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Die Schattensurfer (German Edition)

Die Schattensurfer (German Edition)

Titel: Die Schattensurfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Wiest
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er die Dose am Rand zu fassen und versuchte sie zu sich zu ziehen. Dabei riss er eine Tüte Nudeln mit. Sie rutschte über die Kante des Regalbretts, schlug auf dem sauber gescheuerten Boden auf und zerplatzte. Wie Murmeln schossen die Makkaroni über die Fliesen.
    So ein Mist! Luan riss den Deckel der Kakaodose auf. Er tastete hinein. Ja, er konnte sie fühlen, die kleine Plastikkarte. Mit nervösen Fingern nahm er sie. Hoffentlich war genug Geld aufgeladen. 100 Euro brauchte er diesmal. Er würde das Geld zurückgeben. So wie er es immer getan hatte.
    Von dem Geld konnte er Bauteile kaufen, um einen Computer für einen Bekannten zu bauen. Dieser hatte ihm viel Geld versprochen. Luan könnte seine Schulden zurückzahlen und trotzdem würde ein wenig übrig bleiben.
    Luan schob die Geldkarte in den Leseschlitz seines ceeBands.
    Da war wieder dieses Geräusch. Es klang, als würde jemand atmen. Oder war es die Pressluft der Schleuse?
    Luans ceeBand leuchtete auf. Fünf Einhundert-Euro-Scheine erschienen auf dem Display. Luan strich über einen Schein und drückte den Knopf „abbuchen“. Der Schein flatterte auf sein Konto. Davon konnte er die nötigen Bauteile kaufen. Und er würde das Geld ganz bestimmt zurückzahlen. Noch nie hatte er seine Schulden vergessen.
    Mit einem Knall wurde die Küchentür zugeschlagen. Die Kakaodose rutschte Luan vor Schreck aus den Händen. Sie donnerte zu Boden.
    Surrend sprang das Neonlicht an. Luan kniff die Augen zusammen. Die Küche strahlte gleißend weiß. Ein dunkler Schatten löste sich von der Tür – eingehüllt in einen graubraunen Frotteebademantel. Die Haare wurden von einem Netz zusammengehalten. In der Hand hielt der Schatten ein Schwert. Nein, es war ein Regenschirm. Luan klammerte sich an der Spüle fest. Dort stand Mama Berta, ausgerechnet Mama Berta. Warum hatte ihn nicht wenigstens die Köchin erwischt?
    „Luan, du Dieb“, herrschte ihn Frau Bertowa mit eisiger Stimme an.
    Luans Magen klumpte wie saure Milch. Er wagte nicht, Mama Berta in die Augen zu sehen. Er blickte auf die Nudeln, die verstreut über den Boden lagen. „Ich habe noch Hunger gehabt. Freitagmittag gibt es immer Sauerkraut. Das vertrag ich nicht“, murmelte er und bückte sich, um die Nudeln einzusammeln. Die Hand mit seinem ceeBand hielt er hinter dem Rücken.
    „Ich meine nicht die Nudeln. Gib die Geldkarte her.“
    Es hatte keinen Sinn zu lügen. Luan zog die blaurote Karte aus seinem ceeBand und reichte sie Mama Berta über den Herd.
    „Komm gefälligst her“, schnaubte Frau Bertowa und packte Luan am Arm. Grob zog sie ihn zu sich. Sie kontrollierte die Geldkarte mit einem Lesegerät. 400 Euro blinkten auf.
    „Luan, du hast die Gemeinschaft bestohlen“, wie verfaultes Fleisch spuckte Frau Bertowa diese Worte aus.
    „Ich kann das erklären“, stammelte er und starrte auf Mama Bertas Hausschuhe.
    „Da gibt es nichts zu erklären. Du hast uns bestohlen. Du hast das Vertrauen der Gemeinschaft missbraucht.“
    „Aber Mama Berta, es ist anders, als Sie denken. Ich …“, versuchte es Luan.
    „Schweig. Ich will deine Lügen nicht hören. Für dich bin ich nicht mehr Mama Berta. Merk dir das.“
    „Bitte, nur zwei Minuten“, flehte Luan.
    „Nein, das hättest du dir früher überlegen müssen“, sagte Frau Bertowa. Sie zog ihren Regenschirm durch die Luft, als wollte sie damit jeden Widerspruch abschneiden. „Du Betrüger bist von der Kristallfeier ausgeschlossen. Aus dir wird kein nützliches Mitglied der Gesellschaft werden. Du hast die Kristallfeier nicht verdient. Niemals.“
    Die Kristallfeier, schoss es Luan durch den Kopf. Seit Monaten hatte er für die Kristallprüfung gelernt. Endlich durfte er beweisen, was er wirklich konnte. Keiner machte ihm etwas vor, wenn es um Computer ging. Er war der Beste in seiner Klasse, vielleicht in der ganzen Schule. Sein Lehrer hatte einmal gesagt, dass er das Zeug zu etwas Besonderem hätte.
    Frau Bertowas Stimme drang wie durch Watte an Luans Ohren. Die ganze Küche drehte sich um ihn. Und dann tauchte er wie nach einem gleiße nden Blitz in tiefe Dunkelheit.

2 NIE MEHR HÄPPY
    Luan hatte keine Ahnung, wie er in sein Bett gekommen war. Er wusste nicht, wie lange seine Ohnmacht gedauert hatte. Minuten, Stunden oder Tage? Sein Kopf dröhnte, als führe eine Autobahn mitten hindurch. Er fühlte sich an wie auf doppelte Größe angeschwollen. Luan ertastete einen turbandicken Verband. „Du hast eine schwere Gehirnerschütterung erlitten“,

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