Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«
beruht haben, da Sie dieselben selbst im vorhinein abgeleugnet hatten.
– Und heute erkläre ich Ihnen, daß diese Gerüchte die Wahrheit sprachen. Wenn es mir damals gefallen hat und noch immer gefällt, meinen Rang zu vergessen, würde ich doch Ihnen raten, sich daran zu erinnern. Sie werden mir zugeben, daß es mir leicht fallen würde, mächtige Verbündete zu finden, welche der chilenischen Regierung sehr unangenehm sein würden!«
Der Offizier antwortete nicht, er fühlte sich ganz überwältigt.
»Meinen Sie, sagte der Kaw-djer wieder, daß ich, anstatt einfach den Forderungen nachzugeben, nicht einen beiden Teilen erwünschten Ausweg ausfindig machen könnte?«
Jetzt hob der Offizier den Kopf! – Alles war noch nicht verloren. Der Kaw-djer wollte verhandeln. Vielleicht war noch ein günstiger Abschluß dieser ihm unheimlich werdenden Angelegenheit zu erhoffen!…
»Es kommt darauf an, nahm der Kaw-djer das Gespräch wieder auf, mit welchen Vollmachten Sie ausgestattet sind!
– Oh, mit den weitgehendsten, versicherte der Chilene.
– Haben Sie schriftliche Beweise für Ihre Behauptung?
– Ja.
– Dann bitte ich Sie, mich dieselben sehen zu lassen!« sagte der Kaw-djer ruhig.
Der Offizier zog ein zweites Schriftstück aus seiner Tasche und reichte es dem Kaw-djer hin.
»Hier!« sagte er.
Hätte sich der Kaw-djer mit dem zuerst vorgewiesenen Beglaubigungsschreiben zufriedengestellt, so hätte er niemals Einblick in dieses zweite Dokument erlangt, das er jetzt mit großer Aufmerksamkeit durchlas.
»Es ist in bester Ordnung, sagte er dann. Ihrer Unterschrift wird Glauben geschenkt werden, soweit Verträgen zwischen Menschen überhaupt Glauben geschenkt werden kann! Ihre Gegenwart auf der Insel ist aber ein Gegenbeweis hierfür!«
Der Offizier biß sich auf die Lippen, ohne zu antworten. Nach einer Pause sagte der Kaw-djer:
»Wir wollen klar sehen. Die chilenische Regierung will die Insel Hoste wieder unter ihr Szepter bringen. Ich könnte mich diesem Verlangen widersetzen, aber ich füge mich der Forderung. Ich habe jedoch auch Bedingungen zu stellen.
– Ich höre! sagte der Chilene.
– Erstens darf die Regierung keine Zölle auf der Insel Hoste einführen – außer solchen, die auf die Goldminen Bezug haben, und das soll so bleiben, auch wenn diese Bergwerke erschöpft sind. Doch darin soll sie ganz freie Hand behalten und Vorschriften nach Belieben erlassen.«
Der Offizier traute seinen Ohren nicht. Ohne Wortwechsel, ohne Streit fügte man sich dem Wichtigsten. Alles andere war Nebensache.
Und der Kaw-djer fuhr fort:
»Auf dieses Recht, mit den Minen nach Belieben zu schalten und zu walten, muß sich die Suzeränität Chiles beschränken. Der Insel muß ihre Autonomie gewahrt werden, auch ihre Fahne muß ihr bleiben. Chile kann einen Geschäftsträger hier bewohnen, dem aber nur eine beratende Stimme zufällt; die wirkliche Regierung der Insel muß in Händen eines vom Volk erwählten Rates bleiben und eines Gouverneurs, welchen ich ernennen will!
– Sie werden doch jedenfalls dieser Gouverneur sein? erkundigte sich der Offizier.
– Nein, erklärte der Kaw-djer mit Bestimmtheit. Ich brauche vollkommene Freiheit, unbegrenzte, uneingeschränkte, ferner bin ich genau so müde, Befehle zu erteilen als solche zu empfangen. Ich ziehe mich zurück, aber ich wahre mir das Recht, meinen Nachfolger zu erwählen.«
Der Offizier folgte diesen Auseinandersetzungen, ohne sie zu unterbrechen War diese bittere Entsagung echt, wollte der Kaw-djer nichts für sich selbst fordern?
»Mein Nachfolger heißt Dick, sagte dieser traurig nach kurzem Nachdenken. Er hat keinen anderen Namen. Er ist ein junger Mann, kaum zweiundzwanzig Jahre alt – aber ich habe ihn unterrichtet und erzogen; ich bürge für ihn. In seine Hände – und nur in seine – lege ich mein Herrscheramt… Das sind meine Bedingungen.
– Ich nehme dieselben an, sagte der Offizier hastig, sehr befriedigt, in der Hauptsache triumphiert zu haben.
– Gut, sagte der Kaw-djer; wir wollen den Vertrag zu Papier bringen.«
Das geschah sogleich. Drei Dokumente wurden ausgefertigt und von beiden Teilen unterzeichnet.
»Das eine Exemplar gehört Ihrer Regierung, erklärte der Kaw-djer, ein zweites meinem Nachfolger. Das dritte behalte ich, und wenn die Vertragsbedingungen nicht eingehalten werden, werde ich ihnen Geltung zu verschaffen wissen, dessen können Sie versichert sein… Aber wir sind noch nicht zu Ende, sagte er, indem er dem
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