Die Schlacht der Trolle
Trollen unterwegs, aber Kerr spürte den Schlag des Herzens so stark wie nie zuvor, und er war sicher, dass er jedes Wesen, gleich ob Troll, Mensch, Grauer oder Schlinger, entdecken würde, lange bevor sie auch nur in seine Nähe kamen. Er hatte Turk mit absoluter Sicherheit den Weg gewiesen, denn die Stollen und Gänge unter den Bergen hielten keine Geheimnisse mehr für ihn bereit. Es schien ihm, als wäre er bereits an jedem Ort unter der Welt gewesen und kenne nun alles. Irgendwie war ich das auch. Ich war überall. Zur gleichen Zeit.
Schnell näherten sie sich ihrem Ziel; Kerr konnte es spüren. Er beschleunigte seine Schritte und schloss zu den anderen Stammesmitgliedern auf.
»Wartet. Hier ist es.«
Der neue Anführer Turk blickte den jungen Troll an. »Wie sieht es aus?«
Mit geschlossenen Augen setzte sich Kerr nieder und wartete. Der Dreeg ertönte, dunkel und klar. Das Echo floss durch die Welt und brachte seine Abbilder zu Kerr. Es war schwierig, sich nicht darin zu verlieren, aber der junge Troll konzentrierte sich. Hass und Angst rannen durch die Welt, strömten wie Wasser durch den Fels, umgaben Kerr wie einen Mantel.
»Es ist Zeit. Dort, wo der Stein Risse hat. Er wird dir nachgeben.«
»Zurück!«, befahl Turk und griff an die Decke des niedrigen Ganges. Seine Muskeln spannten sich, als er an einem hervorstehenden Felsen zerrte. Ein langsames Knirschen ertönte, und Staub rieselte auf die Schultern des Trolls herab. Sein Stamm zog sich ein Stück zurück. Auch Kerr erhob sich. Seine Aufgabe war getan, nun war es wieder an Turk, den Stamm zu führen.
»Werden wir es rechtzeitig schaffen?«, fragte Stens Gefährtin besorgt.
»Noch fließt Blut. Vertrau mir, wir kommen nicht zu spät …«
Bevor Kerr weiter erklären konnte, was er erfühlt hatte, brach der Fels. Mit einem Brüllen schleuderte Turk einen gewaltigen Steinbrocken von sich und sprang zur Seite. Felsmassen ergossen sich in den Tunnel, als die Decke mit ohrenbetäubendem Getöse einbrach. Erde folgte dem Fels. Der Staub nahm Kerr die Sicht, aber er spürte das Loch, das bis an die Oberfläche reichte. Zufrieden bleckte er seine Hauer, als er die Schreie vernahm, die über ihnen erklangen.
»Los!«, donnerte Turk, der bereits über die Felsbrocken lief und auf allen vieren den Geröllhaufen hinaufkletterte. Kerr folgte dem Anführer des Stammes. Es war Turks Zeit. Es war Zeit zu kämpfen.
Als Kerr den oberen Rand erreichte, schlug ihm der Geruch der Oberwelt entgegen. Erde und Pflanzen, fremd und aufregend, aber auch Blut, Schweiß, Angst und Tod. Er legte den Kopf in den Nacken und brüllte.
Um ihn herum regierte das Chaos. Menschen schrien, liefen durch die Dunkelheit. Eine Gestalt sprang mit einer Lanze auf Kerr zu, die Metallspitze bohrte sich schmerzhaft in seine Seite. Wütend packte der Troll die Lanze und riss sie herum. Der Mensch wurde davongeschleudert, während Kerr die Waffe über den Kopf hob und zerbrach wie einen trockenen Ast.
Neben sich hörte Kerr Sten schreien, der soeben aus dem Loch sprang. »Tirea!«
Die Stimme des Menschen drang laut durch die Nacht. In einiger Entfernung wurde sein Ruf aufgenommen: »Tirea!«
Feuer erhellten den Ort der Schlacht. Der Himmel war von Wolkenfetzen bedeckt, aber selbst das schwache Licht der Sterne reichte Kerrs empfindlichen Augen. Er sah einen Kreis von Kriegern, die gegen eine erdrückende Übermacht kämpften. Sie wurden Schritt für Schritt einen Hang hinaufgetrieben.
»Dort«, schrie Sten und deutete auf die Eingeschlossenen. »Meine Leute! Mein Stamm!«
Turk, der seine Jäger um sich versammelt hatte, nickte und setzte sich in Bewegung. Seine Schritte ließen den Boden erbeben, sein gewaltiger Leib wurde von den Feuern rot ummalt.
Kerr blickte sich nach den Menschen um. Sten hatte Viçinia die Hand gereicht, als sie aus dem Loch kletterte. Die Gefährtin des Menschen hob nun einen Schild und ein Kurzschwert vom Boden auf, während der Krieger seine Waffe bereits gezogen hatte. Dann liefen die beiden Menschen los, und Kerr folgte ihnen. Er konnte sehen, dass Sten stets bemüht war, seine Gefährtin vor möglichen Angriffen zu schützen; mehr sogar, als auf seine eigene Sicherheit zu achten.
Der junge Troll sog die Witterung der Oberfläche in seine Nase ein, die seltsamen und die vertrauten Gerüche, das Gefühl von der Weite der Welt um ihn herum.
Aus vollem Lauf brach Turk in die Reihen der Feinde ein, von denen sich einige bei seinem Nahen umwandten.
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