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Die Schale der Winde

Die Schale der Winde

Titel: Die Schale der Winde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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er Aiel-Eindringlinge nach Tear brachte.«
    »Ich habe die Prophezeiungen des Drachen gelesen«, sagte Rand, beugte sich auf dem Hals des Kastanienbraunen vor und trieb das Tier vorwärts. Das Pferd wies edlen Glanz auf, aber nicht mehr Tiefgang als sein Reiter, vermutete Min. »Der Stein mußte fallen, bevor er Callandor an sich nehmen konnte«, fuhr Rand fort. »Wie ich gehört habe, folgen ihm andere tairenische Herren.«
    Darlin schnaubte. »Sie katzbuckeln und lecken ihm die Stiefel! Ich hätte ihm folgen können, wenn er das gewollt hätte, wenn...« Er schüttelte seufzend den Kopf. »Zu viele offene Fragen, Tomas. Es gibt in Tear ein Sprichwort: › Jeder Streit kann vergeben werden, aber Könige vergessen niemals.‹ Tear wurde seit Artur Falkenflügel von keinem König mehr regiert, aber ich glaube, daß der Wiedergeborene Drache einem König sehr ähnlich ist. Nein, er hat mich des Verrats bezichtigt, wie er es nennt und ich muß weitermachen, wie ich angefangen habe. Wenn es dem Licht gefallt, werde ich Tear noch einmal auf seinem eigenen Land unumschränkt erleben, bevor ich sterbe.«
    Es mußte das Werk des Ta'veren sein, erkannte Min. Der Mann hätte niemals so mit jemandem gesprochen, dem er zufällig begegnet war, auch wenn er vermutlich Caraline Damodreds Cousin war. Aber was dachte Rand? Sie konnte es kaum erwarten, ihm von der Krone zu erzählen.
    Als sie den Hügelkamm erreichten, trafen sie plötzlich auf eine Ansammlung Speerträger, von denen einige verbeulte Brustharnische oder Helme trugen - die meisten aber ohne beides -und sich verbeugten, sobald sie der Gesellschaft ansichtig wurden. Min konnte zu ihrer Linken und Rechten durch die Bäume weitere Gruppen von Wächtern sehen. Unterhalb erstreckte sich das Lager in einem Staubschleier einen fast unbestandenen Hang, das Hügeltal entlang und den nächsten Hügel hinauf. Jedes der wenigen Zelte war groß und wies das Banner eines Adligen auf, das schlaff an einem Stab über der Zeltspitze hing. Fast ebenso viele Pferde standen an Pflockleinen angebunden, wie sich Menschen im Lager befanden, und Tausende von Männern und eine Handvoll Frauen schritten zwischen den Herdfeuern und den Wagen einher. Niemand jubelte, als ihre Anführer ins Lager ritten.
    Min betrachtete sie über das Taschentuch hinweg, das sie zum Schutz vor dem Staub an ihre Nase preßte, ohne sich darum zu kümmern, ob Caraline sah, was sie tat. Entmutigte Gesichter beobachteten ihr Vorüberziehen, und grimmige Gesichter von Menschen, die wußten, daß sie in der Falle saßen. Hier und da ragte der Con eines Hauses starr über dem Kopf eines Mannes auf, aber die meisten schienen zu tragen, was immer sie finden konnten, zusammengestückelte Rüstungsteile, die häufig weder zusammenpaß-ten noch gut saßen. Eine beachtliche Anzahl Männer jedoch, die für Cairhiener zu groß waren, trugen rote Jacken unter ihren verbeulten Brustpanzern. Min erspähte einen fast verborgenen weißen Löwen auf einem schmutzigen roten Ärmel. Darlin konnte auf einem Großboot nur wenige Leute mitgenommen haben, vielleicht nicht mehr als seine Jagdgesellschaft. Caraline blickte stur geradeaus, während sie durch das Lager ritten, aber wann immer sie sich jenen Männern in den roten Jacken näherten, preßte sie die Lippen zusammen.
    Darlin stieg vor einem riesigen Zelt ab, dem größten, das Min jemals gesehen hatte, größer, als sie es sich hätte vorstellen können, ein großes, rot gestreiftes Oval, das im Sonnenlicht wie Seide schimmerte, mit nicht weniger als vier hohen konischen Spitzen, über deren jeder sich die Aufgehende Sonne von Cairhien, Gold auf Blau, in einer milden Brise regte. Harfenklänge schwebten durch das Stimmengemurmel heran. Darlin bot Caraline seinen Arm, während Diener die Pferde davonführten. Nach sehr langem Zögern legte sie ihre Finger vollkommen ausdruckslos leicht auf sein Handgelenk und ließ sich von ihm ins Zelt geleiten.
    »Meine Gattin?« murmelte Rand lächelnd und streckte den Arm aus.
    Min rümpfte die Nase und legte ihre Hand auf seine. Sie hätte ihn am liebsten geschlagen. Er hatte kein Recht, sich über sie lustig zu machen. Er hatte kein Recht, sie hierher zu bringen, Ta'veren oder nicht Ta'veren. E r könnte hier getötet werden, verdammter Kerl! Aber kümmerte es ihn, wenn sie den Rest ihres Lebens um ihn trauernd verbrachte? Sie berührte den gestreiften Zelteingang, während sie hineingingen, und schüttelte daraufhin verwundert den Kopf. Es war

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