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Die Schandmaske

Die Schandmaske

Titel: Die Schandmaske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Scherz ihre kleine Schandmaske zu nennen.« Als sie sein verständnisloses Gesicht sah, fügte sie hinzu: »Weil ich die Arthritis gebändigt hatte wie früher die Schandmasken die Schandmäuler.«
    »Und was willst du damit sagen?«
    »Ich glaube, sie wollte mir etwas mitteilen.«
    Robin sch üttelte den Kopf. »Wieso? Weil sie das Ding aufhatte, als sie starb? Es war ein Symbol, sonst nichts.«
    »Wofür?«
    »Für die Illusion des Lebens. Wir sind alle Gefangene. Vielleicht war es ihr letzter bissiger Witz. Mir ist auf ewig das Maul gestopft, etwas in der Art. « Er zuckte die Achseln. »Hast du mit der Polizei darüber gesprochen?«
    »Nein. Ich war so entsetzt, als ich sie sah, dass mir das überhaupt nicht eingefallen ist.« Sie hob hilflos die Hände. »Und der Pathologe und der Polizeibeamte wurden sofort hellhörig, als ich erzählte, wie sie die Geranien genannt hat, die sie immer in dem grässlichen Ding stehen hatte. Ihr Laubgewinde. Das stammt aus der Rede über Ophelias Tod. Na ja, und angesichts des Wassers und der Brennnesseln dachte ich, sie hätten wahrscheinlich recht. Aber jetzt bin ich da nicht mehr so sicher.« Schweigend starrte sie auf ihren Schreibtisch hinunter.
    Robin beobachtete sie einige Sekunden lang. »Nimm an, sie wollte tatsächlich sagen, dass ihr nun das Maul auf ewig gestopft sei. Das hat eine doppelte Bedeutung, das ist dir wohl klar.«
    »Ja«, antwortete Sarah bedrückt, »dass vielleicht ein anderer es ihr gestopft hat. Aber das ergibt keinen Sinn. Ich meine, wenn Mathilda wusste, dass sie ermordet werden sollte, hätte sie doch nicht Zeit damit verschwendet, unten im Vestibül erst die Schandmaske aufzusetzen. Sie hätte doch nur zur Tür laufen und um Hilfe zu schreien brauchen. Das ganze Dorf hätte sie gehört. Und der Mörder hätte sie sowieso abgenommen.«
    »Vielleicht wollte ja der Mörder sagen, dass ihr nun für immer das Maul gestopft ist.«
    »Das ist doch genauso unsinnig. Weshalb hätte er darauf hinweisen sollen, dass es Mord ist, nachdem er sich solche Mühe gegeben hatte, einen Selbstmord vorzutäuschen?« Sie rieb sich die müden Augen. »Ohne die Schandmaske hätte es ausgesehen wie eine klare Sache. Und wozu die Blumen, Herrgott noch mal? Was sollten die uns sagen?«
    »Du musst auf jeden Fall mit der Polizei sprechen«, erklärte Robin mit plötzlicher Entschiedenheit und griff nach dem Telefon. »Sarah, wer hat sonst noch gewusst, dass sie dich manchmal ihre kleine Schandmaske nannte? Dir muss doch klar sein, dass die Botschaft für dich bestimmt ist.«
    »Welche Botschaft?«
    »Das weiß ich nicht. Eine Drohung vielleicht. Sie sind die nächste, Dr. Blakeney.«
    Sie lachte hohl. »Ich sehe es mehr als Unterschrift.« Sie zog mit der Fingerspitze einen Strich auf der Schreibtischplatte. »Wie das Zeichen des Zorro.«
    »Lieber Gott.« Robin legte wieder auf. »Vielleicht ist es gescheiter, nichts zu sagen. Schau mal, es war offensichtlich Selbstmord - du hast selbst gesagt, sie war wie besessen von dem verdammten Ding.«
    »Aber ich hatte sie gern.«
    »Du hast jeden gern, Sarah. Darauf brauchst du nicht stolz zu sein.«
    »Du redest wie Jack.« Sie zog sich das Telefon heran, wählte die Nummer der Polizeidienststelle Learmouth und verlangte Sergeant Cooper.
    Robin beobachtete sie mit d üsterer Resignation - sie hatte keine Ahnung, wie die Leute sich die Mäuler zerreißen würden, wenn sie je von Mathildas Spitznamen für sie erfahren sollten - und fragte sich, warum sie es ausgerechnet ihm vor allen anderen erzählt hatte. Er hatte das dunkle Gefühl, von ihr benutzt worden zu sein. Als Testperson, um die Reaktion der Leute abschätzen zu können? Oder als Beichtvater?
    Sergeant Cooper war bereits gegangen, und der gelangweilte Beamte am anderen Ende erkl ärte sich lediglich bereit, Sarahs Bitte um ein Gespräch an ihn weiterzuleiten, wenn er am folgenden Morgen zum Dienst kam. Es war ja nicht dringend. Der Fall war abgeschlossen.
    Wie ich die Arthritis verabscheue und die grausame Unt ätigkeit, die sie mir auferlegt. Ich habe heute einen Geist gesehen, konnte aber nichts gegen ihn tun. Ich hätte ihn niederschlagen und in die Hölle zurückschicken sollen, aus der er gekommen ist, stattdessen konnte ich ihn nur mit Worten geißeln. Hat Joanna ihn zurückgeholt, mich zu quälen? Es würde passen. Sie führt etwas im Schilde, seit sie diesen elenden Brief gefunden hat. »Undankbarkeit, du marmorherz'ger Teufel, abscheulicher, wenn du dich zeigst im

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