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Die Schandmaske

Die Schandmaske

Titel: Die Schandmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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wandte sie sich dem jungen Mädchen zu. »Ich wünschte, ich könnte Ihnen darauf antworten, Ruth, aber ich kann es nicht. Als ich Ihre Großmutter das letztemal sah, ging es ihr gut. Natürlich hatte sie Schmerzen, aber nicht in einem Maß, das sie nicht gewöhnt war oder mit dem sie nicht hätte umgehen können.«
    Ruth warf ihrer Mutter einen trotzigen Blick zu. »Dann muss irgendwas passiert sein, das sie aus dem Gleichgewicht geworfen hat. Kein Mensch bringt sich wegen nichts um.«
    »War sie leicht aus dem Gleichgewicht zu werfen?« fragte Sarah. »Den Eindruck hat sie mir nie gemacht.« Sie lächelte leicht. »Ihre Großmutter war eine Frau, die sich nicht kleinkriegen ließ. Ich habe sie dafür bewundert.«
    »Warum hat sie sich dann das Leben genommen?«
    »Vielleicht weil sie den Tod nicht gefürchtet hat. Selbstmord muss nicht immer etwas Negatives sein. In manchen Fällen ist er ein positiver Ausdruck eigener Wahl. Ich werde jetzt und so sterben. »Sein oder Nichtsein.« Für Mathilda wäre Nichtsein eine überlegte Entscheidung gewesen.«
    Ruth begann zu weinen. »Hamlet war ihr Lieblingsstück.« Sie war groß wie ihre Mutter, aber ihrem Gesicht, das von Kälte und Schmerz verkrampft war, fehlte die aparte Schönheit der anderen. Die Tränen machten Ruth hässlich, während sie, ein Schimmer nur auf langen Wimpern, bei ihrer Mutter die zerbrechliche Schönheit betonten.
    Joanna richtete sich auf und sah von Sarah zu Jack. »Würden Sie noch zum Tee mitkommen? Wir sind so wenige.«
    Sarah entschuldigte sich. »Es tut mir leid, ich kann nicht. Ich habe um halb fünf in Mapleton Sprechstunde.“
    Jack nahm an. »Danke, das ist sehr nett.«
    Schweigen trat ein. »Wie kommst du nach Hause?« fragte Sarah, während sie in ihrer Tasche nach den Wagenschlüsseln kramte.
    »Ich lass mich mitnehmen«, antwortete er. »Irgendjemand fährt bestimmt in meine Richtung.«
    Gegen Ende der Sprechstunde kam einer von Sarahs Kollegen vorbei. Sie waren zu dritt in einer Praxis, die in Dorset, teils an der K üste, teils landeinwärts, ein Gebiet von mehreren Meilen zu betreuen hatte, Dörfer, verstreut liegende Weiler und Höfe. Die meisten Dörfer hatten kleine abgeschlossene Praxisräume, die entweder direkt in den Häusern der Ärzte oder von Patienten gemietet waren. Die Partner versorgten das Gebiet in turnusmäßigem Wechsel. Mapleton war Robin Hewitts Heimatdorf, aber wie Sarah war er fast ebenso viel unterwegs, wie er zu Haus war. Sie waren bisher der logischen Konsequenz ausgewichen, ihre Kräfte in einer einzigen modernen Klinik in dem zentral gelegenen Dorf zu vereinen, aber es war zweifelhaft, ob sie das noch viel länger würden tun können. Das zutreffende Argument, dass die meisten ihrer Patienten alt seien oder keine Transportmöglichkeiten hätten, geriet immer stärker unter den Druck der kommerziellen Zwänge, die jetzt innerhalb des Gesundheitswesens herrschten.
    »Du siehst müde aus«, sagte Robin, als er sich auf dem Stuhl neben ihrem Schreibtisch niederließ.
    »Ich bin auch müde.«
    »Ärger?«
    »Nur das Übliche.«
    »Zu Hause, hm? Schmeiß ihn raus.«
    Sie lachte. »Und wie war's, wenn ich zu dir ganz lässig sagte, du sollst Mary rausschmeißen?«
    »Da besteht ein kleiner Unterschied, mein Schatz. Mary ist ein Engel, Jack ist keiner.« Aber die Vorstellung war nicht ohne Verlockung. Nach achtzehn Jahren Ehe war Marys unerschütterliche Selbstzufriedenheit so viel weniger anziehend als Sarahs zweiflerische Suche nach der Wahrheit.
    »Dagegen kann ich nichts sagen.« Sie machte sich ein paar letzte Notizen, dann schob sie die Papiere müde von sich.
    »Was hat er diesmal getan?«
    »Nichts, soviel ich weiß.«
    Klingt wahr, dachte Robin. Jack Blakeney machte eine Tugend daraus, nichts zu tun, w ährend seine Frau eine Tugend daraus machte, ihn in seinem Müßiggang zu unterstützen. Wieso diese Ehe immer noch hielt, war ihm ein Rätsel. Sie hatten keine Kinder, keine Verpflichtungen, keinerlei Bindungen, Sarah war eine selbständige Frau mit eigenem Einkommen, und sie bezahlte die Hypothek auf das Haus. Sie brauchte nur einen Schlosser kommen zu lassen, um den Mistkerl f ür immer auszusperren.
    Sie musterte ihn erheitert. »Warum lächelst du so?«
    Ohne mit der Wimper zu zucken, schaltete er seine h übsche kleine Phantasie von einer Sarah, die allein im Haus war, ab und sagte: »Bob Hughes war heute bei mir. Er war sehr enttäuscht, dass ich Sprechstunde machte und nicht du.« Er ahmte gar

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