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Die Schlacht der Trolle

Titel: Die Schlacht der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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beide Seiten des Walls. Die Verletzten schrien, um Gnade, nach Hilfe oder einfach nur vor Schmerz. Der junge Marczeg verhärtete sein Herz gegen die grausamen Rufe, in denen so viel Leid mitschwang. Noch viele werden heute schreien, noch viele ihr Leben in die Erde rinnen sehen.
    Der Boden war aufgewühlt, aber die Barrikade hatte bislang gehalten, auch wenn ihre provisorischen Aufbauten gegen die Reiter an vielen Stellen umgestürzt oder aus der Erde gerissen worden waren. Lockere Erde war in den Graben gerutscht und bedeckte nun die Gefallenen.
    Bevor Tamár sich von dem Kampf erholt hatte, preschten von unten Reiter heran. Leicht gerüstete Szarken, die in wildem Ritt auf die Verteidiger zustürmten, nur um in Bogenreichweite abzudrehen und einen Pfeilhagel niedergehen zu lassen. Die Antwort von Tamárs Bogenschützen war schwach und traf die schnell davonreitenden Szarken kaum.
    Direkt nach dem Beschuss setzten sich die gepanzerten Reiter aus Szilas’ Armee in Bewegung. »Schließt die Lücken«, befahl Tamár laut und nahm den eigenen Schild wieder auf. Selbst hangaufwärts erreichten die Reiter eine beeindruckende Geschwindigkeit.
    »Schilde!«
    Als sie noch knapp fünfzig Schritt entfernt waren, senkten die Reiter ihre Lanzen. Tamárs Blick wanderte über die Reiter, ihre prachtvollen Streitrösser, die lehmverschmierten Hufe, die gebleckten Zähne der Pferde. Er sah die Schilde mit den Kriegszeichen, die starken Rüstungen, die langen Lanzen. Dann brach der Sturm über sie herein.
    Lanzen splitterten, Speere brachen, Bolzen gruben sich in Leiber. Der Aufprall war mörderisch, doch der Wall hielt. Pferde brachen in den Graben ein, prallten mit gebrochenen Beinen gegen den Erdwall. Reiter wurden aus den Sätteln gerissen.
    »Schlagt sie zurück!«, rief Tamár mit donnernder Stimme, der sich in die Breschen warf und auf die Feinde eindrang. Aus dem Sturmangriff wurde ein Handgemenge, ein wildes Durcheinander von schnaubenden Pferden, schreienden Menschen, Waffen, Schilden, Schlamm und Blut. Wieder und wieder hieb Tamár nach seinen Gegnern, duckte sich, hob den Schild, bis auch dieser Angriff genauso abrupt endete, wie er begonnen hatte. Die Panzerreiter zogen sich zurück.
    Einige Heißsporne wollten ihnen folgen, doch Rurjos brachte mit scharfen Befehlen wieder Ordnung in die Reihen. Während Tamár die Feinde in der Talsenke nicht aus den Augen ließ, wurden die Verletzten in das Lager geschafft und dort notdürftig versorgt. Ihre Schreie hallten über das Schlachtfeld.
    Ein prüfender Blick zeigte Tamár, dass die Sonne kaum weitergewandert war. Ein Angriff abgewehrt. Wie viele werden noch folgen?
    Er schaute an seine Seite, wo Köves stehen sollte. Doch der Szarke war nirgends zu sehen. Fragend suchten Tamárs Augen die Reihen ab. Dann sah er ihn. Köves lag auf dem Wall, die Beine angezogen, die Arme um den Leib geschlungen. Schnell sprang Tamár auf seinen treuen Krieger zu, doch er sah auf den ersten Blick, dass jede Hilfe zu spät kam; Köves war bereits tot, seine Augen blicklos und leer. Trauer und Wut griffen nach Tamárs Herz, doch er konnte diesen Gefühlen nicht nachgeben. Mit steifen Fingern packte er den Szarken, dessen Brustpanzer von einer Lanze durchstoßen worden war, und trug ihn in das Lager.
    Mögest du deinen Weg im Göttlichen Licht finden, dachte der junge Marczeg, als er Köves’ Leib zu Boden gleiten ließ. Wir alle werden dir früh genug folgen. Nur einen Moment lang beneidete er den Szarken, dessen Gesicht im Tod so viel friedvoller erschien. Dann wandte er sich ab und kehrte zurück zu den Lebenden, für deren Schicksal er verantwortlich war.

59
     
     
    D ie Schlacht war ein Albtraum ohne Ende. Sechs oder sieben Angriffe hatten sie schon abgewehrt. Das Feld war aufgewühlt, Leichen bedeckten Hang und Wall, lagen halb verschüttet im Graben. Keiner hatte mehr Kraft, sie fortzuschaffen, und so wurden sie mit jedem Angriff tiefer in die feuchte Erde getrampelt. Das Land trinkt unser Blut, erinnerte sich Flores an Stens Worte. Und es frisst unsere Toten. Selbst Neagaş ist gefallen.
    Die Sonne stand tief am Himmel, färbte ihn rot. Es erstaunte die Wlachakin, dass sie so lange hielten, dass sie noch nicht besiegt waren. Mit unvorstellbarer Zähigkeit klammerten die Wlachaken sich an das blutige Stück Land, das sie sich für ihr letztes Gefecht auserwählt hatten.
    Im Osten war es Tamár immer wieder gelungen, die brutalen Attacken zurückzuschlagen; wie, das konnte Flores nicht

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