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Die Schattenfrau

Die Schattenfrau

Titel: Die Schattenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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ich?«
    »Das verstehen Sie doch«, wiederholte Winter. »Kann ich mich vorher waschen?«
    Winter nickte Bergenhem zu, der von Holten zur Toilette begleitete.
    Das Licht wirkte blau. Sogar das Weiß sah blau aus. Winter bekam eine Gänsehaut und hatte das Gefühl, der Schweiß auf seiner Haut würde gefrieren. Merkwürdig, dass er nicht auch im Körperinneren einfror.
    Es klapperte. Bahren mit Toten wurden draußen über die Flure geschoben. Hier gab es mehr Tote als Lebende. Der Ort war nur ein Parkplatz auf dem Weg zum Begräbnis. Die Toten lagen hier, aber sie fanden noch keine Ruhe. Sie warteten.
    Helenes Gesicht schimmerte im Licht der Leuchtröhre stumpf, eine Farbe, die keine Entsprechung in der Welt der Lebenden hatte.
    Von Holten hatte gezittert, als sie ihre Bahre herausgezogen hatten. Seine Zähne klapperten, als müsste er zu Eis erstarren.
    Winter sah ihn an, nicht die Ermordete. Von Holten wagte einen Blick, und in seinem Gesicht zuckte es. Mit einem Mal sah er glücklich aus, eine Veränderung, die sich nicht verbergen ließ. Winter verfolgte, wie er es versuchte, aber es gelang nicht.
    Helene war weiter Helene, nicht Andrea. Winter beobachtete wie das Blut langsam in von Holtens Gesicht zurückkehrte.
    »Das ist sie nicht«, erklärte von Holten.
    »Nein?«
    Bergenhem und Winter wechselten einen Blick.
    »Ich bin mir ganz sicher, dass sie es nicht ist«, versicherte von Holten.
    Winter betrachtete Helenes Gesicht. So also sieht ein Mensch aus, der weder einen Namen noch eine Vergangenheit hat. Und eine Zukunft?, fragte sich Winter. Es hängt von mir ab, ob wir ihr in angemessener Zeit zu einer Zukunft verhelfen können. Sonst liegt sie hier ein Jahr, bevor sie ein anständiges Grab bekommen kann. Gott, wie ich diesen Raum hasse.
    Draußen schmolz die Eisschicht in der Sonne, und seine Haut fühlte sich wieder weich und feucht an. Auf von Holten hatte das Tageslicht eine andere Wirkung: Das Weiße in seinen Augen wurde blutrot. Er sah plötzlich aus, als hätte er einen harten Schlag ins Gesicht bekommen.
    »Wir müssen trotzdem alles über Ihre Freundin wissen«, erklärte Winter. »Über Andrea Maltzer.«
    »Muss meine Frau davon erfahren? Von... Andrea?«
    Winter antwortete nicht. Er steuerte Richtung Stadt. Bei Rot hielt er an einer Ampel.
    »Ich bin ja gerne bereit mit Ihnen zusammenzuarbeiten«, drängte von Holten. »Ich tue alles.«
    »Dann erzählen Sie«, sagte Winter.
    »Was für ein Scheißkerl«, schimpfte Ringmar.
    »Einer von Tausenden.«
    »Der Mensch ist schwach.«
    »Jetzt haben wir also eine Verschwundene und eine Ermordete«, sagte Winter. Sie beide saßen in Ringmars Zimmer und tranken schwarzen Kaffee, so heiß, dass es im Mund brannte. Ringmar hatte Schweißflecken groß wie Fußbälle unter den Armen, aber Winter roch nichts. Er schwitzte selbst genauso, aber er hatte ein Hemd an, bei dem man es nicht merkte.
    »Kann sie etwas gesehen haben?«, fragte Ringmar.
    »Kann sie es gesehen haben?«, fragte Winter zurück.
    »Kann sie jemanden überrascht haben?«
    »Kann sie noch im Auto gesessen und über ihre Zukunft nachgedacht haben?«
    »Kann jemand auf den Parkplatz eingebogen sein, während sie in dem Auto saß?« »Kann man sie darin sehen?«
    »Kann sie versucht haben wegzufahren, wagte es aber nicht?«
    »Kann sie neugierig gewesen sein?«
    »Kann sie selbst überrascht worden sein?«
    »Kann sie niedergeschlagen worden sein?«
    »Kann sie entführt worden sein?«
    »Kann sie mit in der Sache drinhängen?«
    »Kann sie schuldig sein?«
    »Kann sie sich an den Weg gestellt haben und per Anhalter gefahren sein?«
    »Kann sie den ersten Bus am Morgen genommen haben?«
    »Kann sie noch andere Gründe gehabt haben, das Auto nicht zu nehmen?«
    »Kann sie wirklich die sein, die sie sein soll?«
    »Kann sie eine Erfindung dieses von Holten sein? Meinst du das?«
    »Können wir das innerhalb einer halben Stunde klären?«
    »Ja«, antwortete Winter. »Und das ist schon geschehen. Es gibt eine Andrea Maltzer unter der Adresse, die von Holten angegeben hat. Auch die Telefonnummer stimmt, aber es meldet sich keiner, wenn man anruft. Oder macht die Tür auf, wenn man klopft. Börjesson war dort.«
    »Gehen wir rein?«
    »Ich will bis morgen warten. Aber wenn sie bis dahin nichts von sich hören lässt... « »Warum?«
    »Irgendetwas stimmt hier nicht.«
    »Ja, das Gefühl habe ich allerdings auch.«
    »Sie passt nicht dazu«, meinte Winter. »Wir sollten uns auf die Tote

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