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Die Schale der Winde

Die Schale der Winde

Titel: Die Schale der Winde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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von Aes Sedai - nein, es war ein Heer Weißmäntel -, daß Pedron Niall tot sei und die Kinder ihn rächen wollten, wobei aber nicht ganz klar war, warum in Ebou Dar. Bei all diesen umgehenden Gerüchten hätte man glauben können, die Stadt wäre vollkommen in Panik, aber tatsächlich glaubten selbst jene, die eine Geschichte erzählten, sie üblicherweise nur halbwegs. So hörte er allen möglichen Unsinn, aber kein Wort über einen Jungen in einer roten Jacke.
    Wenige Straßen vom Fluß entfernt hörte er den ersten Donner, ein gewaltiges hohles Dröhnen, das vom Meer heranzurollen schien. Menschen schauten neugierig in den wolkenlosen Himmel, kratzten sich den Kopf und wandten sich wieder ihrer Beschäftigung zu. Mat tat es ihnen gleich und befragte jeden Verkäufer von Süßigkeiten oder Obst, dem er begegnete, und jede hübsche Fußgängerin. Alles vergeblich. Er erreichte den langen Steinkai, der die gesamte Länge der Flußseite der Stadt entlang verlief, hielt inne und betrachtete die grauen, sich in den Fluß erstreckenden Docks und die an ihnen vertäuten Schiffe. Der Wind blies stark, ließ die Schiffe an ihren Halteseilen zerren und sich, trotz der als Puffer dazwischen hängenden, mit Baumwolle gefüllten Säcke, an den Steindocks reiben. Anders als Pferde interessierten Schiffe Olver außer als Beförderungsmittel von einem Ort zum anderen nicht, und Schiffe waren in Ebou Dar Männersache, auch wenn das für ihre Ladung häufig nicht galt, Frauen an diesen Docks waren entweder Kauffrauen, die ein Auge auf ihre Waren hielten, oder Mitglieder der Gilde der Schauerleute, und hier gäbe es keine Süßigkeitenverkäufer.
    Mat wollte sich gerade abwenden, als er erkannte, daß sich niemand mehr regte. Normalerweise herrschte auf den Docks geschäftiges Treiben, und doch standen die Besatzungsmitglieder auf jedem in Sichtweite befindlichen Schiff an der Reling oder waren in die Takelage geklettert, um auf die Bucht hinauszublicken. Fässer und Lattenkisten standen verwaist, während sich Männer mit nacktem Oberkörper und drahtige Frauen in grünen Lederwesten am Ende der Docks versammelt hatten, um zwischen den Schiffen hindurch gen Süden, in Richtung des Donners zu blicken. In dieser Richtung stieg schwarzer Rauch in dicken, hoch aufragenden Säulen auf, die sich durch den Wind scharf nach Norden bogen.
    Mat zögerte einen Moment und trottete dann auf das nächstgelegene Dock hinaus. Zuerst verstellten die südlich daran vertäuten Schiffe die Sicht auf den Fluß. Durch den Verlauf der Küstenlinie ragte jedoch jedes Dock weiter hinaus als das nächste. Nachdem Mat die murmelnde Menschenmenge am Ende des Docks erreicht hatte, bot der breite Fluß offene Sicht über das aufgewühlte grüne Wasser auf die bewegte Bucht hinaus.
    Mindestens zwei Dutzend Schiffe brannten auf der weiten Fläche der Bucht aus, vielleicht sogar mehr, von einem Ende zum anderen von Flammen vereinnahmt. Eine Anzahl anderer war bereits langsam abgesackt, so daß nur noch Bug oder Heck übers Wasser ragten, bis der Rest dann ebenfalls hinabglitt. Noch während Mat hinsah, brach der Bug eines großen Zweimasters mit einem großen rotblaugoldenen Banner, dem Banner von Altara, plötzlich mit lautem Dröhnen auseinander, ein donnergleiches Dröhnen, und sich rasch verdichtende Rauchfäden wehten auf dem Wind, während das Schiff zu sinken begann. Hunderte von Schiffen waren im Aufbruch, jedes Schiff in der Bucht, Klipper und Gleiter mit drei Masten und Wogentänzer des Meervolks mit zwei Masten, Küstenschiffe mit ihren dreieckigen Segeln, Flußschiffe mit oder ohne Segel, die teilweise flußaufwärts flohen, aber die meisten versuchten aufs Meer hinaus zu gelangen. Hunderte anderer Schiffe trieben in der Bucht vor dem Wind umher. Große Schiffe mit schroffem Bug, so hoch wie jeder der Klipper, brachen durch die rollenden Wogen und versprühten Gischt. Mat hielt den Atem an, als er plötzlich quadratische, geriffelte Segel ausmachte.
    »Blut und blutige Asche«, murrte er entsetzt. »Es sind die verdammten Seanchaner!«
    »Wer?« fragte eine Frau mit hartem Gesicht, die in der Menge neben ihm stand. Ein dunkelblaues, gut geschnittenes Tuchgewand wies sie ebenso als Kauffrau aus wie die Ledermappe, die sie für ihre Frachtbriefe bei sich trug, oder die Guildennadel über einer Brust, ein silberner Federhalter. »Es sind die Aes Sedai«, verkündete sie im Tonfall der Überzeugung. »Ich erkenne Machtlenkung, wenn ich sie sehe. Die Kinder

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