Die Säulen der Schöpfung - 13
anderen, noch geblieben, hatte sich das Feuer angeschaut und das Gerede gehört, hatte die angespannte Erwartung ausgekostet, die in der Menge herrschte, das Getratsche und die wilden Spekulationen.
»Sie ist eine Hexenmeisterin. Es ist mehr als unwahrscheinlich, daß eine solche Frau einem Brand zum Opfer fällt.«
In den Äußerungen seiner Mutter klang erster Argwohn durch, doch darauf war Oba vorbereitet. Er beugte sich ein wenig näher zu ihr hin.
»Als das Feuer weit genug heruntergebrannt war, haben ein paar von uns Männern Schnee darüber geworfen, damit wir über die rauchenden Trümmer ins Haus selbst klettern konnten. Drinnen fanden wir dann Latheas Gebeine.«
Oba zog einen schwarz verkohlten Fingerknochen aus seiner Hosentasche und hielt ihn seiner Mutter hin. Sie starrte auf das grausige Indiz und verschränkte die Arme, ohne es jedoch in die Hand zu nehmen. Zufrieden über den erzielten Effekt, steckte Oba das kostbare Stück wieder ein. »Sie lag mitten im Zimmer, eine Hand über ihren Kopf erhoben, als hätte sie noch versucht die Tür zu erreichen und wäre dann vom Rauch überwältigt worden. Die Männer erzählten, es sei immer der Rauch, der die Menschen zusammenbrechen läßt; anschließend verbrannten sie dann in den Flammen. Genau so muß es sich auch bei Lathea zugetragen haben. Erst hat sie der Rauch übermannt, und dann, als sie auf dem Fußboden lag. die Hand nach der Tür ausgestreckt, ist sie in den Flammen umgekommen.«
Seine Mutter funkelte ihn wütend an, sagte aber nichts. Dieses eine Mal hatte es ihr die Sprache verschlagen. Er fand jedoch, daß ihr wütender Blick kein bißchen weniger unangenehm war. Die Aggressivität, die aus diesen Augen sprach, verriet ihm, was sie dachte, Er taugte nichts, ihr kleiner Bankert.
Sie ließ verdrießlich die Arme sinken und wandte sich ab. »Ich muß wieder zurück an meine Spinnerei für Mr. Tuchmann. Und du siehst zu, daß der Boden endlich sauber wird, hast du verstanden?«
»Aber ja, Mama.«
»Außerdem tätest du gut daran, das Freßgitter in Ordnung zu bringen, bevor ich zurückkomme und feststellen muß, daß du den ganzen Tag vertrödelt hast.«
Mehrere Tage lang bearbeitete Oba den gefrorenen Mist auf dem Boden, ohne jedoch recht voranzukommen. Nach wie vor herrschte bitterkaltes Wetter, so daß der gefrorene Misthaufen eher noch härter geworden war. Sosehr er sich auch abmühte, ihn abzutragen, es schien aussichtslos, ganz so, als versuchte man, ein Stück Granitgestein mit dem Meißel zu bearbeiten. Oder das steinharte Gemüt seiner Mutter.
Natürlich waren da noch seine anderen Obliegenheiten, die er auf keinen Fall vernachlässigen durfte. Er hatte das Freßgitter repariert sowie ein gebrochenes Scharnier am Scheunentor. Er hatte die Tiere versorgt und hundert andere Kleinigkeiten erledigt.
Im Kopf jedoch, während der Arbeit, tüftelte er bereits an der Konstruktion des neuen Kamins. Er würde ihn vor die Trennwand zwischen Wohnbereich und Scheune setzen, da diese bereits existierte; in Gedanken schichtete er bereits Steine vor ihr auf, aus denen er dann die Brennkammer formen würde. Auch hatte er schon einen länglichen Stein ins Auge gefaßt, den er als Querbalken benutzen wollte, anschließend würde er alles ordnungsgemäß mit Mörtel verfugen. Wenn Oba sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, tat er alles, um es auch zu verwirklichen.
Vor seinem inneren Auge malte er sich aus, wie seine Mutter sich freuen würde, sobald sie sah, was er für sie gebaut hatte. Endlich würde sie begreifen, wie wertvoll seine Arbeit war, endlich würde er bei ihr Anerkennung finden. Doch bevor er mit dem Bau des Kamins anfangen konnte, mußte er noch verschiedene andere Arbeiten erledigen.
Irgendwann hatte sich aber dann der quälende Gedanke bei ihm festgesetzt, daß ein Mann von seiner Bedeutung seine Zeit vielleicht nicht mit einer derart niederen Arbeit verschwenden sollte. Gefrorener Dung, das schlug wohl kaum in das Fach eines Mannes, der aller Wahrscheinlichkeit nach so etwas wie ein Prinz war. Zumindest wußte er jetzt, daß er eine bedeutende Persönlichkeit war, ein Mann, in dessen Adern Rahl’sches Blut floß. ein unmittelbarer Nachkomme – der Sohn – jenes Mannes, der einst über ganz D’Hara geherrscht hatte, Darken Rahl. Vermutlich gab es keinen einzigen Menschen, der nicht irgendwann schon einmal von Darken Rahl, von Obas Vater, gehört hatte.
Früher oder später würde er seiner Mutter die Wahrheit ins Gesicht
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