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Die Schale der Winde

Die Schale der Winde

Titel: Die Schale der Winde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Ende der silbrigen Koppel machte einen kleinen Schritt vorwärts, und das Fuchskopf-Medaillon an Mats Brust kühlte ab.
    Die Straße brach unter der Spitze des Ebou Dari-Ansturms plötzlich auf, und Pflastersteine und Menschen und Pferde flogen mit ohrenbetäubendem Brüllen durch die Luft. Die Erschütterung warf Mat flach auf den Rücken, oder vielleicht geschah es auch dadurch, daß der Boden unter seinen Füßen aufsprang. Er zog sich gerade rechtzeitig hoch, um ein Gasthaus auf der anderen Straßenseite jäh in einer Staubwolke einstürzen zu sehen, so daß die Innenräume freigelegt wurden.
    Rund um eine Öffnung im Boden, die halb so breit wie die Straße war, lagen überall Menschen und Pferde oder Teile davon, und wer noch lebte, schlug um sich. Schreie der Verwundeten erfüllten die Luft. Weniger als die Hälfte der Ebou Dari kam taumelnd, benommen und strauchelnd auf die Füße. Einige ergriffen zitternd die Zügel von Pferden, mühten sich in die Sättel und trieben die Tiere zu einem Trab an. Andere liefen zu Fuß davon. Alle wollten fort von den Seanchanern. Stahl konnten sie trotzen, aber dem nicht.
    Mat erkannte, daß Davonlaufen im Moment eine ausgesprochen gute Idee war. Ein Blick zurück die Gasse hinab zeigte ihm Staub und Schutt in mindestens einem Stockwerk Höhe. Er rannte vor den fliehenden Ebou Dari die Straße hinab, hielt sich so nahe an den Mauern wie möglich und hoffte, daß keiner der Seanchaner ihn für einen von Tylins Soldaten hielt. Er hätte niemals eine grüne Jacke tragen sollen.
    Die Sul'dam war offensichtlich noch nicht zufrieden. Der Fuchskopf kühlte erneut ab, und ein weiteres Dröhnen warf ihn erneut aufs Pflaster, das ihm entgegenkam. Er hörte durch das Klingen in seinen Ohren hindurch Mauerwerk ächzen. Die weiß verputzte Ziegel wand über ihm begann sich nach außen zu neigen. »Was ist aus meinem verdammten Glück geworden?« schrie er. Und dann hatte er gerade noch genug Zeit, um zu erkennen, wie Ziegelsteine und Balken so heftig auf ihn herniederprasselten, daß die Würfel in seinem Kopf einfach anhielten.

KAPITEL 8
    Speere
    Berge stiegen rund um Galina Casban auf, oder eher hohe Hügel hinter voraus liegenden schneebedeckten Gipfeln, hinter denen wiederum höhere Gipfel lagen, aber sie sah in Wahrheit nichts von alledem. Die Steine des Hangs schmerzten an ihren bloßen Füßen. Sie keuchte, und ihre Lungen litten bereits. Die Sonne brannte über ihr wie schon scheinbar endlose Tage lang, brannte den Schweiß in Strömen aus ihr heraus. Alles andere als einen Fuß vor den anderen zu setzen, schien zuviel für sie. Seltsam, daß ihr Mund trotz all des aus ihr hervorströmenden Schweißes trocken war.
    Sie war noch keine neunzig Jahre Aes Sedai, ihr langes, schwarzes Haar noch von Grau unberührt, aber sie war seit fast zwanzig Jahren das Oberhaupt der Roten Ajah - von den anderen Roten Schwestern inoffiziell die Höchste genannt und von Roten als dem Amyrlin-Sitz gleichgestellt angesehen -, und nur während fünf dieser Jahre, in denen sie die Stola trug, hatte sie in Wahrheit der Schwarzen Ajah angehört. Nicht unter Ausschluß ihrer Pflichten als Rote, sondern darüber hinaus. Ihr Platz im Höchsten Konzil der Schwarzen Ajah befand sich neben Alviarin selbst, und sie war eine der einzigen Drei, die den Namen der Frau kannten, die ihre verdeckten Treffen leitete. Sie konnte bei jenen Treffen jeden Namen aussprechen - auch den eines Königs - und wissen, daß der Name einem Toten gehörte. Es war geschehen, bei einem König und einer Königin. Sie hatte geholfen, zwei Amyrlins zugrunde zu richten, hatte zweimal geholfen, die mächtigste Frau der Welt in eine schreiende Wahnsinnige zu verwandeln, die bestrebt war, alles zu erzählen, was sie wußte, hatte geholfen, es so aussehen zu lassen, als wäre eine von ihnen im Schlaf gestorben, und hatte dafür gesorgt, daß die andere abgesetzt und gedämpft wurde. Solche Dinge waren eine Pflicht, wie auch die Notwendigkeit, Männer, welche die Macht lenken konnten, auszurotten, Handlungen, an denen sie über den Umstand hinaus, daß diese Aufgaben gut ausgeführt wurden, keine Freude hatte, aber es hatte ihr durchaus Vergnügen bereitet, den Zirkel zu leiten, der Siuan Sanche gedämpft hatte. All diese Dinge bedeuteten gewiß, daß Galina Casban selbst zu den Mächtigsten der Welt gehörte, zu den Allermächtigsten. Sicher war es so. Es mußte so sein.
    Ihre Beine zitterten wie ungespannte Federn, und sie fiel schwer hin,

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