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Die Sau und der Mörder

Die Sau und der Mörder

Titel: Die Sau und der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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Nacht
überinterpretierst. Die Zeugin fühlte sich nicht wohl, nachdem ich ihr deinen
Ziegenbock gezeigt hatte, und so habe ich ihr angeboten, bei mir zu
übernachten. Ich habe selbstverständlich auf dem Sofa geschlafen. Wenn ich
nicht ein ordentlicher Mensch wäre und schon wieder aufgeräumt hätte, könnte
ich dir noch das Bettzeug zeigen, in dem ich in Morpheus’ Armen gelegen habe .«
    Das war dünn,
aber Karin schien zufriedengestellt, denn sie erkundigte sich, ob ich am
nächsten Sonntag wieder im Bulderner Dom Orgel spielen würde. Es entwickelte
sich ein netter Smalltalk, der bis kurz nach zwölf dauerte.
    Wenn Schumann
geahnt hätte, zu wem ich gleich aufbrechen würde, hätte sie unser Gespräch mit Sicherheit
ausgedehnt. So aber verabschiedete sie sich mit einem Lächeln, bestieg die
japanische Luxuskarosse und brauste los in Richtung Ziegenfarm.
    Die
verbleibende Zeit studierte ich den Sportteil der Tageszeitung, und um Punkt
eins stand ich bei Lienen auf der Matte. Im Vorgarten war Cornelias Vater damit
beschäftigt, den Zaun zu streichen, und das am hochheiligen Sonntag.
    »Ist Ihre
Tochter zu Hause? Ich bin mit ihr verabredet«, hielt ich mich nicht mit langen
Vorreden auf.
    »Die ist im
Krankenhaus. Muss für eine Kollegin einspringen. Ich soll Ihnen das hier geben .«
    Er warf mir
einen Schlüssel zu, den ich gekonnt auffing. Offensichtlich war für ihn damit
das Gespräch beendet, denn er tunkte den Pinsel wieder in den Farbeimer und
würdigte mich keines weiteren Blickes. Ich drehte auf dem Absatz um und machte
mich auf den Weg zu Hermanns Wohnung.
     
    Dülmen hatte sich seit meinem letzten
Besuch nicht verändert. Mit Hilfe des Stadtplans war Hermanns Residenz im
Wacholderweg 17 schnell gefunden. Er bewohnte den zweiten Stock eines
dreigeschossigen Mietshauses, das vor kurzem renoviert worden war. Die
beigefarbene Gebäudewand war frisch gestrichen, und das in Weiß gehaltene
Treppenhaus ging beinah als klinisch rein durch.
    Als ich die
Wohnungstür öffnete, schlug mir ein muffiger Geruch entgegen, nicht weiter
verwunderlich, da die Fenster seit geraumer Zeit nicht geöffnet worden waren.
Zu meiner Linken lag die Küche, die ich unbeachtet passierte, genauso wie das
Schlafzimmer auf der gegenüberliegenden Seite.
    Vorbei an großformatigen
Postern aus der Serie langweilige Schlösser und Burgen marschierte ich
in den letzten Raum, das Arbeitszimmer. Nichts für den Feng-Shui-Fetischisten,
denn der Raum war voller als das Bulderner Pfarrheim bei einem
Rolling-Stones-Gratiskonzert. Ich fühlte mich wie im Lagerhaus von Amazon, denn
jede freie Stelle war mit Schmökern oder Kopien von Publikationen vollgestopft.
In dem Chaos versuchte sich ein schmaler Schreibtisch zu behaupten, auf dem
immerhin noch ein Desktop mit 19-Zoll-Flatscreen und ein Drucker Platz fanden.
    Die
Schubladen auf der rechten Seite weckten mein Interesse. Die erste Lade
enthielt weißes Papier und Druckerpatronen. Die zweite Schublade war bis auf
eine tote Spinne leer. Das dritte Fach war noch leerer als das zweite.
    Bei dem
geringen vorhandenen Stauraum waren die beiden Schubladen mit Sicherheit nicht
als Friedhof für Wandkrabbler konzipiert worden. Offensichtlich hatte jemand
den Inhalt verschwinden lassen. Das wiederum sprach für Xtras Theorie, dass
Grutz belastendes Material gesammelt hatte.
    Die folgende
Razzia förderte weder Manuskripte der bereits veröffentlichten Bücher noch des
neuen Romans zutage; auch fand ich nicht einen Hinweis auf kriminelle
Machenschaften im Dülmener Hospital.
    Also die
On-Taste des PCs gedrückt und mich freundlich von Windows Vista begrüßen
lassen. Weiter kam ich nicht, da die Kiste unverschämterweise ein Passwort
verlangte. Nach einigen Fehlversuchen gab ich auf, es war sinnlos. Bei nächster
Gelegenheit musste ich Connie nach dem Ticket zu Hermanns Gedankenwelt fragen.
    Übelst
gelaunt verließ ich das Arbeitszimmer und durchforstete das Schlafgemach, das
in luftigem Blau gehalten war. Im Schrank waren ausschließlich Kleidungsstücke, unter dem Bett ausschließlich Staub. Die letzte
Chance auf einen erfolgreichen Nachmittag bot mir der Nachttisch, der durch ein
Schloss gesichert war. Mit Hilfe des vorsorglich eingesteckten Dietrichs
knackte ich den Verschluss in einer Zeit, die Carl Lewis zu seinen besten
Zeiten für die Hundert-Meter-Distanz benötigt hatte. Unter einer
Billy-Boy-Packung der Sorte Kirschgeschmack mit Noppen stapelten sich Hunderte
engbeschriebene Seiten. Beim

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