Die Sache mit Callie und Kayden
er ganz nett vor.« Seth holt sein Handy aus der Tasche und sieht auf das Display. »Ich habe sogar seine Nummer.«
Ich werde misstrauisch. »Wie?«
»Na, ich bin eben frech.« Er wischt mit dem Finger übers Display, um es anzuschalten. Ich springe mit ausgestreckten Armen auf ihn zu, doch er weicht blitzschnell Richtung Tür aus. »Und los geht’s.«
Ich stehe auf, stemme die Hände in die Hüften und bohre die Finger fest in meine Haut, um mich zum Luftholen zu zwingen. »Seth, bitte nicht. Ich kann nicht. Mir geht es nicht gut, wenn ich mit Jungs zusammen bin.«
Er hält sich das Handy ans Ohr und sieht mich streng an. »Callie, du darfst nicht vergessen, dass nicht alle Typen wie er sind … Hallo? Bist du das, Kayden?« Er macht eine Pause. »Ja, hier ist Seth. Warte mal kurz. Callie möchte mit dir reden.« Er legt eine Hand auf das Mikro und streckt mir das Handy hin. »Wag mal was!«
Ich nehme die Hände von den Hüften, wo meine Fingernägel rote Halbmonde hinterlassen haben. Als ich nach dem Telefon greife, pocht mein Puls in meinen Fingern, meinen Handgelenken und meinem Hals. Ich hebe das Gerät ans Ohr.
»Hallo«, flüstere ich leise.
»Hi«, antwortet Kayden. Er klingt erstaunt, aber nicht gleichgültig. »Wolltest du etwas Bestimmtes?«
»Ach, ich dachte nur, dass ich vielleicht … auf dein Angebot zurückkommen kann, zusammen was zu machen«, erkläre ich, und Seth wedelt mir aufmunternd mit der Hand zu. »Das muss nicht jetzt gleich sein. Später vielleicht.«
»Ich wollte gerade los und mir die Stadt ansehen«, sagt er, während ich an meinem Fingernagel knabbere. »Möchtest du mitkommen?«
Ich nicke, obwohl er mich gar nicht sehen kann. »Ja, hört sich gut an. Soll ich dich draußen treffen oder so?«
»Weißt du, wie Lukes Truck aussieht?«, fragt er.
»Ist das der verrostete, den er an der Highschool fuhr?«
»Ja, genau der. Wollen wir uns da in ungefähr zehn Minuten treffen? Er steht beim Seiteneingang zum Parkplatz.«
»Ja, gut, abgemacht.« Ich beende das Gespräch und sehe Seth böse an.
Er klatscht in die Hände und führt einen kleinen Tanz auf. »Siehst du, etwas zu wagen ist gar nicht so schlimm! Es kann sogar richtig gut werden.«
»Und wenn ich panisch werde?« Ich gebe ihm sein Handy zurück und hole eine Kapuzenjacke aus der Kommode. »Was ist, wenn ich irgendwas Komisches mache? Ich war noch nie mit einem fremden Jungen alleine.«
»Du schaffst das schon.« Er legt beide Hände auf meine Schultern und sieht mir in die Augen. »Sei einfach die Callie, die ich kenne.«
Ich ziehe den Reißverschluss meiner Jacke zu. »Okay, ich gebe mein Bestes.«
Er lacht und zieht mich an sich. »Und falls du irgendwas brauchst, kannst du mich anrufen. Ich bin immer für dich da.«
Kayden ist nicht draußen auf dem Parkplatz. Während ich bei Lukes Truck warte, beobachte ich die anderen Studenten, die über den Campus eilen, und fast fliehe ich. Als ich auf den Gehweg gehe, um zurück in mein Wohnheim zu laufen, tritt Kayden aus dem Seiteneingang des Gebäudes. Er redet mit einem Mädchen mit langen schwarzen Locken.
Kayden hat eine Jeans an, die tief auf seinen Hüften hängt, und ein langärmliges dunkelgraues Henley-Shirt. Die Art, wie er sich bewegt, ist erstaunlich. Beim Gehen schwingen seine Hüften recht stark, doch seine Schultern sind vorgebeugt, und der ganze Bauchbereich wirkt steif, als würde ihm das Laufen wehtun.
Ich gehe zum Truck zurück und warte mit verschränkten Armen. Als er mich sieht, biegen sich seine Lippen nach oben und er winkt dem anderen Mädchen zum Abschied. Ich glaube, sie ist in meinem Philosophiekurs.
»Entschuldige, dass ich zu spät bin.« Er deutet mit dem Daumen über die Schulter. »Kellie brauchte Hilfe bei einer Englisch-Aufgabe. Wartest du schon lange?«
Ich lasse meine Arme fallen, um sie gleich wieder zu verschränken, weil ich absolut nicht weiß, was ich mit ihnen machen soll. »Noch nicht allzu lange.«
Er kommt vom Gehweg, und ich weiche zurück, als er die Hand nach meiner Seite ausstreckt. Doch er greift nach der Tür, und ich entspanne mich. Rasch gehe ich zur Seite, damit er die Wagentür öffnen kann.
»Alles okay?« Die Angeln knarren, und kleine Rostflocken rieseln von den Türrändern.
Ich nicke, setze einen Fuß aufs Trittbrett und steige in den Truck. Das Kunstleder der Sitze ist rissig, piekst durch meine Jeans und kratzt an meiner Haut. Kayden schlägt die Tür zu, und ich ringe die Hände auf meinem Schoß.
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