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Die Runenmeisterin

Die Runenmeisterin

Titel: Die Runenmeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Groß
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löste den Strick an seinen Fußgelenken. Er hätte jetzt wohl die Tür eintreten können, aber da draußen lauerten vielleicht hundert wilde, irrsinnige Weiber. Also stand er langsam und mühselig auf, die Hände immer noch verbunden. Er suchte und fand einen tönernen Krug, den er zu Boden fallen ließ. Dann setzte er sich wieder hin, klemmte eine Scherbe zwischen seine Beine und rieb die Handfessel so lange daran, bis sie endlich riß.
    Er atmete auf. Ließ sich viel Zeit, um über sein weiteres Handeln nachzudenken. Dann plötzlich wurde er seltsam müde, eine unwiderstehliche, wohlige Müdigkeit lullte ihn ein, obwohl er sich dagegen wehrte. Er sah die Schale am Boden stehen, aus der er das Wasser getrunken hatte. Die Schale! Er fluchte und merkte gleichzeitig, wie Arme und Beine ihm nicht mehr gehorchen wollten. Das letzte, was er sah, war diese irdene Schale, die er bis auf den letzten Tropfen geleert hatte. Dann fielen ihm wieder die Augen zu.
    Der Kaiser war in sein Zelt zurückgekehrt. Er ließ sich Wein bringen und legte das Kettenhemd ab. Er kleidete sich in ein leichtes Wams und zog die Stiefel aus. Auf dem gedeckten Tisch brannten die Kerzen, und im silbernen Pokal schimmerte der Wein. Der Kaiser setzte sich in einen Stuhl und streckte die Beine aus. Dann ließ er Van Neil rufen. Als der Offizier erschien, hatte er die Schatten, die auf seiner Seele ruhten, vertrieben.
    »Setzt Euch«, sagte er aufgeräumt und schob Van Neil einen zweiten Pokal über den Tisch. »Morgen brechen Wir auf. Ich stelle Euch frei, ob Ihr mitkommen wollt oder nach Raupach zurückkehren. Ich hörte, die Gebiete, die unter Heinrichs Befehl standen, haben sich ergeben. Es wird also ein leichtes sein, sie einzunehmen.«
    Van Neil nickte, war mit seinen Gedanken aber ganz offensichtlich woanders.
    »Was ist?« fragte der Kaiser geradeheraus.
    Der Offizier nahm einen Schluck aus seinem Pokal.
    »Einer meiner Leute ist verschwunden«, antwortete er, »das merkwürdige daran ist, daß er mir vor zwei Tagen zu verstehen gab, er wisse etwas über diesen Mord an Monreal. Ihr habt davon gehört?«
    Der Kaiser schüttelte den Kopf.
    »Monreal war ein sächsischer Offizier, wir vermuten, ein Spion des Herzogs. Er wurde hinterrücks mit einer Armbrust erschossen. Heinrich schickte zwei Leute zur Aufklärung des Falles. Der erste, Cornelius Custodis, wurde das Opfer seiner widernatürlichen Gelüste, der zweite, ein gewisser Hektor Martin, mußte nach Braunschweig zurück wegen der politischen Lage, Ihr versteht?«
    Der Kaiser schmunzelte. »Ja, natürlich. Und so blieb der Fall ungelöst?«
    »Martin kam eigentlich wegen eines Templers, den er schon lange suchte und der einen sächsischen Kurier umgebracht hatte. Aber ob der wirklich auch der Mörder von Monreal war, habe ich immer bezweifelt.«
    »Und was hat das mit dem Soldaten zu tun, der verschwunden ist?«
    Van Neil zögerte. Er wußte eben nicht, ob es etwas mit Cai Tuams Verschwinden zu tun hatte. »Der Soldat wollte mit mir sprechen. Er sagte, er wisse etwas über die Angelegenheit. Ich hatte keine Zeit und bestellte ihn für den nächsten Tag zu mir. Aber er kam nicht. Ich sah ihn noch am Abend vorher am Feuer sitzen. Gegen Mitternacht wollte er schlafen gehen. Er war ziemlich betrunken.«
    »Ein zuverlässiger Mann?«
    »Unbedingt. Absolut vertrauenswürdig. Er gehört zu Maesfelds Leuten. Euer Gnaden, wenn Ihr erlaubt, würde ich den Mann gerne suchen lassen, bevor wir aufbrechen. Maesfeld hält große Stücke auf ihn.«
    Der Kaiser nickte. »Gut. Sucht den Mann.«
    Van Neil erhob sich, und das Gefühl drohenden Unheils, das ihn schon seit Raupachs Verletzung wie ein zweiter Schatten verfolgt hatte, wurde immer stärker und drohender.
    Am nächsten Tag suchte er vier Soldaten aus, mit denen er systematisch das Lager absuchte. Sie sahen sich in den Zelten um und fragten die Leute. Sie verbrachten den ganzen Vormittag damit, bis ein Sturzregen ihrer Suche ein Ende machte. Am Mittag ritten sie ins Lager der Frauen herüber und fragten dort nach dem vermißten Soldaten. Sie ließen ihre Pferde stehen und liefen sogar über die Holzplanken durch den Sumpf. Dann kehrten sie ins Lager zurück und schickten zwei Leute in die Stadt, die erst Stunden später wiederkamen. Doch der Soldat blieb verschwunden. Van Neil begann sich ernsthaft Sorgen zu machen.
    Wenn der Ire tatsächlich etwas über den Mord wußte, warum hatte er nicht früher davon gesprochen? War es nun zu spät? Hing er mit

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