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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Finger mit ihren verschränken und sie drücken, bis ihre Fingerknöchel schmerzten. Einzig dieser enge menschliche Bund mit dem Steinhausener auf einer Seite und Mahrtiir auf der anderen schien ihr die Kraft zu geben, Aneles Worte zu ertragen.
    In dem riesigen Versammlungsraum klang seine durch die Hände gedämpfte Stimme dünn und verletzlich. »Anfangs«, murmelte er, »immer anfangs spricht er von dem Vater, der diese Schäden bewirkt hat. Er war Trell, Ehemann Atiarans, Steinmeister von Steinhausen Mithil. Der Stein erinnert sich seiner mitleidig, denn er gehörte zu den Rhadhamaerl, die von allen Felsen der Erde geliebt werden, und das Leid seiner Tochter, seines einzigen Kindes, überstieg die Fähigkeit seines Herzens, sich selbst zu heilen. Durch die ihr angetane Gewalt und ihren Schmerz zerrissen, verriet er hier seine Liebe, seine Lehre und sich selbst, und als ihm Einhalt geboten wurde, streckte die Last seiner Verzweiflung ihn nieder. Was übrig bleibt, sind durch seine Qual bewirkte Verkrüppelungen und Entstellungen.«
    Aneles Kopf zuckte heftig, zuckte nochmals. »So viel Kummer könnte kein schwächeres Fleisch ertragen. Aber der Stein weiß noch mehr.«
    Die Stimme zwischen den Händen des Alten schien zu erschlaffen; sie greinte im Rhythmus von Worten, die nur er deuten konnte.
    »Er spricht von dem Elohim Kasteness in seinem Gewahrsam, Vater der Heimtücke der Tänzerinnen der See. Seine Töchter sind die Tänzerinnen der See; sie durchschwimmen die unauslotbaren Tiefen voller Hunger und Grausamkeit, unersättlich auf Vergeltung bedacht, während ihr eigener Sprössling Qualen leidet. Trotzdem kennen sie außer Hunger auch Frohsinn, denn ihr Vater ist aus seinem Kerker ausgebrochen, und auf seinen Befehl haben die Skurj, die er einst widerstrebend zügeln musste, ihre ganze List und Wildheit gegen das Land entfesselt.
    Und zugleich spricht er von dem Haruchai Cail, der sich von den Tänzerinnen der See verführen ließ und ihren Sprössling zeugte. Auch seiner erinnert der Stein sich mitleidig, denn nur der Tod bewahrte ihn vor Verzweiflung über die Qualen seines Sohnes. Tatsächlich erklingt hier Wehklagen um ihn, Wehklagen und große Traurigkeit. Er war von seinesgleichen verstoßen worden, und sein gütiges Herz konnte nicht zwischen seinem eigenen Begehren und der Begierde der Tänzerinnen der See unterscheiden. Dennoch war diese Begierde nicht Liebe, sondern Arglist.«
    Von Wissen niedergedrückt, sank Anele langsam auf die Knie. Er hielt sich weiter die Augen zu und wiegte schwermütig den Kopf, als seien seine Ohren voll von Klageliedern. Seine Stimme war zu einem lang gezogenen Keuchen geworden, das kaum kräftig genug war, um die Sätze zu bilden, die der Stein ihm eingab.
    »Und er spricht auch von Thomas Covenant, von dem Weißgoldträger, dessen Tochter das Gesetz des Todes missachtete, und dessen Sohn im Land unterwegs ist und solche Verwüstungen anzurichten sucht, dass die Knochen der Berge zittern, wenn sie daran denken. Auch um den Ur-Lord trauert dieser Stein, weil er ihn verraten weiß.
    Er spricht von Sunder, dem Sohn Nassics, Steinmeister von Steinhausen Mithil, der zugunsten des Weißgoldträgers und des Landes alles aufgab, was er gekannt hatte. Ihn nennt der Stein, weil sein Sohn, den er in Andelain ins Leben zurückholte, den Stab des Gesetzes verlor. Trotz der Liebe und Tapferkeit seines Vaters ist Kummer sein Vermächtnis.
    Auch spricht er vom Verächter, dem Vater allen Unheils. Über ihn sagt der Stein jedoch wenig. Seine Finsternis vermag er nicht zu durchdringen.«
    Dann stöhnte der Alte wieder, als strichen ferne Winde wehklagend um gezackte Granitnadeln. Er begann schwer zu keuchen, als drohe er an Worten zu ersticken.
    »Und an der äußersten Grenze des Hörbaren spricht er zuletzt von Berek dem Lord-Zeuger. Er hat ihn nicht gekannt, denn Schwelgenstein war noch nicht erbaut, und Berek war niemals hier. Trotzdem ehrten und liebten er und seine Nachkommen das Urgestein leidenschaftlich, und bis zu des Landschmeißers Schändung kannte der Stein des ganzen Landes den süßen Geschmack von Freude.«
    Anele stemmte plötzlich die Hände vor sich auf den Boden und ließ den Kopf hängen, als könnte er das Gewicht des Gehörten nicht länger tragen.
    »Mehr«, keuchte er, »kann Anele nicht lesen. Ein Seher könnte hier sein Leben lang studieren und noch nicht alles hören, was dieser Stein zu erzählen hat.«
    Aber er war noch nicht fertig. Während Linden und

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