Die Schlüssel zum Königreich 01 - Schwarzer Montag
war kühl, aber angenehm kühl, wunderbar erfrischend. Er spürte, wie er mit einem Schlag hellwach war; ein Ruck ging durch seinen ganzen Körper. Es war der Aufprall reiner Lebensfreude, purer Energie, der einfachen Freude, so schnell zu rennen, wie man kann.
Arthur lief zum Fenster zurück und sah gerade noch, wie der Nachtfeger in der Ferne hoch über der Stadt galoppierte; sein frischer, belebender Atem blies die Blätter von den Bäumen, ließ Verkehrsschilder wackeln und feg te alles fort, was lose auf den Straßen lag. Überall entlang seines Weges reagierten die Autoalarmanlagen, und die Straßenlampen bildeten einen flackernden Schweif.
Der Nachtfeger weckte alles und jeden.
Unten hörte Arthur das Telefon klingeln. Er rannte aus dem Zimmer und lief in Michaeli und Eric, die schon auf dem Flur waren. Gemeinsam eilten sie die Treppe hinun ter und ins große Wohnzimmer. Dort stand Bob, hellwach und vollständig angezogen. Er legte langsam den Tele fonhörer auf und lächelte die Kinder an.
»Das war Emily. Sie haben die genetische Struktur identifiziert«, sagte er, und aus jedem Wort und jeder Geste sprach Erleichterung. »In ein paar Tagen werden sie ein Gegenmittel haben. Es sieht auch so aus, als ob das Virus weniger schlimm ist, als anfangs alle gedacht haben. Viele Patienten wachen auf.«
Jetzt konnte auch Arthur lächeln, die Erleichterung durchströmte ihn. Endlich war es vorbei.
Dann hörte er ein anderes Telefon klingeln. Niemand reagierte, und einen Moment lang dachte Arthur, er hätte es sich nur eingebildet. Aber dann wurde es lauter, und Bob, Michaeli und Eric schienen es immer noch nicht zu registrieren. Es war ein richtig altmodisches Klingeln, kein elektronisches Schrillen. So etwas hatte Arthur nur im Haus gehört …
Es musste das Telefon in dem roten Lackkästchen sein!
Arthur sah auf die Wanduhr. Sie tickte, und gerade hatte sich der Minutenzeiger einen Strich vorbewegt.
Es war eine Minute nach acht.
Am Dienstagmorgen.
N ACHWORT
W
as haben ein Ring, ein Schwert, ein Spiegel, ein Sportwagen, Feenstaub und ein alter Wandschrank gemeinsam? Nichts, möchte man auf den ersten Blick erwidern, aber sie alle sind – in gewisser Hinsicht und in einem bestimmten Kontext – magische Gegenstände. Schlüssel, durch deren Gebrauch oder auch bloßen Besitz sich dem Helden neue Welten erschließen, phantastische Länder, mystische Gefilde, Vergangenheit und Zukunft, in denen er zahllosen Gefahren und nicht selten auch sich selbst begegnet und die klassische Reise des Heros antreten muss.
Auch Arthur Penhaligon ist ein solcher Held, und auch er bekommt am Beginn seiner Reise jene zauberischen »Schlüssel zum Königreich« ausgehändigt, um die sich Garth Nix’ neues Werk dreht, von dem ich hoffe, dass Sie es mit ebenso großem Vergnügen gelesen haben wie ich. Die Kunst in der Fantasy besteht nicht darin, völlig neue Dinge zu erfinden; das Genre nährt sich aus jenen Quellen und Wurzeln, aus denen auch Sagen und Märchen hervorgegangen sind und die uns seit Kindertagen vertraut sind. Die Fahrt des Helden, seine Berufung, seine Mission und ihre Erfüllung, die Beschaffenheit seiner Verbündeten und seiner Gegner – all diese Dinge sind Gesetzmäßigkeiten unterworfen, die uns allen vertraut sind, weil sie zum kollektiven Erfahrungsschatz der Menschheit gehören. Mit ihnen zu spielen und ihre Grenzen in immer neue, unbekannte Regionen auszuweiten, darin liegen sowohl der Reiz als auch die Berufung des Fantasy-Autors – und zugleich Garth Nix’ größte Stärke.
Schon mit der ABHORSEN-Trilogie hat er bewiesen, dass er im Genre zu Hause ist. Mit DIE SCHLÜSSEL ZUM KÖNIGREICH jedoch hat er in meinen Augen sein Meisterstück abgeliefert: eine auf sieben Bände angelegte Saga, jeder davon einem anderen Wochentag gewidmet und auf skurrile Weise Realität und magisches Nirgendwo verbindend. Mit einem Mix aus Historie, Drama, Abenteuer und einer guten Portion Märchen und Magie hat Nix eine Welt kreiert, die den Vergleich mit anderen phantastischen Lokalitäten nicht zu scheuen braucht: Das Universum des jungen Arthur präsentiert sich mit der Selbstverständlichkeit Mittelerdes, der Exotik Nimmerlands, der geheimnisvollen Aura von Hogwarts und dem skurrilen Witz der Welt jenseits des Spiegels. Wie seinen Namensvetter in keltischer Vorzeit hat ihn das Schicksal zu Höherem ausersehen, und wir können sicher sein, dass Garth Nix ihn und seine Freunde auf noch viele weitere Abenteuer
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