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Die Runenmeisterin

Die Runenmeisterin

Titel: Die Runenmeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Groß
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sie stecken, deine Waffen«, sagte die Alte grinsend, »Mara wohnt zwei Wagen weiter. Aber gib acht, Soldat, hier ist das Reich von E HWAZ , hier herrschen andere Gesetze. Sie wird auf dich warten. Hinter dem Wagenkreis ist der Sumpf, der ist befestigt mit einem hölzernen Pfad, geh nur.«
    Dem Iren sträubten sich die Nackenhaare. Die Spinne in ihrem doppelt gewebten Netz schien sich zu bewegen und die fetten fleischigen Beine auszustrecken. Cai Tuam drehte sich um und zog den Dolch aus dem Gürtel. Etwas hatte ihn gepackt. Es war die Angst, doch das wollte er sich nicht eingestehen. Er hielt den Griff des Dolches fest umklammert.
    Der zweite Wagen war leer. Im Schein des Reisigfeuers sah er schemenhaft ein Lager aus weichen Kissen, einen niedrigen Tisch, bunte Tücher an den Wänden mit seltsamen Ornamenten darauf. Nichts regte sich. Nur ein halber Mond am Himmel hing. Der Ire hielt den Atem an. Hexenland, im runden Wagenkreis gefangen. Hier war es nicht geheuer.
    ›Vergiß sie‹, raunte es in seinem Kopf, ›eine mehr oder weniger, was macht das schon?‹ Aber er hatte sie tanzen sehen. Das Bild ihres zuckenden, kreisenden Leibes ging ihm nicht mehr aus dem Sinn.
    Er suchte den Pfad durch den Sumpf. Seine Fackel beleuchtete schlammigen Morast zu beiden Seiten eines Plankenpfades, der sich mitten durch das Moor zog. Die Erde neben ihm quoll und sickerte und gurgelte. Hier standen nur noch Weiden und Erlen, die ihre bizarren Wurzeln durch den Schlamm zogen. Leicht schwankend bewegte sich Cai Tuam über die Planken. Der halbe Mond warf sein Licht auf raschelndes Schilf, und im seichten Wasser spritzte und gluckerte es. Hier war niemand außer den Fröschen und den Geistern, die den Sumpf besiedelten, außer den Kröten und den Nachtvögeln.
    Der Ire blieb stehen. Das Gefühl grausiger Furcht ließ ihn nicht mehr los. Die morastige Erde neben ihm gab ein gurgelndes Geräusch von sich, sie schmatzte und saugte sich fest an einem Stück Ast, das hineingefallen war.
    Cai Tuam wollte umdrehen und diesen unheilvollen Ort verlassen, als er einen Schlag auf den Kopf spürte. Ein dumpfes Geräusch hallte in seinen Ohren, die Beine gaben unter ihm nach, und dann war nichts mehr.
    Als sein Bewußtsein wiederkehrte, war immer noch Nacht. Das erste, was er sah, war seine Fackel, die zwischen zwei Holzplanken steckte. Er wollte sich an den Kopf fassen, doch etwas stimmte nicht mit seinen Händen. Er sah hinab. Ein dicker Strick war um seine Handgelenke geschlungen, und ein zweiter um seine Füße. Und dann sah er jemanden neben sich stehen. Es war die Tänzerin. »Na?« fragte sie belustigt, »ausgeschlafen?«
    Er stützte den Kopf in die gebundenen Hände und suchte nach seinen Waffen.
    »Ein Mann ohne Waffen ist wie ein Vers ohne Worte«, sagte die Frau kalt. Sie trat zu ihm. »Steh auf.«
    Sie zog ein kleines Messer aus ihrem Stiefelschaft, während er versuchte aufzustehen, und als er vor ihr stand, drehte sie ihn um, und er spürte die Spitze des Messers in seinem Rücken. »Hier kannst du nicht bleiben.«
    Mühsam bewegte er sich den Pfad entlang, immer diesen leichten tödlichen Druck im Rücken, durch den Sumpf hindurch, bis sie wieder auf trockenes Heideland kamen. Dann standen sie vor einer leichten Anhöhe, in die, von einer schweren Eichenluke verschlossen, ein Gang hineinführte. Das weiße Gold – ein Salzbergwerk, schoß es Cai durch den Kopf.
    »Du bist Soldat?« fragte sie ihn. Er nickte nur. Dann zog sie die Luke hoch, bugsierte ihn in den Stollen und schloß die Tür wieder. Sie zündete zwei Kerzen an und gab ihm zu verstehen, sich auf das Lager, einen Strohsack, zu setzen. »Hast du sie schon verraten?«
    Er war zu benommen von dem Schlag, um denken zu können, und verstand ihre Frage nicht.
    »Rosalie, die Runenmeisterin«, erklärte sie, »ich will wissen, ob du sie schon verraten hast.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Hältst du mich deshalb hier fest?« fragte er verwirrt.
    »Du wirst sie nicht verraten«, sagte sie ruhig, »ein Versprechen, wie du es gegeben hast, kann man nicht mehr auflösen. Es gilt für immer, das weißt du. Wer es trotzdem bricht, muß sterben.«
    Sie drehte sich um, öffnete die Luke und kletterte hinaus. Er hörte noch, wie sie draußen einen Riegel vorschob. Dann fielen ihm die Augen zu, im Kopf saß der Schmerz fest. Er sank einfach auf den Strohsack und schlief ein.
    Er träumte von seinem Vater und seiner Mutter und seinem Großvater. »Weißt du, wie man die Nebel rufen kann?

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