Die Schattensurfer (German Edition)
überzeugt, damit den Aufruhr zu beenden. Er wollte Lucilia die Pille aufdrängen, doch Herr Arbani trat ihm in den Weg und schlug ihm die Pille aus der Hand. Sie schoss wie eine Murmel durch die Menge. Keiner griff nach der wertvollen Kugel, nur Makelo versuchte, sie zu erwischen. Bellend und knurrend schoss Nacho hinterher. Schon hatte er die Garmal-Pille erwischt. Er zermalmte sie zwischen den Zähnen und leckte sich über die Lippen, als wäre es das beste Leckerli, das er jemals gefressen hatte. Augenblicklich verstummte sein Bellen.
Sansibar spürte, wie jetzt auch Papa sie umarmte. Egal was passieren würde, diesen Moment würde Sansibar für immer festhalten. Wie oft hatte sie ihn in ihren Träumen herbeigesehnt. Sansibar wollte einfach nur stehen bleiben, sich nie mehr bewegen.
Sie wusste nicht, wie lange sie Mama und Papa umarmt hielt. Ihre Arme und Beine waren längst eingeschlafen und kribbelten, als sie sie irgendwann doch wieder bewegte. Sie sah zu Mama und Papa auf.
In Mamas wachsglattes Gesicht hatten sich auf einmal ein paar freundliche Fältchen eingegraben. Mama vergoss wohl alle Tränen der letzten zehn Jahre und schluchzte abwechselnd „Sansibar“ und dann wieder „Corrado“.
Die meisten Garmal-Sammler hatten den Saal längst verlassen. Einige standen noch herum. Auch ihre silbernen Panzer waren löchrig geworden und begannen sich aufzulösen. Sie redeten davon, nach Mallinport zurückzukehren, zumindest für einen Besuch. Erinnerungen kehrten zurück. Bei manchen schneller, bei anderen dauerte es etwas länger, aber überall sickerten sie durch.
Luan tippte Sansibar auf die Schulter. Neben ihm stand ein Junge mit dunklen Locken. Die Frisur des Jungen erinnerte Sansibar an Nacho. Der Junge war blass im Gesicht und sah aus, als hätte er in den letzten Nächten kaum geschlafen, aber seine Augen strahlten glücklich.
„Das ist Pablo“, stellte Luan den Jungen vor. Dann sah er den Jungen an, zeigte auf Sansibar und fügte hinzu: „Und das ist Sansibar, meine Freundin.“
Pablo streckte Sansibar die Hand entgegen.
„Schön, dich endlich kennenzulernen“, sagte sie.
„Ich freue mich auch.“
Kalawesi räusperte sich: „Was haltet ihr davon, wenn wir nach Hause fahren?“
„Ja“, jubelte Sansibar. Ihre Eltern strahlten. Selbst Doktor Tornham schien begeistert zu sein. Nur Luan, Pablo und die Schattensurfer standen daneben, irgendwie betreten.
„Was ist denn mit euch los?“, fragte Sansibar.
„Alles in Ordnung“, murmelte Luan. Aber so sah er wirklich nicht aus. „Wir gehen dann zurück ins Quartier der Schattensurfer“, fuhr er fort. Nele seufzte: „Ihr könnt uns ja mal besuchen. Im Gästezimmer haben wir immer Platz für dich.“ Dabei zwinkerte sie Sansibar zu.
„Quatsch“, polterte Kalawesi dazwischen. „Ihr kommt mit in den Lunapark. Dort gehört ihr hin. Ab heute wohnt ihr bei mir. Mein Bungalow ist groß genug für alle. Ihr müsst euch nicht mehr in der Schattenstadt verstecken. Und dann baut ihr den RainbowRider und die Wandernden Wände für mich.“
„Und was ist mit den anderen Teams?“, piepste Emil unsicher. „Wohnen die dann auch bei dir?“
Kalawesi sah aus, als zwackte sein Samtanzug. Konzentriert zupfte er an den Ärmeln seines Sakkos. „Also, das ist so“, druckste er herum. „Das war Marc Bodins Idee. Er meinte, ihr arbeitet besser unter Druck. Ihr solltet eure letzten Kräfte mobilisieren und alles geben, um die anderen zu übertreffen.“
„Ja und, wissen wir doch“, sagte Emil.
Kalawesi rieb seine Hände, als würde er sie waschen. „Also, die anderen Teams, die gibt es überhaupt nicht. Das war nur so eine Erfindung.“
Pablo boxte Kalawesi in den Bauch und tat richtig wütend: „Wir kommen nur unter einer Bedingung mit: Du verzichtest in Zukunft auf solche Tricks. Keine Lügen! Kapiert?“
„Einverstanden“, gab Kalawesi klein bei und machte ein Gesicht wie ein Hund, den man beim Futterklauen erwischt hatte.
Sansibar umarmte Mama und Papa immer noch. Ihr Bauch brodelte vor Glück. Es schmeckte tausendmal besser als Blaubeerpfannkuchen mit Karamellsoße. Ihre Eltern drückten sie ganz fest. Sansibar ließ sich in ihre Arme fallen und genoss es, wieder klein zu sein, sich zu fühlen wie damals. Ihre Mutter strahlte Sansibar mit verweinten Augen an. Schluchzend streichelte sie Sansibar immer wieder über den Kopf.
Papa murmelte: „Meine kleine tapfere Sansibar, ohne dich hätten wir uns nie wiedergefunden. Wie hast du das
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