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Die Schlüssel zum Königreich 01 - Schwarzer Montag

Die Schlüssel zum Königreich 01 - Schwarzer Montag

Titel: Die Schlüssel zum Königreich 01 - Schwarzer Montag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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hinter sich und war nicht nur zerknautscht, sondern hatte auch eine starke Schlagseite nach links. Als er ihn hob, um die Wächter zu begrüßen, fiel ein in Zeitungspapier gewic keltes Sandwich heraus. Er fing es auf und steckte es in eine Innentasche seines Rocks, bevor er die Parole intonierte.
    »Weihrauch, Schwefel und Erz, ich bin ein Inspektor mit aufrechtem Herz«, rezitierte er sorgsam, wobei er das Beglaubigungsschreiben hoch hielt, um das Siegel zu zeigen.
    Der Zwölf-Uhr-Wächter drehte sich zur Antwort auf Losungsworte und Siegel einmal um seine Achse. Er kreuzte seine Klingen mit einem Geräusch wie beim Schärfen eines Messers und schwang sie zum Gruß durch die Luft, was bei dem Inspektor ein leichtes Zittern hervorrief.
    »Tritt heran, Inspektor«, sprach der Wächter. Das war die Hälfte von allem, was er jemals sagte.
    Der Inspektor nickte und trat vorsichtig von der Transferplattform auf die erstarrte Dunkelheit des toten Sterns. Er hatte zur Vorsicht immaterielle Stiefel angezogen (die als Pantoffeln getarnt waren), um der raum- und zeitkrümmenden Natur der schwarzen Materie dieses Sterns entgegenzuwirken, obwohl sein Vorgesetzter ihm versichert hatte, dass das Schreiben und das Siegel völlig ausreichenden Schutz gewährten. Er blieb kurz stehen, um die Transferplatte aufzuheben, denn sie war sein persönliches Lieblingsstück, eine große Servierplatte aus feinstem Knochenporzellan mit einem Früchtedekor, also etwas ganz anderes als die gebräuchliche Scheibe aus brüniertem Elektrum. Es war ein Risiko, eine Porzellanplatte zu benutzen, weil sie sehr zerbrechlich war, aber sie sah hübsch aus, und das war dem Inspektor wichtig.
    Selbst den Inspektoren war es nicht gestattet, den inneren Rand des Zifferblatts, der das untere Ende der Ziffern mit einer goldenen Linie säumte, zu überschreiten. Deshalb schritt dieser Inspektor behutsam am Zwölf-Uhr-Wächter vorbei und blieb kurz vor der Linie stehen. Der silberne Käfig sah so solide aus, wie er sollte, und die Glaskassette war intakt und wunderbar transparent. Er konnte problemlos im Innern den Kristall sehen, der dort war, wo man es von ihm erwartete.
     
     

     

»Es scheint alles, hm, in Ordnung zu sein«, murmelte er. Erleichtert nahm er eine kleine Dose aus seiner Rocktasche, schnippte sie auf und beförderte mit einer geübten Bewegung eine kleine Menge Schnupftabak in sein rechtes Nasenloch. Es war eine neue Sorte, das Geschenk einer höheren Behörde.
    »Alles, ah, ah, in Ordnung«, wiederholte er und ließ einen gewaltigen Nieser vom Stapel, der seinen ganzen Körper durchschüttelte, sodass er, einen Moment lang aus dem Gleichgewicht gebracht, über die goldene Linie zu stolpern drohte. Die Wächter sprangen von ihren Positionen, und die Klingen des Zwölf-Uhr-Wächters zischten dicht vor dem Gesicht des Inspektors herab, der verzweifelt mit den Armen ruderte, um das Gleichgewicht wiederzuerlangen.
    Schließlich gelang ihm das, und er wippte auf die richtige Seite der Linie zurück.
    »Tut mir schrecklich leid, fürchterliche Angewohnheit!«, quiekte er, während er die Schnupftabakdose in die Sicherheit seiner Tasche zurücksteckte. »Ich bin ein Inspektor, vergesst das nicht! Hier ist das Beglaubigungsschreiben! Seht das Siegel!«
    Die Wächter nahmen ihre übliche Routine wieder auf, und die Arme des Zwölf-Uhr-Wächters fielen in ihre seitliche Position zurück, wo die Klingen nicht mehr bedrohlich wirkten.
    Der Inspektor zog ein großes geflicktes Taschentuch aus dem Ärmel und rieb sich übers Gesicht, aber als er sich den Schweiß wegwischte, glaubte er, etwas über das Zifferblatt huschen zu sehen. Etwas Kleines, Dünnes, Dunkles. Als er das Taschentuch wegsteckte und blinzel te, war nichts zu erkennen.
    »Ich nehme nicht an, dass es etwas zu berichten gibt?«, fragte er nervös. Er war noch nicht sehr lange Inspektor; noch vor knapp vier Jahrhunderten (minus einer Dekade) war er nur ein Inspektor vierter Klasse gewesen. Den größten Teil seiner Laufbahn war er dritter hinterer Hausdiener gewesen, fast von Anbeginn der Zeit an. Davor –
    »Nichts zu berichten«, antwortete der Zwölf-Uhr-Wächter, womit er den Rest seines Vokabulars aufbrauchte.
    Der Inspektor tippte höflich an die Krempe seines Hutes, war aber dennoch beunruhigt. Er konnte spüren, dass etwas hier war. Etwas, das nicht ganz in Ordnung war. Aber die Strafe für einen Fehlalarm war zu schrecklich, um darüber nachzudenken. Er könnte zum Hausdiener

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