Die Saeulen der Macht
Weltgeschehens einnehmen kann. «
Nie hatte jemand das Holz zum Blühen gebracht, nie in all den Jahren zuvor. Trotzdem war die Bruderschaft nicht am Ziel, trotzdem mussten die Mönche weitersuchen.
» Wenn er den Baum erwecken soll, ohne je seine Macht zu erleben « , meinte Berias, » dürfen wir den jungen Prinzen nicht wissen lassen, mit welchen Kräften er spielt. Er darf nie erfahren, wer er ist und was er vermag. Wir müssen das Geheimnis des Baumes bewahren, koste es, was es wolle. «
» Das wird nicht genügen « , sagte Ralnir leise, nicht ohne Bedauern, denn er dachte an die duftende Blume im hölzernen Leib der Sommerharfe und trauerte um das, was hätte sein können. Es war unvermeidbar, das wussten sie beide, nichtsdestotrotz lag es an ihm, dem Meister, das Offensichtliche auszusprechen. » Dies erlasse ich hier und heute als ein Gesetz des Ordens der Vier, als ein Gebot, das nicht gebrochen werden darf: Damit ein Würdigerer an seine Stelle treten kann, muss Prinz Tahan Dor Ilan sterben. «
2
M anche Tage begannen so vollkommen, wie die Nacht ausgeklungen warâ in seidenen Laken, neben ihm das goldene Haar eines Mädchens auf dem Kissen. Die Sonne, heià und gelb und nahezu im Zenit, schlang ihre Strahlen um die runden Metallornamente in den dicken Fensterscheiben. Die Sklavinnen schwatzten leise im Vorraum, und die köstlichen Düfte der Mittagsmahlzeit strömten durch den klimpernden Glasperlenvorhang.
So hätte es sein sollen, aber dieser Morgen war alles andere als vollkommen. Er begann, wie alle verfluchten Tage beginnen. Es war so früh, dass die Sonne rote Kreise in der gemusterten Scheibe glühen lieÃ. Viel zu früh. Unerträgliche Schmerzen hämmerten in Tahans Kopf. Ein pelziger Belag auf der Zunge lieà ihn Ãbles vermuten, was das Bankett letzte Nacht betrafâ er war sich nicht sicher, ob er den Krug mit Banoa weitergereicht hatte oder nicht. Falls nicht, war das hier erst der Anfang.
Mit einem Ãchzen stützte er sich auf den Ellbogen und besah sich das Schlachtfeld. Die verschwitzten Laken stanken nach Schweià und verschüttetem Banoa, das überdies schwarze Schlieren hinterlassen hatte. Ein Mädchen schnarchte leise auf seinen Seidenkissen. Ihr zerzaustes blondes Haar kräuselte sich über den von zerlaufener Schminke schwarz und blau gefärbten Wangen. Er hatte vergessen, wie sie hieÃ.
» Königliche Hoheit, Herr, bitte verzeiht. «
Jetzt sah er endlich, wer ihn geweckt hatte. Lish. Der Sklave verbeugte sich so tief, dass unter seinem kurzen, leicht gekräuselten Haar die Nackentätowierung sichtbar wurde, das Zeichen der Familie, der er gehörteâ ein langbeiniger Windhund mit Löwenpranken, das Wappen derer von Wiram.
» Warum weckst du mich um diese Zeit? «
Lish duckte sich noch tiefer, die Hände flach auf dem Boden. » Königliche Hoheit, heute ist der Königstag. Eure Eltern wünschen Eure Anwesenheit bei der BegrüÃung der fremdländischen Gäste. «
Heute? Heute war der Königstag? Tahan lieà sich mit einem Stöhnen zurück ins Bett sinken. » Du lügst, heute ist nie und nimmer der Königstag. Lass mich schlafen. Geh weg. «
» Königliche Hoheit, darf ich mich erheben? «
Tahan schloss die Augen und wünschte sich, aus dieser Welt zu verschwinden. » Meinetwegen. Ich sollte dich auspeitschen und aus deinen Hautfetzen einen Vorhang nähen lassen, der mich vor dieser unerträglichen Sonne schützt. Warum ist sie nur so verdammt hell? «
Mit weichen Schritten tappte Lish über den Teppich aus Ziegenhaar. Ein leises Plätschern des Wasserkruges. Dann näherte er sich wieder. Jedes Rascheln klang in den gereizten Ohren des Prinzen wie ein Gewitter.
» Bring mir Banoa « , verlangte er. Mit neuem Banoa bekämpfte man am besten die Auswirkungen des vorherigen Banoas.
» Königliche Hoheit « , wisperte der Sklave. » Wasser mit Biduja-Blättern gegen die Ãbelkeit und die Kopfschmerzen. «
Er sollte Lish wirklich auspeitschen lassen.
» Muss ich? « , stöhnte er.
Neben ihm regte sich das Mädchen, öffnete die riesigen grüngelben Augen. Das lange Haar floss in Wellen über ihren bloÃen Rücken. » Königstag, hm? «
» Ja « , sagte Tahan. Es hatte keinen Zweck, es länger zu leugnen. Er lieà es zu, dass ihm der Sklave den Becher
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