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Die Schale der Winde

Die Schale der Winde

Titel: Die Schale der Winde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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konnte sich mit den fest hinter ihrem Rücken gefesselten Armen und Ellbogen nicht abfangen. Das einst weiße Seidenhemd, das einzige ihr verbliebene Kleidungsstück, riß erneut, als sie auf den losen Steinen entlangglitt, die über ihre Striemen schabten. Ein Baum hielt sie auf. Das Gesicht auf den Boden gepreßt, begann sie zu schluchzen. »Wie?« stöhnte sie mit belegter Stimme. »Wie kann mir dies geschehen?«
    Nach einiger Zeit erkannte sie, daß sie nicht wieder hochgezogen worden war. Ungeachtet dessen, wie häufig sie hinfiel, hatte man ihr niemals zuvor auch nur einen Moment Aufschub gestattet. Sie blinzelte die Tränen fort und hob den Kopf.
    Aielfrauen bedeckten den Hang, mehrere Hundert von ihnen standen mit ihren Speeren unter den kahlen Bäumen verstreut, und die Schleier, mit denen sie jeden Moment ihr Antlitz verbergen konnten, hingen über ihren Brüsten. Galina verspürte das Bedürfnis zu lachen. Töchter des Speers. Sie nannten diese gräßlichen Frauen Töchter des Speers. Sie wünschte, sie könnte lachen. Zumindest waren keine Männer anwesend, eine geringe Gnade. Männer ließen ihre Haut kribbeln, und wenn sie jetzt ein Mann sehen könnte, nicht einmal halbwegs bekleidet...
    Ihr Blick suchte angespannt Therava, aber die meisten der ungefähr siebzig Weisen Frauen standen zusammen und beobachteten etwas, das weiter den Hügel hinauf geschah, wobei sie ihr die Sicht versperrten. Stimmengemurmel drang zu ihr. Vielleicht berieten die Weisen Frauen etwas. Weise Frauen. Sie hatten sie mit unmenschlicher Tüchtigkeit die richtigen Namen gelehrt. Sie konnten die Verachtung riechen, wie sehr sie diese auch zu verbergen versuchte. Natürlich brauchte man nichts zu verbergen, was aus einem herausgebrannt wurde.
    Die meisten der Weisen Frauen schauten fort, aber nicht alle. Das Schimmern Saidars umgab eine junge, rothaarige Frau mit einem hübschen Mund, die Galina mit großen, aufmerksamen blauen Augen beobachtete. Vielleicht als Zeichen ihrer eigenen Verachtung hatten sie die Schwächste unter ihnen auserkoren, sie diesen Morgen abzuschirmen. Micara war nicht wirklich schwach im Gebrauch der Macht - keine von ihnen war es -, aber obwohl Micara sich sehr bemühte, hätte Galina ihren Schild ohne große Anstrengung durchbrechen können. Ein Muskel an Galinas Wange zuckte unkontrolliert. Das geschah stets, wenn sie an einen weiteren Fluchtversuch dachte. Der erste war schon schlimm genug verlaufen. Der zweite... Sie erschauderte und kämpfte gegen ein weiteres aufkommendes Schluchzen an. Sie würde keinen Versuch mehr unternehmen, bis sie sich nicht eines vollkommenen Erfolges sicher sein konnte. Sehr sicher. Vollkommen sicher.
    Die Menge der Weisen Frauen teilte sich und wandte sich dann um, um Therava mit ihren Blicken zu folgen, während die Frau mit dem Adlergesicht auf Galina zuschritt. Galina keuchte und versuchte aufzustehen. Die Hände gefesselt, die Muskeln schlaff, gelang es ihr nur, sich auf die Knie aufzurichten, bis Therava sich über sie beugte, wobei ihre Halsketten aus Elfenbein und Gold leise klimperten. Therava ergriff eine Handvoll von Galinas Haar und zwang ihren Kopf scharf nach hinten. Sie drehte Galinas Hals schmerzhaft so weit, daß diese der Weisen Frau ins Gesicht sehen konnte. Therava war um einiges stärker in der Macht als sie, was für verhältnismäßig wenige Frauen galt, aber nicht das ließ Galina zittern. Kalte tiefblaue Augen stachen in ihre, hielten sie fester als Theravas grobe Hand. Sie schienen ihre Seele genauso leicht bloßzulegen, wie Therava mit ihr umging. Sie hatte bisher nicht gebettelt, nicht als sie sie den ganzen Tag ohne Wasser umhergehen ließen, nicht als sie sie zwangen, Schritt zu halten, während sie stundenlang liefen, nicht einmal als ihre Gerten sie aufheulen ließen. Theravas grausames, hartes Gesicht, das ungeduldig auf sie herabsah, erweckte in ihr jedoch den Wunsch zu betteln. Manchmal wachte sie nachts auf, zwischen den vier Pfosten ausgestreckt, an denen sie sie festbanden, erwachte wimmernd aus Träumen, daß ihr ganzes Leben unter Theravas Aufsicht ablaufen würde.
    »Sie bricht bereits zusammen«, sagte die Weise Frau mit felsenharter Stimme. »Tränkt sie und bringt sie mit.« Während sie sich ab wandte und ihre Stola richtete, war Galina Casban bereits vergessen, bis sie sich wieder an sie erinnern müßte. Für Therava war Galina Casban unwichtiger als ein streunender Hund.
    Galina versuchte nicht aufzustehen. Sie war inzwischen

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