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Die Schneekönigin (illustrierte Ausgabe)

Die Schneekönigin (illustrierte Ausgabe)

Titel: Die Schneekönigin (illustrierte Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Christian Andersen
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Vorposten. Sie hatten die sonderbarsten Gestalten; einige sahen aus wie hässliche große Stachelschweine, andere wie ganze Knoten, gebildet von Schlangen, welche die Köpfe hervorstreckten, und andere wie kleine dicke Bären, auf welchen die Haare sich sträubten, alle glänzten weiß, alle waren lebendige Schneeflocken.
    Da betete das kleine Gerda ihr Vaterunser, und die Kälte war so groß, dass sie ihren eigenen Atem sehen konnte, der stand ihr ganz wie Rauch aus dem Mund; der Atem wurde immer dichter und dichter und gestaltete sich zu kleinen, klaren Engeln, die mehr und mehr wuchsen, wenn sie die Erde berührten, und alle Helme auf dem Kopf und Spieß und Schild in den Händen hatten. Ihre Anzahl wurde größer und größer, und als Gerda ihr Vaterunser geendet hatte, da war ein ganzes Heer um sie; sie stachen mit ihren Spießen gegen die gräulichen Schneeflocken, so dass diese in hundert Stücke zersprangen, und das kleine Gerda ging ganz sicher und froh vorwärts. Die Engel liebkosten ihre Hände und Füße, da fühlte sie weniger, wie kalt es war, und ging rasch gegen der Schneekönigin Schloss vor. Aber nun wollen wir erst sehen, wie es Kay geht. Er dachte freilich nicht an das kleine Gerda, und am wenigsten, dass sie draußen vor dem Schloss stand.

 
    D es Schlosses Wände waren gebildet von dem treibenden Schnee und Fenster und Türen von den schneidenden Winden; da waren über hundert Säle, alle, wie der Schnee sie zusammen trieb, der größte erstreckte sich mehrere Meilen lang, alle beleuchtet von dem starken Nordlicht, und sie waren leer, eisig, kalt und glänzend. Nie gab es hier Lustbarkeit, nicht einmal einen kleinen Bärenball, wozu der Sturm aufspielen und die Eisbären auf den Hinterfüßen gehen und dabei ihre Gebärden hätten zeigen können; nie eine kleine Spielgesellschaft mit Maulklapp und Tatzenschlag, nie ein klein bisschen Kaffeeklatsch von den weißen Fuchsfräuleins; leer, groß und kalt war es in den Sälen der Schneekönigin. Die Nordlichter flammten so genau, dass man sie zählen konnte, wenn sie am höchsten und wenn sie am niedrigsten standen. Mitten in diesem leeren unendlichen Schneesaal war ein zugefrorener See, der war in tausend Stücke gesprungen, aber jedes Stück war dem anderen so gleich, dass es ein wahres Kunstwerk war. Mitten auf diesem saß die Schneekönigin, wenn sie zu Hause war, und dann sagte sie, dass sie im Spiegel des Verstandes sitze, und dass dieser der einzige und der beste in der Welt sei.

     
    Der kleine Kay war ganz blau vor Kälte, ja fast schwarz, aber er merkte es nicht, denn sie hatte ihm den Frostschauer abgeküsst, und sein Herz glich einem Eisklumpen. Er ging und schleppte einige scharfe flache Eisstücke, die er auf alle mögliche Weise an einander passte, gleich wie wenn wir kleine Holztafeln haben und diese in Figuren zusammenlegen, was man das chinesische Spiel nennt. Kay ging auch und legte Figuren, die allerkünstlichsten; das war das Eisspiel des Verstandes. In seinen Augen waren die Figuren ganz ausgezeichnet und von der höchsten Wichtigkeit; das machte das Glaskörnchen, welches ihm im Auge saß! Er legte ganze Figuren, die ein geschriebenes Wort waren, aber nie konnte er es herausbringen, das Wort zu legen, was er gerade haben wollte, das Wort ‚Ewigkeit‘, und die Schneekönigin hatte gesagt: „Kannst du die Figur ausfindig machen, dann sollst du dein eigener Herr sein und ich schenke dir die ganze Welt und ein Paar neue Schlittschuhe.“ Aber er konnte es nicht.
    „Nun sause ich fort nach den warmen Ländern!“ sagte die Schneekönigin. „Ich will hinfahren und in die schwarzen Töpfe hineinsehen!“ — Das waren die feuerspeienden Berge Ätna und Vesuv, wie man sie nennt. „Ich werde sie ein wenig weiß machen, das gehört dazu, das tut den Zitronen und Weintrauben gut!“ Damit flog die Schneekönigin davon, und Kay saß ganz allein in dem viele Meilen weiten, großen, leeren Eissaal, betrachtete die Eisstücke und dachte und dachte, so dass es in ihm knackte, ganz stille und steif saß er, man hätte glauben können, er sei erfroren.
    Da war es, dass das kleine Gerda durch das Tor in das Schloss trat. Hier herrschten schneidende Winde; aber sie betete ein Abendgebet, und da legten sich die Winde, als ob sie schlafen wollten, und sie trat in die großen, leeren, kalten Säle hinein — da erblickte sie Kay, sie erkannte ihn, sie flog ihm um den Hals, hielt ihn dann fest und rief: „Kay! Lieber kleiner Kay! Da habe ich

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