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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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nach.
    Durch den Chor ging er, über die Vierung, durchs Schiff, flankiert von einigen Priester und Mönchen. Er brauchte sich nicht umzusehen: Seine Ohren sagten ihm, dass an die hundert Menschen hinter ihm herkamen. Er verließ die Kathedrale durch das Hauptportal.
    Draußen fuhr ihm der Schreck durch die Glieder. Auf der anderen Seite des dunklen Obstgartens plünderten Bewaffnete den erzbischöflichen Palast. Wenn die Leute mit den Plünderern aneinandergeraten, dann endet unser Kreuzzug in einer Schlägerei, noch ehe er richtig begonnen hat, dachte Philip. Von plötzlicher Angst gepackt, wandte er sich scharf nach rechts und führte die Menge durch das nächste Tor in die Stadt.
    Ein Mönch stimmte einen Hymnus an. Hinter den Fensterläden flackerten Lampenlicht und Feuerschein, doch als die Prozession näher kam, öffneten sich die Türen. Die Menschen wollten wissen, was los war. Sie fragten die Prozessionsteilnehmer. Manche marschierten gleich mit.
    Hinter einer Straßenecke erblickte Philip unvermittelt William Hamleigh.
    William stand in Begleitung einer Handvoll Ritter und Bewaffneter vor einem Pferdestall. Er hatte offenbar gerade seinen Kettenpanzer abgelegt und war im Begriff, sein Pferd zu besteigen und sich aus dem Staub zu machen. Alle blickten sie der Prozession erwartungsvoll entgegen. Sie hatten das Singen gehört und schienen sich zu fragen, was es damit auf sich hatte.
    Dann erkannte William das abgebrochene Schwert in Philips Hand, und langsam ging ihm ein Licht auf. Von furchtbarer Scheu ergriffen, brauchte er eine Weile, bis er die Sprache wiederfand. »Hört auf damit!«, rief er. »Ich befehle euch: Geht auseinander!«
    Niemand beachtete ihn. Die Männer in seiner Begleitung blickten angstvoll um sich. Gegen eine über hundertköpfige, von heiligem Zorn erfasste Trauerprozession halfen ihnen selbst ihre Schwerter nicht mehr viel.
    William wandte sich nun direkt an Philip: »Im Namen des Königs befehle ich Euch, diesem Aufruhr Einhalt zu gebieten!«
    Vorwärtsgetragen vom Druck der Masse rauschte Philip an ihm vorbei. »Zu spät, William!«, rief er ihm über die Schulter zu. »Zu spät!«
    +++
    Die kleinen Jungen waren die Ersten, die zum Richtplatz kamen.
    Sie waren schon da, auf dem Marktplatz zu Shiring, als Aliena eintraf, bewarfen die Katzen mit spitzen Steinen, piesackten die Bettler und prügelten sich untereinander. Aliena war allein und kam zu Fuß. Ein schäbiger Mantel mit Kapuze bewahrte ihr Inkognito.
    In einiger Entfernung vom Schafott blieb sie stehen. Ursprünglich hatte sie überhaupt nicht kommen wollen. Oft genug hatte sie in ihrer Eigenschaft als amtierende Gräfin von Shiring an Hinrichtungen teilnehmen müssen, und sie hätte gut und gerne darauf verzichten können, je wieder einen Menschen am Strick baumeln zu sehen. Aber bei diesem einen war es anders.
    Sie war nicht mehr amtierende Gräfin, denn ihr Bruder Richard war in Syrien ums Leben gekommen – allerdings nicht auf dem Schlachtfeld, sondern bei einem Erdbeben. Erst sechs Monate später hatte sie davon erfahren. Fünfzehn Jahre lang hatte sie ihn nicht gesehen; jetzt hatte sie die Gewissheit, dass sie ihn nie wiedersehen würde.
    Hoch oben auf der Burg öffneten sich die Tore. Unter strenger Bewachung trat der Gefangene seinen letzten Gang an. Den Abschluss des kleinen Zuges bildete der neue Graf von Shiring, Alienas Sohn Tommy.
    Da Richard kinderlos geblieben war, fiel der Grafentitel seinem Neffen zu. Der durch den Becket-Skandal erschütterte und geschwächte König hatte den Weg des geringsten Widerstands eingeschlagen und Tommy schleunigst bestätigt. Aliena hatte die Verantwortung bereitwillig an die jüngere Generation abgetreten. Was sie sich zu Beginn ihrer Regentschaft vorgenommen hatte, war inzwischen erreicht: Die Grafschaft Shiring war wieder ein blühendes, reiches Gemeinwesen, ein Land mit fetten Schafen, grünenden Feldern und emsigen Mühlen. Eine Reihe fortschrittlicher Gutsherren war Alienas Beispiel gefolgt und pflügte inzwischen mit Pferden statt mit Ochsen. Die Erträge hatten sich dank der neuen Dreifelderwirtschaft so verbessert, dass das Land inzwischen mehr Menschen ernährte als unter des alten Grafen Bartholomäus’ aufgeklärter Herrschaft. Die Ackerpferde fraßen den Hafer aus der Frühsaat.
    Dass Tommy ein guter Graf sein würde, daran hatte Aliena nicht den geringsten Zweifel. Er war für dieses Amt geboren. Jack hatte sich lange Zeit gegen diese Einsicht gesträubt und

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