelnd in ein
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