Die Saat
sich auf einen Nahkampf vor.
Sie setzten Gasmasken mit integriertem Funkgerät auf und hakten Tränengasgranaten, Handschellen und Beutel mit Reservemagazinen an ihre Gürtel. Winzige Kameras, so groß wie Q-tips, ausgestattet mit Infrarot-Objektiven, waren auf ihren Helmen befestigt.
Dann stiegen sie über die Feuerwehrleiter auf die Tragfläche, näherten sich vorsichtig der Tür, drückten sich rechts und links der Öffnung mit dem Rücken flach gegen den Flugzeugrumpf. Eine Sekunde, zwei ... Einer der beiden stieß mit dem Stiefel die Tür auf, die sofort nach innen wegklappte, schnellte mit einer Drehung hinein und verharrte in Kauerstellung vor der nächsten Trennwand. Sein Partner folgte ihm.
In diesem Augenblick ertönte das Megafon: »An alle Insassen von Regis Flug 753. Hier spricht die Port Authority von New York und New Jersey. Wir betreten jetzt das Flugzeug. Zu Ihrer eigenen Sicherheit fordern wir Sie auf, sitzen zu bleiben und die Arme über dem Kopf zu verschränken.«
Der vordere der bei den Beamten wartete mit dem Rücken zur Trennwand und lauschte. Seine Maske verwandelte jeglichen Laut im Umkreis etlicher Meter in ein dumpfes Dröhnen, doch er konnte drinnen keinerlei Bewegung feststellen. Er klappte das Nachtsichtgerät herunter, und sofort wurde das Innere der Maschine erbsengrün. Er nickte seinem Partner zu, hielt die Glock im Anschlag, und auf drei stürmten sie in die Kabine.
Boarding
Worth Street, Chinatown
Ephraim Goodweather konnte nicht sagen, ob die Sirenen, die er hörte, draußen auf der Straße heulten - also
echt
waren - oder zum Soundtrack des Videospiels gehörten, das er mit seinem Sohn Zack spielte.
»Warum tötest du mich eigentlich die ganze Zeit?«, fragte er empört.
Der blonde Junge zuckte mit den Schultern, als hätte ihn die Frage beleidigt. »Genau darum geht's doch, Dad.«
Der Fernseher stand neben dem breiten, nach Westen zeigenden Fenster, bei weitem das Beste an dieser winzigen Wohnung im zweiten Stock eines alten Hauses am südlichen Ende von Chinatown. Auf dem Couchtisch lag ein Wirrwarr aus Kartons von chinesischem Essen, einer Tüte voller Comics von
Forbidden Planet,
Ephs Handy, Zacks Handy und Zacks Schweißfüßen. Die Spielkonsole war neu, ein weiteres Spielzeug, das Eph gekauft hatte, während er an Zack gedacht hatte. So wie seine Großmutter eine Orange auspresste, wollte er jedes kleinste Quäntchen Spaß und Freude aus seiner begrenzten Zeit mit Zack herausholen. Sein einziger Sohn war sein ganzes Leben, seine Luft zum Atmen, seine Nahrung, und er musste ihn verwöhnen, wann immer er konnte, denn manchmal verging eine ganze Woche mit nur ein oder zwei Telefonaten, und das war wie eine Woche ohne Sonnenschein.
»Verdammt ... « Eph drückte wie wild auf seinem Controller herum, diesem fremdartigen, drahtlosen Apparat, aber er erwischte immer nur die falschen Knöpfe. Sein Soldat hieb auf den Boden ein. »Lass mich wenigstens aufstehen.«
»Zu spät. Wieder tot.«
Für viele andere Männer, die Eph kannte und die in einer ähnlichen Situation waren, bedeutete Scheidung nicht nur die Trennung von ihren Ehefrauen, sondern auch von ihren Kindern. Natürlich erzählten sie alle dasselbe - wie sehr sie ihre Kinder vermissten, wie die Exfrauen ihre Beziehung zu den Kindern untergruben, bla bla bla -, doch sie schienen sich nie wirklich Mühe zu geben. Für die meisten bedeutete ein Wochenende mit den Kindern ein Wochenende
ohne
ihr neues Leben in Freiheit. Für Eph waren diese Wochenenden
mit
Zack sein Leben. Eph hatte die Scheidung nie gewollt. Wollte sie immer noch nicht. Er begriff, dass seine Ehe mit Kelly be endet war - sie hatte an ihrem Standpunkt nicht den Hauch eines Zweifels gelassen -, aber er weigerte sich, seine Ansprüche auf Zack aufzugeben. Die Frage des Sorgerechts war der letzte noch ungelöste Streitpunkt und gleichzeitig der einzige Grund, warum sie noch verheiratet waren.
Dies war, wie mit dem vom Gericht ernannten Familienberater vereinbart, das letzte von Ephs Probe-Wochenenden. Irgendwann nächste Woche würde jemand vom Jugendamt mit Zack sprechen und kurz darauf würde eine endgültige Entscheidung fallen. Eph war es gleichgültig, wie lange es dauerte, das Sorgerecht für den Jungen zu bekommen - es war der Kampf seines Lebens. »Tun, was für Zack das Beste ist«, war der Kernsatz von Kellys Versuchen, bei Eph Schuldgefühle zu wecken und ihn dahin zu bringen, dass er sich mit großzügigen Besuchsrechten
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