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Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey: Aus dem Leben einer Familienpsychologin (German Edition)

Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey: Aus dem Leben einer Familienpsychologin (German Edition)

Titel: Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey: Aus dem Leben einer Familienpsychologin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Seeberg
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sie sonst nie!«
    Lisa funkelte ihn an und schrie: »Ja, weil die Frau Seeberg mir zuhört und mich versteht. Du aber nicht! Dich interessiert doch überhaupt nicht, wie es mir geht oder was ich will. Das war dir schon immer egal! Du tust nur gern vor anderen so, als wärst du ein toller Vater! Dabei bist du so … gemein!«
    Sie sprang auf und rannte aus dem Zimmer.
    Herr Hofmann stand ebenfalls auf. »Ich werde mich über Sie beschweren, da können Sie sich aber mal ganz schnell einen Job als Kassiererin suchen. Als Psychologin bekommen Sie keinen Fuß mehr auf den Boden, das schwöre ich Ihnen. Dafür sorge ich. Meine Tochter bleibt bei mir. Daran werden Sie ganz sicher nichts ändern. Und jetzt verlassen Sie sofort mein Haus und lassen sich hier nie wieder blicken!«
    Das war tatsächlich das erste und einzige Mal, dass ich eines Hauses verwiesen wurde.
    Ich bedauerte sehr, dass ich mich nicht mehr von Lisa verabschieden konnte. Und ich fühlte mich recht hilflos. Hatte ich ihr jetzt womöglich mehr geschadet, als ihr zu helfen? Wenn es nun doch keine Möglichkeit gab, sie bei Familie Roth unterzubringen, dann hatte ich ihr das Leben bei ihrem Vater eventuell noch schwerer gemacht.
    Ich fuhr mit einem Knoten im Magen und vielen Grübeleien im Kopf nach Hause.
    Noch unterwegs erreichte mich ein Anruf des Richters. Herr Hofmann hatte sich bei ihm beschwert und angekündigt, mich wegen Befangenheit abzulehnen. Der Richter ließ zwar durchblicken, dass er Herrn Hofmann nicht glaubte, dass ich mich so unprofessionell verhalten hatte, wie dieser es geschildert hatte, einen Befangenheitsantrag musste er selbstverständlich dennoch prüfen. Davon abgesehen, dass mir das alles sehr unangenehm war, bedeutete das für Lisa durch die längere Verfahrensdauer noch mehr Zeit in Hamburg. Ich war ein wenig mutlos und dachte mir, dass es vielleicht ganz egal wäre, weil sie ohnehin bei ihrem Vater würde bleiben müssen. Er war unsensibel und hatte noch keine wirkliche Beziehung zu Lisa aufbauen können, aber das alleine war (leider) kein Grund, ihm die elterliche Sorge zu entziehen.
     
    Ich schlief schlecht in dieser Nacht und hatte das getan, was man »einen Fall mit nach Hause nehmen« nennt. Lisa ging mir nicht mehr aus dem Kopf.
    Am späten Vormittag rief Frau Ehring an.
    »Frau Seeberg!«, schrie sie ins Telefon. »Dieses Mädchen ist einfach unglaublich!«
    »Hallo, Frau Ehring, sprechen sie von Lisa?«
    »Ja, klar! Von wem denn sonst?!«
    »Was ist mit ihr?« Wäre Frau Ehrings aufgekratzter Tonfall nicht gewesen, hätte ich mir sofort Sorgen gemacht. Aber sie klang nicht so, als müsste ich das.
    Musste ich tatsächlich nicht.
    Lisa hatte ihr Schicksal selbst in die Hand genommen.
    Sie hatte ihrem Vater einen langen Brief geschrieben. Dann hatte sie ihre Sachen gepackt und war in den frühen Morgenstunden mit Josef zum Bahnhof gelaufen. Sie hatte sich ein Ticket gekauft und noch vom Bahnsteig aus Frau Roth Bescheid gesagt, dass sie auf dem Weg sei und nicht vorhabe, jemals wieder nach Hamburg zurückzugehen. Danach hatte sie selbst bei Frau Ehring angerufen und ihr berichtet, dass sie nun schon im Zug sitze und sich auf keinen Fall dazu überreden lassen werde, wieder zu ihrem Vater zurückzugehen. »Wenn mich der Richter zwingt, dann laufe ich wieder weg. Immer wieder. So lange, bis mein Vater und alle anderen verstanden haben, dass ich das nicht will.«
    Herr Hofmann hatte sich auch schon gemeldet. Bei Gericht und auch beim Jugendamt. Er hatte mich beschuldigt, Lisa dazu überredet zu haben, wegzulaufen, und erklärt, er werde nun die Polizei anrufen, damit sie Lisa aus dem Zug hole und wieder nach Hamburg zurückbringe.
    Da hatte dann wohl Frau Ehring einige sehr offene Worte mit ihm gewechselt.
    Später erzählte sie mir, dass sie in diesem Gespräch durchaus nicht immer professionell geblieben war. »Ganz ehrlich, wenn der Herr Hofmann dieses Gespräch aufgezeichnet hätte, ich glaube, das hätte mich meinen Job gekostet. Aber darüber habe ich in dem Moment nicht nachgedacht. Ich war viel zu wütend. Und ich fand, dass diesem Menschen mal ganz dringend jemand die Meinung sagen müsste! Und es hat ja auch geholfen!«
    Ja, das hatte es.
    Herr Hofmann ließ am Abend durch seinen Anwalt erklären, dass er »angesichts der unguten Entwicklung und der Front bestehend aus Sachverständiger, Jugendamt und Gericht, die gegen ihn aufgebaut worden sei« seiner Tochter erlauben werde, bis auf weiteres bei der Familie Roth zu

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