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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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schützen wissen. Und wehe, jemand wagte es, ihrem Kind gegenüber unfreundlich zu sein!
    »Du bist also Ollys Patenkind.« Obwohl der König bis zum Kinn zugedeckt im Bett lag, gelang es ihm, Wera von oben bis unten zu mustern, was diese stocksteif und mit hocherhobenem Kopf über sich ergehen ließ. Olly applaudierte ihr im Stillen. Nur nicht Bange machen lassen.
    »So ein hässliches Kind wie dich habe ich noch selten gesehen«, sagte der König missmutig und spuckte eine Portion blutigen Schleim in die dafür bereitgestellte Schüssel.
    »Wilhelm!« Königin Pauline, die neben dem Bett stand, sah empört aus.
    »Vater!« Auch Karl war entsetzt. Hilfesuchend drehte er sich zu Olly um, doch ihr hatte es die Sprache verschlagen. Wie konnte Wilhelm nur? Es hätte nicht viel gefehlt und sie hätte dem alten Mann für seine Gemeinheit eine Ohrfeige verpasst. Stattdessen nahm sie Weras Hand und wollte auf dem Absatz kehrtmachen, aber das Mädchen hatte etwas anderes im Sinn.
    Stirnrunzelnd beobachtete Olly, wie Wera näher ans Bett herantrat. Nun war sie es, die den König einer eingehenden Begutachtung unterzog. Ihr Gesicht war dabei höchstens zwei Handbreit von dem des alten Mannes entfernt. Schließlich schaute sie dem König trotzig in die Augen.
    »Besonders hübsch sind Sie mit Ihrem grauen Bart und den aus derNase wachsenden Haaren aber auch nicht!«, sagte sie und zog eine Grimasse.
    Pauline gab einen langen Zischlaut von sich.
    Karl hielt sich eine Hand auf den Magen, als würde er von schrecklichen Schmerzen geplagt.
    Olly hingegen hatte Mühe, ein Schmunzeln zu unterdrücken. Nie, niemals hätte sie ein solches Auftreten dem König gegenüber gewagt. Alle waren derart vom Donner gerührt, dass sie im ersten Moment gar nicht auf den kranken Mann in seinem Bett achteten.
    König Wilhelm lachte und lachte und hörte gar nicht mehr auf. »Du bist mir vielleicht ein Lumpentier!«, sagte er, während ihm Tränen über die Wangen liefen. »Schneid hat die Kleine jedenfalls, das gefällt mir. Aber werde bloß nicht allzu frech!«, sagte er zu Wera und hob drohend den Zeigefinger. Dann brach er erneut in Gelächter aus.
    »Dein Vater ist wirklich sehr lustig«, sagte Wera kurze Zeit später zu Karl, während sie das Kopfsteinpflaster des Schlossplatzes in einem nur ihr bekannten Muster hüpfend überwand.
    »Wenn die Kleine meinen Vater für lustig hält, wird sie alle anderen, die sie heute noch kennenlernt, wahrscheinlich heiraten wollen«, murmelte Karl Olly ins Ohr. Lachend betraten sie das Kronprinzenpalais, wo sich im großen Saal schon die ersten Gäste eingefunden hatten.
    *
    Eigentlich hatte der Tag ganz gut begonnen: Evelyn war mit einer großen Tasse Kakao ins Zimmer gekommen und hatte ihr beim Trinken zugeschaut. Danach hatte sie lediglich darauf bestanden, dass sich Wera den Mund abwusch. Erleichtert darüber, sich vor der fremden Frau nicht ausziehen zu müssen, hatte sich Wera klaglos in ein Kleid stecken lassen, das ihre Tante für sie besorgt hatte: hellblau mit viel Spitze, Rüschen und kleinen Perlmuttknöpfen. Wera fand das Kleid wunderschön. Was für ein Jammer, dass ihre Schwester Olgata es nicht sehen konnte, sie wäre bestimmt vor Neid erblasst!
    Leiderhatte sie während des Frisierens mit der Bürste zwei Knöpfe abgerissen. Sie wollte sie noch auffangen, doch zu spät: Das feine Perlmutt zersplitterte auf dem Marmorboden. Evelyn hatte säuerlich dreingeschaut, aber nichts gesagt. Immerhin.
    Das Frühstück war fein gewesen, es gab ein geschlungenes Gebäck, das Olly »Brezel« nannte. Wera nahm sich vor, ihren Eltern davon zu berichten. Bestimmt würde der Hofbäcker in Petersburg so etwas auch hinbekommen.
    Auch der Besuch bei Karls Vater war in Ordnung gewesen. Im Krankenzimmer waren ihr alle schrecklich nervös vorgekommen. Als Olly ihren Schwiegervater begrüßte und Wera vorstellte, hatte sogar ihre Stimme anders geklungen: quietschend und künstlich. Und Karl hatte ständig seine Zunge von innen gegen die rechte Wange gedrückt, als habe er Zahnweh. Als Wera ihn danach fragte, hatte er nur abwesend den Kopf geschüttelt. Nur der König war die Ruhe selbst. Und er hatte ein Lachen wie Jurij, der stets gutgelaunte Leibkutscher ihres Vaters. Laut und aus voller Brust. Hohoho!
    All das würde sie ihren Eltern erzählen. Hoffentlich kamen sie bald, denn sich so viel zu merken war ziemlich anstrengend. Eigentlich wäre ich jetzt lieber ein wenig allein, anstatt noch mehr Leute zu treffen,

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