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Die Schatzinsel (Original)

Die Schatzinsel (Original)

Titel: Die Schatzinsel (Original) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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Morgan! Ihr habt ja wohl mit ihm getrunken? Kommt mal her!«
    Der Mann, den er Morgan nannte – ein alter grauhaariger Matrose mit einem mahagoniroten Gesicht –, kam mit einer ziemlich dämlichen Miene heran, indem er seinen Priem im Munde herumrollte.
    »Na, Morgan!« sagte Long John sehr ernst; »Ihr habt doch wohl nie in Eurem Leben früher diesen Schwarzen – Schwarzen Hund gesehen? Nicht wahr?«
    »Gewiß nicht, Herr!« sagte Morgan, mit einem Kratzfuß.
    »Ihr kanntet doch seinen Namen nicht? Oder?«
    »Nein, Herr!«
    »Beim heiligen Donnerwetter, Tom Morgan, da könnt Ihr Euch freuen!« rief der Wirt. »Hättet Ihr mit einem solchen Kerl was zu tun gehabt, Ihr hättet mein Haus mit keinem Fuß mehr betreten, daraufkönnt Ihr Euch verlassen! Und was sagte er denn zu Euch?«
    »Das weiß ich nicht mehr so recht, Herr,« antwortete Morgan.
    »Habt Ihr einen Kopf auf Euren Schultern, oder ist das ein verdammtes Kalbsgekröse?« rief Long John. »Weiß ich nicht mehr recht! – Ach nee! Vielleicht wißt Ihr auch nicht mehr so recht, mit wem Ihr überhaupt gesprochen habt? Na, besinnt Euch mal, wovon hat er denn geplappert – Reisen, Kapitäne, Schiffe? Raus damit! Was war's denn?«
    »Wir sprachen so von Kielholen,« antwortete Morgan.
    »Von Kielholen? Ach nee! Das war ja eine recht passende Unterhaltung, Gottverdammich! Setzt Euch man wieder hin, Ihr seid ein Schafskopf.«
    Während Morgan wieder auf seinen Stuhl lossteuerte, flüsterte Silver mir in vertraulichem Ton, durch den ich mich sehr geschmeichelt fühlte, ins Ohr:
    »Der Tom Morgan ist ein ganz braver Kerl – bloß ein fürchterlicher Döskopf. Aber nun,« fuhr er laut fort, »laßt mich doch mal nachdenken – Schwarzer Hund? Nein – den Namen kenne ich nicht; ganz gewiß nicht. Aber halt – mir ist doch so – ja, ich habe den Kerl mal gesehen! Er kam manchmal mit einem blinden Bettler zu mir – jawoll, das tat er!«
    »Daß er das tat, darauf können Sie sich verlassen,« sagte ich. »Ich habe auch den blinden Mann gekannt. Pew war sein Name.«
    »Richtig!« rief Silver, jetzt ganz aufgeregt. »Pew! Das war sein Name. Ganz gewiß! Ah – der Kerlsah wie ein Haifisch aus, wahrhaftig! Aber wenn wir diesen Schwarzen Hund zu fassen kriegen, na, da wird aber Kapitän Trelawney Augen machen! Ben ist ein guter Läufer – da sind wenig Seeleute, die besser laufen können als Ben. Der muß ihn einholen, Hand über Hand, Gottverdammich! Von Kielholen sprach er? Ach nee! Na, den will ich kielholen!«
    Die ganze Zeit über, während er diese Sätze hervorstieß, humpelte er auf seiner Krücke in der Schenkstube herum, schlug alle Augenblicke mit der flachen Hand auf einen Tisch und war offenbar so aufgeregt, daß er einen Richter in Old Bailey oder einen Polizisten von Bow Street von seiner Unschuld überzeugt haben würde. Mein Verdacht war wieder rege geworden, als ich den Schwarzen Hund im »Fernrohr« wiedergefunden hatte, und ich beobachtete den Schiffskoch sehr scharf. Aber er war für mich ein zu fixer Schauspieler und ein zu abgefeimter Schlaukopf, und als nach einiger Zeit die beiden Matrosen ganz außer Atem zurückkamen und meldeten, sie hätten in einem Gedränge die Spur verloren und wären selber für Spitzbuben ausgescholten worden, da hätte ich mich ohne Bedenken für Long John Silvers Unschuld verbürgt.
    »Sieh mal, Hawkins,« sagte er zu mir, »es ist doch ein verdammt hartes Ding für einen Mann wie mich, wenn so was passiert – nicht wahr? Da ist Käpp'n Trelawney – was soll der davon denken? Hier sitzt der verdammte Sohn von einem Holländer in meinem eigenen Haus und trinkt von meinem eigenen Rum! Hier kommst du zu mir rein und sagst mir's gerade aufden Kopf zu! Und hier lasse ich ihn vor meinen eigenen Augen uns allen durch die Lappen gehen! Na, Hawkins, tu mir den Gefallen und stelle dem Käpp'n die Geschichte ins richtige Licht! Du bist ja man ein Junge, das ist richtig, aber du bist helle wie 'n Dreierlicht. Das hab ich gleich gesehen, als du in die Tür kamst. Na, die Sache ist doch so: was konnte ich denn tun, mit diesem alten Stück Holz, worauf ich rumhumple? Als ich noch ein kriegstüchtiger Sergeant bei den Seesoldaten war, da hätte ich ihn bald beim Wickel gehabt, und da hätte er meine Fäuste kennengelernt; aber jetzt –«
    Plötzlich schwieg er und sein Unterkiefer fiel herunter, wie wenn ihm auf einmal etwas eingefallen wäre.
    »Die Zeche!« rief er: »Drei Lagen Rum! Herrjemine, Gottverdammich – hab' ich

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