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Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey: Aus dem Leben einer Familienpsychologin (German Edition)

Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey: Aus dem Leben einer Familienpsychologin (German Edition)

Titel: Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey: Aus dem Leben einer Familienpsychologin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Seeberg
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Beziehung zu den Mädchen zu vergiften. Das ist jetzt für Lisa nicht einfach.«
    Auf meine Frage, ob er sich vorstellen könnte, darüber nachzudenken, Lisas Wunsch zu entsprechen und sie zur Familie Roth ziehen zu lassen, antwortete er: »Ich habe darüber nachgedacht und bin zu einem eindeutigen Ergebnis gekommen. Das kommt nicht in Frage. Sie ist meine Tochter, ich habe ein Haus, ein Zimmer für sie, alles ist da. Es gibt keinen Grund dafür, dass sie woanders wohnt als bei mir.«
     
    Als ich Lisa zum Gespräch dazugeholt hatte, wiederholte Herr Hofmann, was er mir im Einzelgespräch schon gesagt hatte.
    »Ich denke, wenn Lisa erst einmal bei mir ist, wird es ihr leichter fallen. In Hamburg gibt es eine sehr gute Schule, ich hab sie schon im Hockeyverein angemeldet, und wenn sie ihren Hund dabeihat, lebt sie sich bestimmt schnell ein.«
    Lisa sah ihren Vater von der Seite an und sagte leise: »Ich bin hier.«
    »Wie bitte?« Herr Hofmann war verwirrt.
    »Ich bin hier. Du redest von mir, als wäre ich nicht da.«
    »Ach, Lisachen, das hast du falsch verstanden. Ich habe eben gerade mit Frau Seeberg gesprochen, damit sie versteht, dass es für dich nicht so schlimm werden wird, wie jetzt alle denken.«
    »Ich möchte aber bei Frau Roth bleiben. Bitte.«
    »Schau, Lisa, ich bin dein Vater, und du gehörst zu mir. Du kannst Frau Roth ja besuchen.«
    »Aber ich möchte …«
    »Und du bist jetzt sowieso zu verwirrt und traurig, um so etwas zu entscheiden.« Er wuschelte Lisa durch die Locken. »Dafür hat ein Kind ja Eltern. Damit die Entscheidungen treffen. Du weißt ja gar nicht, was jetzt gut für dich ist.«
    Lisa fuhr sich fahrig durch die Haare.
    »Papa, ich weiß sehr wohl, was gut für mich ist. Du kennst mich doch gar nicht.«
    »Umso wichtiger ist es, dass wir uns endlich wieder näherkommen.«
    Mir wurde klar, dass sich Herr Hofmann auf keine Kompromisse einlassen würde. Er wollte Lisa mit nach Hamburg nehmen und würde das auch tun.
    Ich fand zwar, dass er deutlich über Lisas Bedürfnisse hinwegging und sich im Verhalten ihr gegenüber wenig bis gar nicht feinfühlig zeigte. Es war also zu erwarten, dass Lisa bei ihm in Hamburg nicht glücklich werden würde, aber das allein würde niemals ausreichen, um Lisas Wunsch zu erfüllen.
    Dass etwas nicht schlimm genug ist, um eine Änderung im Sinne eines Kindes herbeizuführen, ist je nach Fall für mich mehr oder weniger gut auszuhalten.
    Lisa tat mir so leid, und ich bewunderte ihre Stärke und auch ihren Mut. Auch wenn sie kein gutes Verhältnis zu ihrem Vater hatte, war es dennoch sicher nicht einfach, ihm zu sagen, dass sie lieber bei ihrer Nachbarin wohnen wollte als bei ihm.
    Dazu kam, dass ich tatsächlich besorgt war. Sie war gerade dreizehn Jahre alt, hatte plötzlich ihre Mutter verloren und sollte nun in eine fremde Stadt zu ihrem Vater, mit dem sie nicht gut zurechtkam, und dessen neuer Frau und deren Kindern. Ich war mir ziemlich sicher, dass Herr Hofmann es nicht schaffen würde, ein gutes Verhältnis zu seiner Tochter aufzubauen. Dazu war er meiner Ansicht nach zu unsensibel.
     
    Dennoch wurde beim nächsten Gerichtstermin beschlossen, dass Lisa mit ihrem Vater nach Hamburg gehen würde. Frau Ehring gelang es aber, dafür zu sorgen, dass die Begutachtung fortgeführt werden sollte. Immerhin.
    Herr Hofmann empfand dies als Unverschämtheit, musste sich aber schließlich damit arrangieren. Frau Ehring warf ein, dass er sich doch über das Gutachten freuen könne, denn danach hätte er ja schwarz auf weiß und von einer Sachverständigen unterschrieben, dass es Lisa bei ihm gutgehe. Darauf wusste er nichts zu erwidern.
    Als Lisa mitgeteilt wurde, dass sie zumindest für die nächsten Wochen mit ihrem Vater nach Hamburg gehen müsse, zeigte sie kaum eine Regung. Sie nickte nur. Und gefiel mir dabei gar nicht.
    Es lag weniger ein Einverständnis in diesem Nicken als vielmehr Resignation und Kraftlosigkeit.
    Lisa hatte den Mut gehabt zu sagen, was sie sich wünschte. Erfolglos. Sogar das Gericht sagte, dass sie zumindest erst einmal mit ihrem Vater mitkommen muss.
    Generell ist das natürlich richtig, aber in diesem speziellen Einzelfall fand ich es einfach nur frustrierend. Und falsch.
     
    Ich sah Lisa drei Wochen später in Hamburg wieder.
    Nachdem ich mit ihrem Vater gesprochen hatte, der mir geschildert hatte, dass alles in bester Ordnung und die weitere Begutachtung komplett unnötig sei, sprach ich mit Lisa in ihrem Zimmer.
    Es war ein

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