Die Rückkehr des Drachen
grollte sie und ließ einen Feuerstrom los.
Flammen schlugen aus allen drei Myrddraal, züngelten in alle Richtungen, und sie schrien wie zersplitterte Knochen in einer Knochenmühle. Doch sie hatte vergessen, daß sie nicht allein war, daß Elayne und Nynaeve bei ihr waren. In dem Moment, als die Flammen die Halbmenschen verschlangen, schien die Luft sich um sie herum zu verdichten und preßte sie zu einem Feuerball zusammen. Feuer und Schwärze wurden immer dichter und schrumpften. Ihre Schreie ließen Egwene bis ins Mark erzittern. Dann schoß etwas aus Nynaeves Händen -ein dünner, weißer Lichtstrahl, gegen den die Mittagssonne blaß erschien, und verband ihre Hände mit den Myrddraal. Und sie hörten auf, zu existieren, als habe es sie nie gegeben. Nynaeve fuhr selbst überrascht zusammen, und das Glühen um sie verflog.
»Was... was war das?« fragte Elayne.
Nynaeve schüttelte den Kopf. Sie wirkte genauso erschlagen wie Elayne. »Ich weiß nicht. Ich... ich war so zornig und hatte gleichzeitig solche Angst, was sie tun wollten... Ich weiß nicht, was es war.«
Baalsfeuer, dachte Egwene. Sie wußte nicht, woher dieses Wissen kam, aber sie war ganz sicher. Zögernd brachte sie sich dazu, Saidar fahrenzulassen, damit es sie losließ. Sie wußte nicht, welches von beiden schwieriger war. Und ich habe nichts von dem gesehen, was sie da eigentlich tat!
Die Aiel lösten nun ihre Schleier. Ein wenig überhastet, hatte Egwene das Gefühl, als wollten sie ihr und den beiden anderen beweisen, daß sie nicht mehr weiterkämpfen würden. Drei der Aiel waren männlich, einer davon ein älterer Mann mit mehr als nur ein wenig Grau in den dunkelroten Haaren. Sie waren groß, diese Aiel-Männer, und ob jung oder alt, hatten sie dieses gelassene Selbstvertrauen im Blick und bewegten sich mit einer gefährlichen Gewandtheit, die Egwene an die Behüter erinnerte. Der Tod ritt auf ihren Schultern, und sie wußten, daß er da war, und sie fürchteten sich nicht. Eine der Frauen war Aviendha. Die Schreie von draußen ebbten langsam ab.
Nynaeve ging auf die gefallenen Aiel zu.
»Es ist nicht nötig, Aes Sedai«, sagte der ältere Mann. »Der Stahl der Schattenmänner hat sie getroffen.«
Trotzdem beugte sich Nynaeve über sie und zog ihre Schleier weg, um ihre Augenlider zu öffnen und an ihrem Hals nach einem Pulsschlag zu fühlen. Als sie sich von der zweiten aufrichtete, war ihr Gesicht totenblaß. Es war Dailin. »Seng dich! Seng dich!« Es war nicht klar, ob sie damit Dailin meinte oder den Mann mit dem grauen Haar oder Aviendha oder alle Aiel. »Ich habe sie nicht geheilt, um sie so daliegen zu sehen!«
»Der Tod kommt zu uns allen«, begann Aviendha, aber als sich Nynaeve wütend ihr zuwandte, verstummte sie. Die Aiel tauschten untereinander unsichere Blicke, als könnte Nynaeve mit ihnen möglicherweise dasselbe tun wie mit den Myrddraal. Da lag keine Angst in ihren Blicken, nur das Wissen um diese Möglichkeit.
»Der Stahl der Schattenmänner tötet immer«, sagte Aviendha. »Er verwundet nicht nur.« Der ältere Mann sah sie mit gelinder Überraschung im Blick an. Egwene wurde klar, daß für diesen Mann, genau wie bei Lan, ein Beben der Augenlider das gleiche bedeutete wie offenes Staunen bei einem anderen. Aviendha sagte: »Sie wissen so wenig über einige Ding, Rhuarc.«
»Es tut mir leid«, sagte Elayne mit klarer Stimme, »daß wir Euren... Tanz unterbrochen haben. Vielleicht hätten wir nicht eingreifen sollen.«
Egwene sah sie verblüfft an, und dann wurde ihr klar, was sie damit erreichen wollte. Sie sollen sich ein wenig entspannen und Nynaeve Gelegenheit zum Abkühlen geben. »Ihr habt die Lage ganz gut im Griff gehabt«, sagte sie. »Vielleicht haben wir Euch beleidigt, weil wir unsere Nasen in Eure Angelegenheiten steckten?«
Der ergraute Mann - Rhuarc - lachte leise mit tiefer Stimme. »Aes Sedai, ich für meinen Teil bin froh darüber, was... nun, was es auch gewesen sein mag, das Ihr tatet.« Einen Augenblick lang schlich sich Unsicherheit in seinen Blick, doch dann war seine gute Laune wieder da. Sein Lächeln war angenehm. Er hatte ein starkes, kantiges Gesicht und sah recht gut aus, wenn auch ein wenig alt. »Wir hätten sie töten können, aber drei Schattenmänner... Sie hätten bestimmt noch zwei oder drei von uns erwischt, vielleicht auch uns alle, und ich weiß nicht, ob wir alle drei auch wirklich hätten besiegen können. Für die Jungen ist der Tod ein Feind, an dem sie ihre Kräfte
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