Die Saat der Erde Roman
dass Sie diese Informationen nicht vom Sonderbotschafter haben, deshalb muss ich Sie nach der Quelle fragen.«
»Ich bedaure, Witali, aber im Moment kann ich die nicht preisgeben.«
»Seit wann wissen Sie das alles?«, fragte Theo.
»Seit etwa zweieinhalb Jahren«, antwortete der Präsident. »Sie werden in Kürze erfahren, woher die Informationen stammen, doch im Moment wollen die Informanten sich aus Angst vor den unvermeidlichen politischen Verwerfungen noch bedeckt halten.«
Das müssen die Getunten sein, dachte Theo. Sie sind an allen technischen Großprojekten beteiligt, und ich wette, der gute alte Holger hat ein paar in petto, welche die Signale übersetzen, die aus dem Großen Jenseits aufgefangen werden.
»Also, wen haben wir am meisten zu fürchten?«
Sundstrom lächelte trübselig. »Da die Realpolitik nun mal so ist, wie sie ist, fürchte ich, dass wir niemandem vollständig vertrauen können, doch das Bündnis der Erde mit der Sendruka-Hegemonie ist beunruhigend …«
Sundstrom machte seinen Zuhörern eine erstaunliche Enthüllung und skizzierte die Topografie interstellarer
Mächte, der Rivalität und der Konflikte, von deren Existenz sie nicht das Geringste geahnt hatten. Die Sendruka-Hegemonie war ein autoritäres, militaristisches Imperium, das diesen Teil der Galaxis beherrschte; es wendete gewissenlos die verschiedensten Taktiken an, um seinen Willen durchzusetzen, wobei es vorgab, aus rein altruistischen Motiven heraus zu handeln, und sich selbst als großes Beispiel hinstellte, dem andere Zivilisationen nacheifern sollten. Bedauerlicherweise stand die Erdsphäre der Hegemonie gegenüber in der Pflicht und unterhielt mit ihr enge Handelsbeziehungen, da Letztere einen entscheidenden Beitrag zur Vernichtung der Invasionsflotte des Schwarms geleistet hatte, welche die Erde und ein Dutzend weitere Zivilisationen vor hundertfünfzig Jahren beinahe unterworfen hätte. Die Hyperion und die anderen beiden Kolonieschiffe waren vom Solsystem aufgebrochen, bevor die Hegemonie eingegriffen hatte.
Während Sundstrom sprach, musterte Theo die anderen Zuhörer. Tanja lauschte fasziniert, den Blick auf den Präsidenten gerichtet. Pjatkow machte einen reservierteren Eindruck und schien den Vortrag eher mit Skepsis aufzunehmen. Donny, der andere Mann, wirkte entspannt und gleichzeitig hellwach.
Der gehört eindeutig den Spezialeinsatzkräften an, dachte Theo. Dazu noch ein Geheimdienstoffizier und eine Networkerin - vielleicht arbeitet sie bei einer Regierungsbehörde oder bei einem Nachrichtendienst - und ein in Ungnade gefallener Exmajor. Aber es muss noch andere geben.
»Wir leben in einer Kolonie fernab der Heimat«, sagte Pjatkow. »Wir sind mitten in einem umkämpften Gebiet aufgetaucht, und mit den Verbündeten der Erde ist nicht zu spaßen. Was ist mit den Brolturanern? Sind sie den Imisil vorzuziehen?«
»Die Brolturaner sind ein fanatischer Ableger der Sendruka-Zivilisation«, sagte Sundstrom. »Im Mittelpunkt ihrer Kultur steht ein Glaube, Volasti genannt, der sie in den Status von Paladinen Gottes erhebt. Der Imisil-Bund hingegen …« Er hob die Schultern. »Das ist eine Konföderation überwiegend humanoider Völker, nicht-expansionistisch, aber trotzdem an diesem Gebiet, der Huvuun-Tiefenzone, interessiert, da sie einen Puffer zwischen sich und den Brolturanern haben wollen.«
Donny straffte sich lächelnd. »Und wie sehen sie aus, diese Sendrukaner?«
»Ganz ähnlich wie wir«, antwortete Sundstrom. »Sie sind menschenähnlich, abgesehen davon, dass sie über drei Meter groß sind.«
Theo stellte sich vor, wie diese großen Humanoiden Schulter an Schulter mit den Menschen gekämpft hatten, um die Erde vor dem insektoiden Schwarm zu retten. O ja, so etwas erzeugt Dankbarkeit. Tanja und Pjatkow zeigten sich von dieser Information überrascht, doch Donny nickte nur und lächelte.
»Scheinen ernstzunehmende Gegner zu sein«, meinte Theo. »Sonst noch was?«
Der Präsident zwinkerte und lächelte verschmitzt. »Ehrlich gesagt, gibt es noch eine Menge, aber eine bestimmte Information dürfte Sie wohl alle interessieren.« Er blickte die Anwesenden an. »Seit dem Schwarmkrieg und zumal seit die Erde mit der Hegemonie verbündet ist, hat sich die künstliche Intelligenz schubweise und sprunghaft weiterentwickelt. Die AIs haben sich auf allen Feldern der Erdkultur verbreitet und durchdringen das soziale Gewebe inzwischen so weit, dass manche Leute personalisierte AIs mit sich führen,
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