Die Schattenkämpferin 1 - Das Erbe der Drachen
ihrer Begleitung waren ebenso gekleidet. Eine Kluft, die er gut kannte und die jedermann in der Aufgetauchten Welt mit Schrecken erfüllte: die Bekleidung der Gilde, der Mördersekte.
»Offenbar weißt du, wer wir sind«, erklärte die Frau mit ihrem gemeinen Grinsen. Jedes Wohlwollen war aus ihrer Miene gewichen, und jetzt sah sie mehr wie ein böser Kobold aus.
Sie zog einen schwarzen Dolch aus dem Gürtel, dessen Heft einer Schlange nachgeformt war, beugte sich dann zu dem Alten am Boden herab und setzte ihm die Klingenspitze an die Wange.
Torio begann zu keuchen. Eigentlich verband ihn nichts mit den beiden jungen Leuten, die nur ein paar Tage bei ihm genächtigt hatten, zu kurz, um sie wirklich kennenzulernen. Aber er wusste eben, mit welchem Ziel sie unterwegs waren. >Wir reisen im Auftrag des Rats der Wassen, hatten sie gesagt. Eine bedeutende Mission, daran bestand kein Zweifel für ihn. Nicht nur ihren Worten hatte er das entnommen, sondern auch den gemessenen Gesten des jungen Mannes, seiner kühlen Entschlossenheit. So bedeutend musste die Aufgabe sein, dass sie ihnen den Mut verlieh, den Saar zu überqueren. Nein, er durfte sie nicht verraten, unmöglich, das spürte er. »Ich weiß nichts von ihnen.«
Die Miene der jungen Frau wurde sehr ernst. »Ich hätte dich für klüger gehalten.«
So jäh stach sie zu, dass Torio kaum Schmerz verspürte. Dann sah er das Blut und begann zu schreien.
»Wir wissen, dass du ihnen ein Boot gegeben hast. Wo wollten sie hin?« Torio merkte, wie ihm die Wahrheit auf die Zunge trat, so wie das Blut, das aus seiner Wunde troff, aber es gelang ihm, sie zurückzuhalten. Es war eine Sache der Ehre, des Respekts Menschen gegenüber, die ihn um Hilfe gebeten hatten. »Das haben sie mir nicht gesagt.«
Wieder stach das Mädchen zu, in die andere Wange. Torio wurde schwarz vor Augen.
»Du bist wirklich zu dumm.«
»Nach Norden ... zu den Wasserfällen ...«, hauchte er.
Das Mädchen schüttelte den Kopf. »Das war ein Fehler ... das war wirklich ein Fehler. Glaubst du, wir merken nicht, wenn man uns belügt?«
Im Morgengrauen glitt ein lebloser Körper langsam in das sumpfige Wasser. Rekla kniete am Ufer, neben ihr ein Fläschchen mit Blut, das mit einer grünen Flüssigkeit vermischt war. Sie sprach die Gebete, die sie in den langen Nächten in Thenaars Tempel gelernt hatte, die Hände so fest gefaltet, dass ihre Fingerknöchel weiß waren.
Vergib mir, oh Herr Nimm es an, dieses Blut, in Erwartung des Bluts der Verräterin, das ich selbst in deine Becken gießen werde.
Thenaar antwortete nicht, und sein Schweigen traf Rekla bis ins Mark. »Was machen wir jetzt?«, fragte einer der beiden anderen Assassinen unvermittelt.
Sie fuhr herum und starrte ihn böse an. »Siehst du nicht, dass ich bete?« »Verzeiht, Herrin, verzeiht mir.«
Rekla murmelte ihr Gebet zu Ende und erhob sich dann. »Wir folgen ihnen, was sonst?«
»Aber Herrin, sie planen, den Saar zu überqueren, das ist ein großes Wagnis ... Überlassen wir es doch dem Fluss, für ihr Ende zu sorgen. Ich habe viel gehört vom Saar und seinen Strömungen, nein, das schaffen sie nicht, die Fische werden sie fressen.«
Da packte ihn Rekla an der Gurgel. »Zwei Feinde Thenaars streifen ungehindert durch die Aufgetauchte Welt«, schrie sie, »und was schlägst du vor? Sie laufen zu lassen! Ist dir denn nicht klar, dass sie alles zerstören könnten, was wir uns in Jahrzehnten aufgebaut haben?« Sie drückte noch fester zu.
»Wenn dein Glaube nicht stark genug ist für diese Aufgabe, wenn du so feige bist und nicht bereit, für unseren Gott dein Leben zu opfern, dann musst du eben umkehren. Ich jedenfalls werde mich nicht aufhalten lassen, weder vom Saar noch von sonst irgendetwas. Niemals.«
Sie wandte sich dem anderen Assassinen zu und blickte ihn entschlossen an. »Wir müssen Seiner Exzellenz Bericht erstatten. Ich denke, es ist an der Zeit, dass uns Dohor seine Treue beweist, indem er uns einen Drachen zur Verfügung stellt.«
So wie ihre Köpfe mit jedem Zug ins Wasser ein- und daraus auftauchten, hob und senkte sich der Streifen Land vor ihnen. Mittlerweile war die Anstrengung übermenschlich. Aber es fehlte nicht mehr viel, jetzt nur nicht aufgeben. Plötzlich ein Schrei, Dubhe hielt inne und drehte sich um. Nicht weit von ihr entfernt sah sie Lonerin, der aufgeregt winkte und um Hilfe flehte. Hastig schwamm sie zurück, tauchte unter und sah Lone-rins Kopf unter der Wasseroberfläche, während seine
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