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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Bäume versunken, richtete Linden ihren Blick in die Tiefe, und ihr Herz begann zu jagen, als sie eine wimmelnde pelzige Linie über den Rand der Kluft quellen sah; eine Düsternis, die dunkler als der Schatten der Felswand war. Wäre Lindens Sinn für das Gesunde nicht größtenteils verloren gewesen, hätte sie Wildheit und Reißzähne spüren können, die auf ihrer Fährte über die Felsen hechelten. Binnen weniger Augenblicke füllte die nach oben schwappende Flut aus Kresch die Kluft von einem Rand zum anderen aus. Und sie schwappte noch höher; sammelte sich wieder, um sich erneut zu brechen. Gott, da kamen Hunderte von ihnen, weit mehr Wölfe, als Linden sich jemals in einem Rudel hätte vorstellen können.
    »Schneller!«, keuchte sie, als sei das ihre einzige Antwort auf Staves Frage. Vor Angst hatte sie plötzlich einen Kloß im Hals. »Sie kommen!«
    Diese Flut, das war Linden klar, würden ein Meister und ein unerprobter Steinhausener niemals aufhalten können.
    Liand warf einen Blick über seine Schulter, fluchte verhalten und begann an Somos Zaumzeug zu zerren, als wollte er den Schecken mit eigener Kraft zu schnellerer Gangart veranlassen.
    Aber Stave ging nicht schneller, sah sich nicht mal nach den Kresch um. »Sie werden uns überholen«, sagte er gleichmütig. »Das lässt sich nicht ändern. In diesem Gelände kommt ein Pferd schlecht voran.«
    Linden erinnerte sich; Stave hatte Liand aufgefordert, die Vorräte – und Somo – zurückzulassen. »Eile erschöpft deine Begleiter, ohne einen vernünftigen Zweck zu erfüllen.«
    Aber wie ...?, hätte sie am liebsten gefragt, wie sollen wir dann überleben? Doch im nächsten Augenblick erkannte sie, dass Stave keine derartige Erwartung hegte. Ihre Flucht in die Berge hatte sie in diese Notlage gebracht. Stave hatte sie nur verfolgt, um für sie kämpfen zu können.
    So lange sie noch konnte, ruhte sie sich in seinen Armen aus und versuchte, ihre verbliebene Wahrnehmungsgabe nach innen zu konzentrieren, um vielleicht das Bindeglied zu finden, das sie mit der unbegrenzten Energie von Covenants Ring verbinden konnte. Das Heulen des Rudels hallte aus der Kluft herauf, und diese blutrünstigen Laute schienen das Kältegefühl auf Lindens Haut zu verstärken. Während sie bergauf hetzten, kündeten die Stimmen der Kresch von einem persönlicheren und heißeren Hunger – nicht nur nach Blut und Nahrung, sondern nach Zerstörung. Ihr Heulen, das von den Felswänden zurückgeworfen wurde, klang wie ein Teil von Lord Fouls allgegenwärtiger Bosheit.
    Der Verächter hatte sie zu Heilerde geführt. Er hatte sie mit Jeremiahs Leiden, dem Schmerz des Landes verspottet. Und jetzt schickte er Wölfe, die sich an ihrem Fleisch gütlich tun sollten? Nein, das glaubte sie nicht. Lord Foul wollte ihren Tod nicht. Noch nicht. Er hatte die Wölfe geschickt, um sie an irgendetwas zu hindern. Aber woran? Das konnte Linden sich nicht vorstellen. Trotzdem war sie sich plötzlich sicher, dass die von den Kresch ausgehende wahre Bedrohung nicht bloß aus Krallen und Reißzähnen bestand. Als Lord Foul ihr zuvor geholfen hatte, hatte er vermutlich angenommen, sie werde in die entgegengesetzte Richtung fliehen – in den Teil des Landes, den sie von früher kannte. Und er hatte nicht wieder von Anele Besitz ergriffen – auch nicht für kurze Zeit –, seit ihre Gefährten und sie den Wasserfall Mithils Sturz passiert hatten. Schaffte sie es, das Gebirge zu erreichen, konnte sie dadurch vielleicht einen Aspekt der Machenschaften des Verächters durchkreuzen.
    Über ihnen hatte Anele haltgemacht. Er hatte erst ungefähr die Hälfte des Geröllfelds erstiegen. Zwischen ihm und den Möglichkeiten, die das Gebirge bot, lag noch ein steiler Aufstieg. Trotzdem kniete er dort zwischen den Felsen, als sei er am Ende der Kräfte seines Körpers – oder seines Herzens – angelangt.
    Als Linden im Halbdunkel besorgt nach oben starrte, sah sie, dass er am unteren Rand einer ansteigenden Felsplatte haltgemacht hatte, wo abrutschendes Geröll eine Platte aus gewachsenem Granit freigelegt hatte, die von Felswand zu Felswand und schätzungsweise zwei Dutzend Schritte weit nach oben reichte. Ihre glatte Oberfläche hätte ihm die Flucht für einige Augenblicke erleichtert. Trotzdem hatte der Alte genau davor innegehalten.
    »Anele!«, rief sie zu ihm hinauf. »Los, weiter! Wir müssen weiter!«
    Mit einer halben Schulterdrehung schien er Linden in Staves Armen anzusehen, dann Liand und Somo und

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