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Die Rueckkehr des Daemons

Die Rueckkehr des Daemons

Titel: Die Rueckkehr des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
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wenn er sein Gesicht nicht mit einem gewaltigen Schnurrbart verunstaltet hätte, der ihm die markanten Züge eines Walrosses gab. Nach eigenem Bekunden zählte sich M r Wallace nicht zu den Lehrern, die nach ein paar Jahren in der Tretmühle des Schulbetriebs alles vergaßen, was sie sich an der Universität vorgenommen hatten. Unterricht vom Reißbrett gab es bei ihm nicht, auch wenn die Reaktionen des Kollegiums auf seine ungewöhnlichen Methoden gelinde gesagt verhalten ausfielen. Seine Schüler sah er auch schon vor dem Erreichen der Volljährigkeit als mündige Bürger an, denen er möglichst viel über die Geschichte ihres Landes durch die Brille der Literatur beibringen wollte. Gespickt mit scharfem Witz hob sich sein Unterricht wohltuend von dem ab, was die Schüler sonst über sich ergehen lassen mussten. Dass auch sein Ferienkurs bis auf den letzten Platz belegt war, konnte M r Wallace wohl eindeutig als Erfolg werten.
    »Allen Ginsbergs Gedicht HOWL liefert uns die perfekte Überleitung von unserem Ausflug in die Lyrik zu unserem nächsten Schwerpunktthema«, unterbrach er schließlich die Stille. »In den nächsten Wochen werden uns die Beat-Poeten beschäftigen, vor fünfzig Jahren die literarische Avantgarde Amerikas. Eine kleine Gruppe von Leuten, die ihr Lebensgefühl in scheinbar spontanen Sätzen zu Gedichten, Theaterstücken und Romanen verarbeitete. Jede Zeile pure Rebellion gegen die Spießigkeit der Gesellschaft, die ihnen die Luft nahm. Ihre Ideale mussten – und sollten – den Bürger der 50er-Jahre des letzten Jahrhunderts bis ins Mark erschrecken: Freiheit, Tempo, Jazz, Sex und…«, der Lehrer machte eine Pause, »Marihuana.«
    Einige der Schüler grölten pubertär. Nicht alle seine Klassenkameraden waren freiwillig hier, wie Sid wusste. Viele waren von ihren Eltern zu den Sommerkursen angemeldet worden, damit sie in der freien Zeit zwischen zwei Urlauben nicht auf dumme Gedanken kamen. Andere wiederum waren froh, ihren Alten zu entkommen. Wie Sid.
    Sid schwieg. Wie eine Zauberformel ließen die Ideale der Beatniks vor seinen Augen das Szenario eines anderen Lebens entstehen. Ein selbstbestimmtes Leben, ohne Eltern! Ohne Rücksicht auf die Gesellschaft! Genau ins Zentrum hinein, von dem, was Welt ist! Freiheit. Ihn schauderte wie beim Lesen von Dylan Thomas am Morgen.
    Die Gedichte, die sie in den vergangenen Ferienwochen gelesen und bearbeitet hatten, waren tief in sein Bewusstsein eingedrungen. Er hatte sich andere Werke der Autoren besorgt und gierig verschlungen.
    »Warum wühlen dich diese Gedichte so auf?«, hatte ihn M r Wallace am Freitag nach Schluss des Seminars gefragt. Sid hatte nur kurz überlegen müssen. Seine Antwort hörte sich fast wie ein Gedicht an.
    »Vielleicht erkenne ich mich selbst darin wieder«, hatte er leise gesagt. »Die Erkenntnis, was alles möglich ist. Und doch unerreichbar. Nichts ist schwieriger, als das eigene Leben hinter sich zu lassen.« William Wallace hatte ihn für diese Bemerkung sehr gelobt. Für Sid war er der beste Lehrer, den er jemals gehabt hatte.
    »Morgen werden wir uns noch eingehender mit HOWL beschäftigen. Ein paar Zeilen hat es noch.« Wallace grinste. »Und für den Independence Day gebe ich euch jetzt die passende Lektüre. Man kann den amerikanischsten aller Feiertage sinnvoller nutzen, als Fähnchen schwenkend durch die Stadt zu ziehen.« Er hielt Sid einen abgegriffenen Roman vor die Nase. William S. Burroughs. Naked Lunch , stand auf dem Einband. »Durch einen glücklichen Umstand habe ich einen ganzen Satz davon im Antiquariat entdeckt. Sie sind mein Privatbesitz. Geht also gefälligst pfleglicher damit um, als ihr sonst eure Bücher behandelt.«
    Sid musste sich eingestehen, dass es noch ein weiter Weg war, bis er sich als belesen bezeichnen konnte, ohne sich lächerlich zu machen. Er kannte weder den Autor noch den Titel. Er schlug das Buch auf. Zwischen den Seiten steckte eine Karte. Shakespeare & Company. Buchhandel und Antiquariat. 716, Broadway .
    » In the U.S. you have to be a deviant or die of boredom! [2] , hat Burroughs einst geschrieben.« M r Wallace lachte. »Sagt euren Eltern lieber nicht, dass ich euch so was erzähle. Sie könnten es als Aufruf zur Rebellion missverstehen!« Er klatschte in die Hände. »Und jetzt, vielen Dank für eure Aufmerksamkeit, meine Herrschaften. Wir sehen uns morgen wieder!«
    Lässig über die Schulter winkend verschwand er aus dem Raum.
    Sid stopfte seine Sachen in den Rucksack

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