Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
Obwohl er zugesichert hatte, sie würden alle laut sprechen, schien er mit ihnen zu kommunizieren. Aber bevor Linden Einspruch erheben konnte, wandte er sich wieder ihr zu.
    »Wir sind nicht überzeugt«, verkündete er. »Du musst seinen Wert beweisen.«
    Sie fuhr leicht zusammen, obwohl Handirs Forderung nicht überraschend kam. Linden hatte sie erwartet; sie gefürchtet. Tatsächlich hatte sie selbst etwas Ähnliches vorgeschlagen. Jetzt rebellierte ihr Herz jedoch gegen die Idee, von Anele zu verlangen, wie ein dressiertes Tier aufzutreten. Sie wollte den Augenblick, in dem sie gezwungen sein würde, ihn zu missbrauchen, möglichst lange hinausschieben. Und sie war sich nicht sicher, wie er reagieren würde.
    Aber sie hatte eine Situation herbeigeführt, in der sie nur kapitulieren oder voranstürmen konnte. Als sie auf der Suche nach dem Stab riskiert hatte, den Bogen der Zeit zu beschädigen, hatte sie in gewisser Weise alle ihre Gefährten missbraucht. Und die Meister hatten klar zum Ausdruck gebracht, dass sie sich vor ihnen so wenig allein rechtfertigen konnte, wie sie Jeremiah retten oder Lord Foul allein besiegen konnte. Also musste sie um Hilfe bitten – und darum beten, dass sie gewährt werden würde. Stumm ächzend beugte sie sich über den Alten und drängte ihn aufzustehen.
    Ihre Knie loszulassen schien ihm zu widerstreben. Oder vielleicht war es der Stab, an den er sich klammerte, dessen willkommene Wärme ihn tröstete. Aber im nächsten Augenblick löste er seinen Griff und rappelte sich auf.
    Als er auf die Beine gekommen war, legte Linden ihm einen Arm um die Schultern und zog ihn an sich. »Anele«, murmelte sie sanft, »ich brauche dich. Ich habe gesagt, dass ich dich beschützen werde, und möchte mein Versprechen halten. Aber das kann ich nicht ohne dich.
    Wir stehen auf Stein.« Sie waren von Stein umgeben. »Er ist dein Freund. Er ist immer dein Freund gewesen. Du musst uns erzählen, was er sagt.«
    Dies war nicht länger der Anele, der behauptete, er sei damit zufrieden, den Stab des Gesetzes in ihren Händen zu sehen. Jener Avatar seines Dilemmas war viele Jahrhunderte weit in der Vergangenheit zurückgeblieben. In dieser Zeit – in Lindens richtiger Zeit, nicht seiner – hatten Einsamkeit und Trauer ihn ebenso unbarmherzig verfolgt wie die Meister. Linden konnte nicht sicher sein, dass er sie verstand. Sie hatte keinen Grund zu der Annahme, dass er ihre Aufforderung befolgen würde.
    Mit kleinen Rucken und Schüben, als müsse er sich bei jedem Muskel einzeln entsinnen, wie er sich bewegen ließ, wand Anele sich aus ihrer Umarmung. Widerstrebend ließ er seine Fingerspitzen über den Stab gleiten. Dann ließ er ihn los.
    »Das ist sicherlich wahr.« Seine Stimme war ein heiseres Krächzen, das ihm in der Kehle wehzutun schien. »Aneles einziger Freund ist der Stein. Er tröstet ihn nicht. Er ist nicht freundlich zu ihm. Er ist streng und oft verletzend. Aber er spricht nur. Er urteilt nicht. Er fordert nichts. Er bestraft nicht.« Der Alte schüttelte traurig den Kopf. »Für ihn gibt es keinen anderen Trost.«
    Von der Bürde allzu vieler Jahre behindert, schlurfte er in die Mitte des Bodens der Grube. Sein Kopf hatte angefangen, von einer Seite zur anderen zu zucken. Anscheinend um zu versuchen, das Zucken zu unterdrücken, verbarg er das Gesicht in den Händen. Trotzdem zuckte sein Kopf weiter vor und zurück, als fürchtete Anele sich davor, was er trotz seiner Blindheit sehen würde. Ein Klagelaut entschlüpfte seinen Lippen und verhallte, ließ die Klause in erwartungsvollem Schweigen zurück.
    Linden hielt den Atem an. Fast ohne es zu merken, wich sie zurück, um erneut zwischen Liand und Mahrtiir Platz zu nehmen. Ihre Aufmerksamkeit war ganz auf Anele fixiert. In diesem Augenblick war alles andere unwichtig.
    Aneles Stimme war wegen seiner Hände kaum hörbar, als er flüsterte: »Ah, Stein. Knochen der Welt. Einsam und unbeachtet. Er weint unaufhörlich, aber niemand teilt seinen Gram. Niemand hört sein endloses Klagen.
    Dieser Stein hat Liebe gekannt, die das Land vergessen hat, die Lords und Riesen dargebrachte Bewunderung. Er hat Zorn erlitten. Und er ist von der Schändung in Mitleidenschaft gezogen worden. Mit Kummer und Verständnis spricht er zu mir von Vätern.«
    Wie in Trance nahm Linden den Stab zwischen ihre Knie und streckte die Hände nach ihren Gefährten aus. Aber nur Liands und Mahrtiirs Unterarm zu umklammern genügte jetzt nicht mehr. Sie musste ihre

Weitere Kostenlose Bücher