Die Sau und der Mörder
halbe
Hähnchen, bei denen das Fleisch knuspriger war als die Haut, bis hin zu Püree
aus ungeschälten Kartoffeln. Nur der Nachtisch war stets ein Highlight gewesen,
denn da gab es Mousse au Chocolat aus dem Supermarkt.
Nichtsdestotrotz
verputzte ich den ganzen Teller, schließlich hatte ich seit ungefähr Ostern nichts mehr gegessen.
»Sei mir
nicht böse, Tine, aber ich muss wieder ins Bett«, schilderte ich in bunten
Farben die vergangenen Stunden. Frau Klimke zog zwar einen Flunsch, hatte aber
nach meiner Erzählung keine gewichtigen Gründe, meine Bitte zu verweigern. Ich
führte sie kurz durch die Räumlichkeiten und versorgte sie mit frischem
Bettzeug, dann wünschten wir eine Gute Nacht, und das Bett hatte mich wieder.
Den ersten
potentiellen »Wir quatschen über alte Zeiten«-Abend hatte ich somit vermieden,
ein durchaus gewünschter Nebeneffekt. Erschöpft schlief ich ein.
Um Mitternacht wachte ich auf;
Kaffeedurst. Als ich sicher war, dass Bettina nicht mehr auf den Beinen war,
stiefelte ich in die Küche und setzte Kaffee auf.
Es hatte
aufgehört zu schneien, aber während des Schönheitsschlafs war noch einiges an
Schnee gefallen, denn das Mondlicht offenbarte draußen einen schimmernden weißen
Teppich.
Mit der
gefüllten Gary-Larson-Tasse ließ ich mich vor dem Kamin nieder und aktivierte
die grauen Zellen: Vor genau einer Woche hatte ich einen auf den ersten Blick
harmlosen Fall übernommen, der langsam, aber sicher in ein Massaker ausartete. Vier
Tote in dieser kurzen Zeit waren für Chicago vielleicht normal, nicht jedoch
fürs Münsterland. Anfänglich sollte ich nur Hermanns Selbstmord untersuchen,
weil seine Dichterkollegen einen Mord vermuteten. Sie hatten wohl recht gehabt.
Mein Auftraggeber Anton Vaginowski alias Xtra Vaganz hatte von Schweinereien im
Dülmener Elisabeth-Krankenhaus berichtet, denen Hermann auf der Spur gewesen
war, und es deutete sich an, dass er richtig lag. Es bestand wenig Zweifel,
dass Müller und Konsorten Grutz auf dem Gewissen hatten.
Mehr
Kopfzerbrechen bereitete mir Opfer Nummer zwei, Cornelia Lienen. Sie passte
insofern in die Geschichte, als sie Hermanns Freundin gewesen war. Vielleicht
hatte Grutz sie eingeweiht, die Mörder wollten auf Nummer sicher gehen und
hatten auch sie kurzerhand beseitigt. Wenn man von der Theorie ausging, dass
Hermann dunkle Geschäfte aufgedeckt und Connie darüber unterrichtet hatte,
waren die beiden Morde logisch verkettet. Andererseits hatte Cornelia beteuert,
dass sie nichts von kriminellen Machenschaften bei ihrem Arbeitgeber wusste,
und ich sah derzeit keinen Grund, warum sie hätte lügen sollen.
Jetzt kamen
die nächsten Leichen ins Spiel, Egon und Claude. Während der nächtlichen
Verfolgungsjagd war ich sicher gewesen, dass der Fall aufgeklärt war, doch dann
hatte ein gewisser Kasimir Hollek die beiden weggeblasen und war abgehauen.
Wer war der
Kerl? War er wirklich ein Schnüffler oder verfolgte er andere Ziele? Was hatten
Egons letzte Worte »dieses Schwein Kinker« zu bedeuten? Wieso hatte Hollek die
beiden erledigt?
Fragen über
Fragen, jetzt galt es, Antworten zu finden. Ich kannte das Autokennzeichen von
Holleks Wagen und den Namen des Arztes, der in die kriminellen Geschäfte
verwickelt war. Ferner hatte ich den Namen »Kinker«, mit dem sich vielleicht
etwas anfangen ließ.
Ich kippte
den letzten Schluck Kaffee runter und schlich wieder ins Bettchen, bevor
Bettina auftauchte. Das letzte Bild vorm Einschlafen war Connie, die
blutverschmiert in der Wanne lag. Entsprechend angenehm waren meine Träume.
16
K önnten Sie mir den Halter des
Fahrzeugs mit dem Coesfelder Kennzeichen >DN-32< nennen ?«
Nach einem
ausgiebigen Frühstück — Tine hatte in aller Herrgottsfrühe Brötchen besorgt —
und einem kurzweiligen Plausch mit der Verflossenen nebst Instruktionen für den
Tag — Tiere füttern, Ställe ausmisten, Schnee schippen — hatte ich beim
Straßenverkehrsamt angerufen. Nach unzähligen »ich verbinde Sie weiter, bitten
warten Sie« war ich endlich bei der zuständigen Dame gelandet.
»Wir sind
nicht befugt, derartige Auskünfte zu geben .«
»Ich habe
gestern beim Einparken das Rücklicht dieses Wagens beschädigt. Leider hatte ich
keinen Zettel zur Hand, um dem Fahrer meine Adresse zu hinterlassen. Als ich
später zurückgekommen bin, um das Versäumte nachzuholen, war der PKW
verschwunden. Es war zwar nur ein geringer Schaden, aber nichtsdestotrotz
möchte ich ihn
Weitere Kostenlose Bücher