Die Rueckkehr des Daemons
des Anrufers war unterdrückt.
Birger Jacobsen wusste, was er zu tun hatte. Hastig tippte er eine 12-stellige Nummer ein.
Angst hatte sein Körper vor Jahren abgeschafft. Gewöhnliche Menschen konnten ihn nicht mehr überraschen. Doch jetzt spürte er, wie eine klamme Furcht in ihm aufstieg, ein lange verschüttetes Gefühl.
Eine mechanische Stimme erklang. »Ja.« Tanaffus.
Immerhin war es seit Sids Geburt möglich, direkt mit dem Rüden zu sprechen. Obwohl Sajjid Tanaffus hauptsächlich zuhörte und seine Antworten durch einen Voicedecoder jagte. So war es unmöglich, ihn zu identifizieren. Auch sein Aussehen kannte niemand. Niemand wusste, wer sich hinter dem fremd klingenden Namen verbarg, den er sich gegeben hatte. Und niemand, der bei Verstand war, würde ernsthaft den Versuch unternehmen, es herauszufinden.
»Ist alles nach Plan verlaufen?«, schepperte die Stimme.
Birger beeilte sich, die Frage zu bejahen. Die Lüge trieb ihm Schweißperlen auf die Stirn. »Es hat alles geklappt …«, stammelte er. Aus seiner Stimme war jede Sicherheit gewichen. »So, wie wir es geplant haben.«
Schweigen. Die Art von eiskaltem Schweigen, die stets Worten vorausging, die einem Menschen das Lebensglück raubten: Sie sind gefeuert. Ihre Frau hatte einen Unfall. Unser Kind stammt von einem anderen Mann.
Vor dem Fenster erklang ein Pfiff. Der Lieferwagen fuhr weiter. Endlich räusperte sich Tanaffus.
»Ich habe eine kleine Maus hier, die ich tüchtig füttere«, knatterte die Stimme aus Kairo. Das bedeutete nichts Gutes. Das bedeutete überhaupt nichts Gutes. »Als Dank erzählt sie mir manchmal, was sich in der Welt zuträgt. Gerade eben piept sie mir ins Ohr, der Junge wäre von einem meiner Wesire beinahe totgefahren worden. War das auch so von uns geplant?«
Birger Jacobsen zuckte unwillkürlich zusammen. Es hatte keinen Zweck, Tanaffus zu belügen. Er hatte seine Fühler überall. Im Gewimmel der Großstädte ebenso, wie in den schäbigsten Hütten im Hindukusch. Wenn in den Eiswüsten des Himalaja ein Yak furzte, kam es bei Tanaffus als Donnerhall an.
»Nein…«, stammelte er kleinlaut. »Nein… aber es ist gut gegangen. Er lebt! Bitte…«
Tanaffus hüstelte. »Erspar mir dein Gewinsel. Es ödet mich an. Fehler werden gemacht, weil sich Menschen unbewusst nach Bestrafung sehnen. Auch du lechzt heimlich nach Schmerzen. Ich habe da schon etwas Passendes für dich im Kopf. Du wirst zufrieden sein!«
»Nein, bitte!«, unterbrach ihn Birger Jacobsen heftig. Er winselte schon wieder. Mit dem Zeigefinger der freien Hand versuchte er, den Kragen seines Hemdes zu weiten. Der steife Stoff drückte ihm die Kehle zu. Ächzend sprang der oberste Knopf ab und landete auf dem dicken Teppich. Ihm wurde trotzdem schwindelig. Er biss sich auf die Lippen. Ein Rinnsal Blut sickerte in seinen Mund. » Ich war es doch, der damals in Bagdad…!«
»Ich werde dieses Mal darüber hinwegsehen«, unterbrach ihn Tanaffus mit angeekelter Stimme. »Aber noch ein Fehler, nur die Andeutung eines Missgeschicks, und du wirst meinen Atem zu spüren bekommen.«
Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen. Sajjid Tanaffus hatte aufgelegt.
Entsetzt nahm Birger Jacobsen sein Handy vom Ohr und starrte auf den Brunnen auf dem Stortorget. Sein Augenlid zuckte wild.
Nach den Feierlichkeiten hatten König Kristians Soldaten die satten Gäste gefangen genommen und in den Kerker der Festung geworfen. Am nächsten Tag köpfte man sie, hier auf dem Stortorget. Das Ereignis war bekannt als das Stockholmer Blutbad. Man sollte Kristian fürchten, nicht feiern. Wie Tanaffus.
Birger Jacobsen fuhr sich mit der Zunge über die zerbissene Lippe. Alles!, dachte er ohnmächtig. Lasst mich alle Qualen dieser Welt spüren. Nur nicht seinen Atem!
17. Kapitel
NYC , Mittwoch, 15. August 2007
Es stank scheußlich. Scharf und chemisch, wie wenn man seine Nase direkt über eine Flasche Badreiniger hielt. Sid fühlte eine Hand auf seiner Stirn, kühl und schwer. Benommen öffnete er die Augen. Er erkannte die grauen Umrisse eines Mannes in grauer Umgebung. Mehr nicht. Wo war er? Langsam kamen die Farben zurück. Das Bild wurde klarer.
»Ach, du bist es!«, murmelte er schließlich erleichtert. Sein Mund war trocken und er hatte Halsschmerzen. Seine eigene Stimme kam ihm fremd vor. Ganz heiser und schwach klang sie.
Die Wände des ganzen Raums waren mit grünlichen Fliesen verkleidet, bis unter die Decke. Elektronische Geräte piepten rhythmisch. Der Mann an
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