Die Saga vom Dunkelelf 5 - In Acht und Bann
verbreitet. Können das auch alle Drows?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete Drizzt ehrlich. »Außerdem kann ich – oder konnte ich – schweben. Dieses Kunststück beherrschen nur die adligen Dunkelelfen. Doch ich fürchte, dass ich die Fähigkeit verloren habe oder wenigstens bald verlieren werde. Seit ich auf der Oberflächenwelt bin, läßt diese Kraft langsam nach, und auch mein Piwafwi, meine Stiefel und meine von den Dunkelelfen geschmiedeten Krummsäbel haben mir den Dienst versagt.«
»Versuch es«, schlug Montolio vor.
Drizzt konzentrierte sich einen Augenblick. Er spürte, wie er langsam leichter wurde, dann hob er vom Boden ab. Doch sobald er aufgestiegen war, kehrte sein Körpergewicht zurück, und er stand wieder. Er war nicht mehr als acht Zentimeter über dem Boden geschwebt.
»Beeindruckend«, murmelte Montolio.
Drizzt konnte nur lachen und schüttelte seine weiße Mähne. »Kann ich jetzt weiterschlafen?« fragte er und legte sich wieder hin.
Aber Montolio hatte ganz andere Pläne. Er wollte mehr über seinen Kameraden erfahren und die Grenzen von Drizzts Fähigkeiten kennenlernen, auch die Grenzen seiner Zauberkunst. Der Waldläufer hatte eine Idee, aber er musste sie vorbereiten, bevor die Sonne unterging.
»Wartet«, bat er Drizzt. »Ihr könnt Euch später noch ausruhen, nach Sonnenuntergang. Ich brauche Euch und Eure Fähigkeiten. Könnt Ihr eine Kugel aus Dunkelheit produzieren oder braucht Ihr länger, bis der Zauber wirkt?«
»Ein paar Sekunden«, antwortete Drizzt.
»Dann holt Eure Rüstung und Eure Waffen«, sagte Montolio, »und begleitet mich. Macht schnell. Ich will nicht warten, bis die Sonne untergegangen ist.«
Drizzt zuckte mit den Schultern und zog sich an, dann folgte er dem Waldläufer in den nördlichen Teil des Wäldchens. Dieser Bereich wurde nur äußerst selten betreten.
Montolio kniete sich hin und zog Drizzt zu sich hinunter. Dann deutete er auf ein kleines Loch neben einem grasbewachsenen Hügel.
»Hier wohnt ein wilder Eber«, erklärte der alte Waldläufer.
»Ich möchte ihm nichts tun, aber ich fürchte, dass ich ihm zu sehr auf den Pelz rücke. Eber sind ziemlich unberechenbar.«
Beide Männer schwiegen eine Zeitlang. Drizzt fragte sich, ob Montolio einfach warten wollte, bis der Eber herauskam. »Na, dann mal los«, sagte der Waldläufer.
Drizzt schaute ihn ungläubig an, denn er glaubte, dass Montolio von ihm erwartete, dass er schnurstracks dort hineinging und den ungebetenen und unberechenbaren Gast begrüßte.
»Nur zu«, drängte der Waldläufer. »Bringt Eure Kugel der Dunkelheit ins Spiel – direkt vor dem Loch – wenn Euch das recht ist.«
Jetzt endlich verstand Drizzt, und als er erleichtert aufatmete, musste Montolio sich auf die Lippen beißen, um nicht laut zu lachen. Einen Augenblick später verschwand der grasbewachsene Hügel in der Dunkelheit. Montolio gab Drizzt ein Zeichen, dass er auf ihn warten sollte, und lief dann hinein.
Drizzt beobachtete und lauschte angestrengt. Plötzlich hörte er mehrere hohe Schreie, und dann schrie Montolio vor Schreck. Drizzt sprang auf, stürmte hinein und stolperte beinahe über seinen Freund, der umgefallen war.
Der alte Waldläufer stöhnte und jammerte und beantwortete keinen von Drizzts Rufen. Da er den Eber nicht hören konnte, ging Drizzt zu Boden, um herauszufinden, was passiert war. Als er Montolio fand, der zusammengerollt dalag und die Hand auf die Brust preßte, schreckte er zurück.
»Montolio«, keuchte Drizzt, der glaubte, dass der alte Mann schwer verwundet war. Er beugte sich hinunter, um dem Waldläufer direkt ins Ohr zu sprechen, und richtete sich dann schneller wieder auf, als er es vorgehabt hatte, als Montolio ihm den Schild gegen den Kopf schmetterte.
»Ich bin es – Drizzt!« rief der Drow und massierte die schmerzende Stelle. Er hörte, wie Montolio vor ihm aufsprang und sein Schwert zückte.
»Natürlich seid Ihr es!« kicherte Montolio.
»Aber was ist mit dem Eber?«
»Eber?« wiederholte Montolio. »Hier gibt es keinen Eber, dummer Dunkelelf. Hier ist nie einer gewesen. Hier sind wir Gegner. Jetzt werden wir gleich ziemlich viel Spaß haben.«
Da endlich begriff Drizzt. Montolio hatte ihn manipuliert, denn er wollte, dass Drizzt keinen Sichtvorteil hatte. Montolio forderte ihn heraus, unter gleichen Bedingungen. »Die flache Seite des Schwerts!« erwiderte Drizzt, der gewillt war, mitzuspielen. Wie sehr hatte Drizzt solche Prüfungen mit Zaknafein in
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