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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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dachte Wera bei sich, während sie ihrer Tante und dem Onkel in den großen Salon folgte.
    Karl hatte vier Schwestern, und drei davon waren gekommen, um sie, Wera, zu begrüßen. Die vierte war Königin der Niederlande und hatte keine Zeit für Wera. Was ihr nur recht war, denn die Begrüßungszeremonie dauerte so schon eine halbe Ewigkeit! Mit jeder Hand, die sie schüttelte, mit jedem Knicks, den sie sich abrang, wurde Wera müder und unruhiger.
    Prinzessin Katharina war ungefähr in Ollys Alter und fand sich sehr wichtig. Ständig fiel sie allen anderen ins Wort, ständig hieß es: Wily hier und Wily da.
    Wera fand Katharina gar nicht nett und ihren Sohn Wily auch nicht. Wie er sie anstarrte! Wera hasste es, wenn Menschen sie so anschauten.Mit seinen fünfzehn Jahren tat Wily schrecklich erwachsen, dabei hatte er ein Bilderbuch unter den Arm geklemmt, in dem eine Geschichte von Hasen und Rehen erzählt wurde. Wera fand das  ziemlich kindisch. Und das würde sie ihm später auch sagen.
    Karls Schwester Marie war uralt und hatte ein verbissenes Gesicht. Sie sprach nicht viel, sondern schaute nur mürrisch drein. Kinder hatte sie nicht. Die Hand, die sie Wera reichte, war kalt und feucht wie ein Fisch.
    Am besten gefiel Wera Karls jüngste Schwester. Sie hieß Auguste und war dick. Ihre Kinder, zwei Mädchen und vier Jungen, waren wohl auch ganz in Ordnung.
    Außer Karls Verwandten befanden sich auch Evelyn und dieser Cäsar Graf von Beroldingen, der sie am gestrigen Tag aufgestöbert hatte, bei der Gesellschaft. Wera wusste noch nicht, was sie von ihm halten sollte.
    Außerdem hatte Olly die russische Familie Pontiatin eingeladen, die sich derzeit wie sie in Stuttgart zu Besuch aufhielt. Die Söhne von Admiral Pontiatin seien in Weras Alter, mit ihnen könne sie sich auch auf Russisch unterhalten, flüsterte Olly Wera zu.
    »Ich will mich aber nicht unterhalten«, sagte Wera. Ihre Zehen juckten, am liebsten hätte sie die Schuhe ausgezogen und sich ordentlich gekratzt. Um sich abzulenken, wippte sie mit den Füßen. Warum konnte sie nicht einfach ein bisschen nach draußen und das brachliegende Gelände weiter erforschen, das sie gestern entdeckt hatte?
    »Was willst du denn?«, fragte Olly.
    »Essen!«, antwortete Wera, als ihr der Duft ofenfrischer Blinis um die Nase wehte.
    »Keine Sorge, gleich wird serviert«, sagte Olly. »Setz dich ruhig schon an den Kindertisch.«
    Wera machte sich bereits auf den Weg, als sie sah, dass sich Wily samt Bilderbuch am Erwachsenentisch niederließ, von wo aus er ihr einen herablassenden Blick zuwarf.
    »Ich will auch bei den Erwachsenen sitzen!«, sagte Wera bestimmt. Dem würde sie es schon zeigen.
    EinenMoment lang zauderte Olly. »Also gut. Weil heute dein erster Tag ist.«
    Wera streckte Wily in einem unbeobachteten Moment die Zunge heraus. Als sie sich am Tisch umschaute und nur Erwachsene sah, war sie sehr mit sich zufrieden. Wie hieß noch mal Karls älteste Schwester? Und wer war der Mann an ihrer rechten Seite?
    So viele neue Gesichter. So viele Namen. Sich alle zu merken lohnte nicht, wo sie doch bald wieder abreiste. Da tat sie besser daran, das Kronprinzenpalais zu inspizieren, damit sie ihren Eltern bei deren Ankunft alles zeigen konnte. Was für eine gute Idee!
    Vergessen waren die duftenden Speisen, vergessen auch ihr knurrender Magen. Hastig sprang Wera von der Tafel auf.
    »Kind«, sagte ihre Tante in mahnendem Ton.
    »Aber –«
    »Kein Aber!« Schon packte Evelyn sie am Handgelenk. »Setz dich hin und iss deine Maultaschen.«
    Maultaschen? Kritisch beäugte Wera ihren Teller. Die zwei weißen Teile, die in der duftenden Fleischbrühe schwammen, sahen gar nicht aus wie Mäuler oder Taschen, sondern wie glitschige Meerestiere. Als Weras Löffel sich ihnen näherte, tauchten sie eilig weg. Sie lachte. Einen Finger zu Hilfe nehmend, hielt sie eine der Teigtaschen am Tellerrand fest, was ihr sogleich einen scharfen Blick von Eve eintrug. Immerhin konnte sie mit ihrem Löffel nun ein Stück der Teigtasche abtrennen. Hungrig schob sie den Bissen in den Mund. Er ließ sich mit der Zunge zerdrücken und schmeckte würzig. Von der Speise mit dem seltsamen Namen würde sie ihren Eltern auch berichten. Schon wollte Wera mit ihrem Löffel einen zweiten Bissen abstechen, als ihre Augen an der Füllung der Teigtaschen hängenblieben: Diese bestand aus grauen und rosafarbenen Brocken, vermengt mit schleimigen –
    »Da sind ja Würmer drin!«, kreischte Wera schrill. Karls

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