Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schattenfrau

Die Schattenfrau

Titel: Die Schattenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
Vom Netzwerk:
konzentrieren.«
    »Wie nennt man das, was du da sagst? Negatives Wunschdenken?«
    »Ich lese lieber alles noch einmal durch«, beschloss Winter. »Diese Andrea Maltzer meldet sich bestimmt spätestens morgen.«
    »Warum bist du dir so sicher?«
    Winter antwortete nicht. Er sah von dem Papier vor sich auf, blickte Ringmar an. »Haben wir die Fingerabdrücke aus von Holtens Auto?«
    »Ja, aber es sind eine ganze Menge Leute damit gefahren. Es war ja sein Dienstwagen. Den hat er auch andern geliehen.«
    »Anderen Frauen?«
    »Jedenfalls nicht, wenn man ihm glauben will«, antwortete Ringmar. »Das waren andere. Von der Arbeit.«

18
    Die Welt erschien durch die getönten Fenster von dort, wo sie lag, weit weg zu sein. Ein Tag war wie der andere, vom frühen Morgen bis zum Abend. Aber der Abend kam schneller, und für eine halbe Stunde hellte sich das Grau auf. Bevor es draußen dunkel wurde, fiel das Licht der sinkenden Sonne in ihr Zimmer und leuchtete auf an der Wand. Nur eine kleine Weile loderte es und verschwand dann spurlos von der Tapete. Auf eine Art waren es schöne Abende. Aneta Djanali fühlte sich langsam wieder wie ein Mensch. Die langen Phasen, in denen sie wegdämmerte, wurden kürzer, die Stunden, in denen sie aus Träumen aufgetaucht und in Träume versunken war. Sie begann, sich nach Stimmen zu sehnen. Sie lauschte der Putzfrau, die ein seltsames Kauderwelsch sprach.
    Sie saß aufrecht im Bett, Winter neben ihr. Sie deutete auf die Wand und murmelte etwas.
    »Ja, das ist wunderbar«, stimmte Winter ihr zu.
    Sie nickte und deutete auf den tragbaren CD-Player, der auf ihrem Bett lag.
    Winter zog eine Tüte aus der Innentasche. »Es war das letzte Exemplar bei Skivhugget«, berichtete er. »Dieser Dylan-Titel, den du mir aufgeschrieben hast, den hatten sie nicht da. Deshalb war ich so frei, eine Platte von einer neuen Band zu kaufen. Ich finde, das ist was ganz Besonderes, was die machen.«
    Aneta Djanali nahm »London Calling« aus der Tüte und schaute Winter fragend an.
    »Ö Äsch?«, fragte sie.
    »Ja, The Clash.«
    » Eue Änd?«
    »Neue Band? Ist das keine neue Band?« Winter lächelte fragend.
    Aneta Djanali schrieb »1979!« auf einen Block, der neben ihr lag, und reichte ihn Winter.
    »Wie die Zeit vergeht«, sagte er. »Aber für mich ist sie neu. Macdonald hat mir den Tipp gegeben, nein, er hat mir sogar die CD geschickt. Hat wohl geglaubt, dass wir so was hier in unseren Alpen nicht haben.«
    Während er redete, steckte Aneta die CD ins Gerät, drückte auf Start und setzte die Hörer auf, London calling to the underworld, sie zuckte mit dem Körper und schlug mit der Faust den Takt auf der Decke, um Winter zu zeigen, dass sie auch fand, dass die Musik gut war und wie froh sie war, dass sie hier sitzen und etwas neu genießen durfte, das sie vor Jahrhunderten hinter sich gelassen hatte. Wenn Erik nur einen Scherz gemacht hatte, verstand er es gut, sich zu verstellen. Aber sie glaubte irgendwie nicht, dass er es nicht ernst gemeint hatte. Er hatte Rockmusik erst entdeckt, und wenn, warum dann nicht mit Clash anfangen? Weiter würde er nicht kommen. Bei dem Gedanken hätte sie gerne gelächelt. London calling to the zombies of death dröhnte es mit voller Lautstärke, das war genug Stoff für einen Kriminalkommissar mit Sinn für Melancholie und Angst, a nuclear error but I have no fear.
    »Hast du noch mehr Lieder von der CD gehört?«, schrieb sie auf den Block.
    »Noch nicht«, antwortete Winter. »Dieses erste erfordert eine lange Analyse.«
    »Hier ist eins, das heißt Jimmy Jazz«, schrieb Aneta Djanali.
    »Was meinst du?«, fragte Winter. »Darf ich mal hören?«
    Sie gab ihm den Player und schrieb: »Das dürfte passen.« Dann reichte sie ihm die Kopfhörer und Winter lauschte konzentriert.
    »Das ist doch kein Jazz«, protestierte er, und Aneta Djanali umklammerte den Bettgalgen, um sich nicht vor Lachen den frisch fixierten Kiefer auszurenken.
    »Aber du hast dir die andere CD in der Tüte nicht angesehen«, sagte Winter. »Das ist Jazz. Eine gute Scheibe für jemanden, der noch nicht oft die Musik der Unterwelt gehört hat.«
    Sie zog eine CD mit einem schwarzen Gesicht in Nahaufnahme heraus, hielt die Hülle hoch und schrieb dann »Oh, ein Taschenspiegel! « auf den Block.
    Winter lachte laut auf. Aneta Djanali tat so, als betrachte sie ihr Gesicht in der CD-Hülle.
    »Lee Morgan«, erklärte Winter. »Search for the new Land.« Aneta Djanali legte den Spiegel hin und schrieb:

Weitere Kostenlose Bücher