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Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Titel: Die Schiffbrüchigen des »Jonathan« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Erster Teil.

Erstes Kapitel.
Das Guanako.
    Es war ein anmutiges Tier mit langem, sein gebogenem Hals, schön gerundetem Rücken, schlanken, jedoch kräftigen Beinen, zierlichen Flanken und kurzem, dichtbehaartem, buschigem Schwanz, das langsam aus dem schützenden Dunkel des Waldes heraustrat; die Farbe seines Haarkleides war ein fahles Rot mit weißen Flecken: – ein Guanako.
    Auf große Entfernung hin gesehen, kann der Anblick dieser Wiederkäuer leicht zu einer Täuschung Anlaß geben: man glaubt, Pferde mit Reitern vor sich zu sehen und manch ein Reisender hat – durch den Schein irregeführt – eine am fernen Horizont hingaloppierende Herde dieser Tiere für einen Reitertrupp gehalten.
    Das Guanako schien das einzig sichtbare Lebewesen in dieser ganz einsamen Gegend zu sein. Es war am Abhang eines Hügels stehen geblieben, der sich inmitten einer weitgedehnten Prärie erhob, wo hohe Schilfhalme in knisterndem Rascheln aneinanderstreiften und ihre scharfen Blattenden wie spitze Lanzen in das dichte Buschwerk stachlichter Gewächse bohrten.
    Das Tier hielt das Haupt der Luftströmung zugewandt und atmete die Dünste ein, die eine leichte Brise von Osten herbeitrug. Mit wachsamen Blicken, die Ohren lauschend aufgerichtet, sorgsam Umschau haltend, stand es da, bereit, auf das erste verdächtige Geräusch hin die Flucht zu ergreifen.
    Die Ebene zeigte keine einförmige, glatte Oberfläche, sondern war im Gegenteil von zahlreichen Vertiefungen durchfurcht – eine Folge der heftigen Gewitterregen, die den Boden aufgewühlt hatten. Durch einen dieser natürlichen Schutzwälle unsichtbar gemacht, kroch vorsichtig ein Eingeborner, ein Indianer, welchen das Guanako trotz der geringen Entfernung unmöglich bemerken konnte, auf den Hügel zu. Er war fast gänzlich unbekleidet – die zerrissenen Reste eines Tierfelles bildeten seine einzige Bedeckung – und kam langsam näher, indem er sich geräuschlos durch die Gräser schob, um das Wild, nach dem er Begehren trug, nicht zu erschrecken. Trotzdem schien dieses eine Ahnung der bevorstehenden Gefahr zu haben und gab Zeichen großer Unruhe.
    Da sauste ein Lasso pfeifend durch die Luft und rollte sich bei dem Tiere ab; aber der lange Riemen erreichte sein Ziel nicht; er glitt vom Rücken desselben herunter und fiel zu Boden.
    Der Anschlag war verfehlt; das Guanako aber entfloh mit Windeseile und war bereits hinter den Baumgruppen verschwunden, als der Indianer am Gipfel des Hügels ankam.
    Das vom nahen Tode bedroht gewesene Tier war gerettet, nun sollte auch der Mensch seinen Anteil an Todesnot und -gefahr haben!
    Nachdem er das mit dem einen Ende an seinem Gürtel befestigte Lasso an sich gezogen und aufgerollt hatte, wollte er eben den Hügel hinabsteigen, als sich in nächster Nähe ein grimmiges Brüllen hören ließ und fast im gleichen Augenblicke ein wildes Tier vor seine Füße sprang. Es war ein Jaguar von außergewöhnlicher Größe; sein graubraunes Fell war mit schwarzen Flecken gezeichnet, die mit ihren lichten Mittelpunkten der Pupille eines Auges nicht unähnlich sahen.
    Der Eingeborne kannte die Wildheit dieses gefährlichen Tieres und wußte, daß es ihn leicht mit einem einzigen Schlag seiner gewaltigen Tatze, einer Bewegung seiner fürchterlichen Kiefer töten konnte, und machte einen großen Sprung nach rückwärts. Unglücklicherweise kam ein Stein unter seinen Fußen ins Rollen, er verlor das Gleichgewicht und fiel zu Boden. Mit hoch erhobener Hand suchte er sich mit Hilfe eines aus Seehundsknochen gefertigten, spitzen Messers zu verteidigen, das er aus seinem Gürtel gezogen hatte; einen Augenblick lang hoffte er sogar, sich erheben und eine günstigere Stellung einnehmen zu können, aber es sollte nicht sein. Das leicht verwundete Raubtier warf sich mit der Kraft der höchsten Wut auf ihn, riß ihn nieder und die scharfen Krallen zerfleischten die Brust des Wehrlosen – er war verloren.
    In diesem Augenblicke größter Not erzitterte die Luft von einer lauten Detonation und der Jaguar, dem eine Karabinerkugel das Herz durchbohrt hatte, brach wie vom Blitz getroffen zusammen. Kaum hundert Schritte vom Tatort schwebten leichte, weiße Rauchwölkchen über einer der Klippen; dort stand auf einem Felsblock, den Karabiner schußbereit erhoben, ein Mann.
    Er war kein Stammesgenosse des Verwundeten, sondern zeigte den stark ausgeprägten arischen Typus. Obgleich von der Sonne sehr gebräunt, war er nicht von brauner Hautfarbe; sein Antlitz zeigte weder

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