Die Schneekönigin (illustrierte Ausgabe)
war verzogen und hartnäckig. Sie und Gerda saßen darinnen und so fuhren sie über Stock und Stein tiefer in den Wald hinein. Das kleine Räubermädchen war so groß wie Gerda, aber stärker, breitschultriger und von dunkler Haut. Die Augen waren ganz schwarz, sie sahen fast traurig aus. Sie nahm das kleine Gerda um den Leib und sagte: „Sie sollen dich nicht schlachten, so lange ich dir nicht böse werde! Du bist wohl eine Prinzessin?“
„Nein!“ sagte Gerda, und erzählte ihr alles, was sie erlebt hatte, und wie viel sie vom kleinen Kay hielt.
Das Räubermädchen betrachtete sie ganz ernsthaft, nickte ein wenig mit dem Kopf und sagte: „Sie sollen dich nicht schlachten, selbst wenn ich dir böse werde, dann werde ich es schon selbst tun!“ und dann trocknete sie Gerdas Augen und steckte ihre beiden Hände in den schönen Muff, der weich und warm war. Nun hielt die Kutsche still; sie waren mitten auf dem Hofe eines Räuberschlosses, das von oben bis unten auseinander geborsten war. Raben und Krähen flogen aus den offenen Löchern, und die großen Bullenbeißer, von denen ein jeder aussah, als könne er einen Menschen verschlingen, sprangen hoch empor, aber sie bellten nicht, denn das war verboten.
In dem großen, alten, verräucherten Saale brannte mitten auf dem steinernen Fußboden ein großes Feuer; der Rauch zog unter die Decke hin und musste sich selbst den Ausweg suchen; ein großer Braukessel mit Suppe kochte, und sowohl Hasen als auch Kaninchen wurden an Spießen gebraten.
„Du sollst diese Nacht mit mir bei allen meinen kleinen Tieren schlafen!“ sagte das Räubermädchen. Sie bekamen zu essen und zu trinken und gingen dann nach einer Ecke, wo Stroh und Teppiche lagen. Oben darüber saßen auf Latten und Stäben mehr als hundert Tauben, die alle zu schlafen schienen, sich aber doch ein wenig drehten, als die beiden kleinen Mädchen kamen.
„Die gehören mir alle!“ sagte das kleine Räubermädchen, und ergriff eine der nächsten, hielt sie bei den Füßen und schüttelte sie, dass sie mit den Flügeln schlug. „Küsse sie!“ rief sie, und schlug sie ihr ins Gesicht. „Da sitzen die Waldtauben!“ fuhr sie fort, und zeigte hinter eine Anzahl von Stäben, die vor einem Loche oben in die Mauer eingeschlagen waren.
„Das sind Waldtauben, die beiden, die fliegen gleich fort, wenn man sie nicht ordentlich eingeschlossen hält; und hier steht mein alter liebster Bä!“ und damit zog sie ein Renntier am Horn, welches einen kupfernen Ring um den Hals trug und gebunden war. „Den müssen wir auch in der Klemme halten, sonst springt er von uns fort. An jedem Abend kitzele ich ihn mit meinem scharfen Messer, davor fürchtet er sich!“ Und das kleine Mädchen zog ein langes Messer aus einer Spalte in der Mauer und ließ es über des Renntiers Hals hingleiten. Das arme Tier schlug mit den Beinen aus, aber das kleine Räubermädchen lachte und zog dann Gerda mit in das Bett hinein.
„Willst du das Messer behalten, wenn du schläfst?“ fragte Gerda und blickte etwas furchtsam nach demselben.
„Ich schlafe immer mit dem Messer!“ sagte das kleine Räubermädchen. „Man weiß nie, was vorfallen kann. Aber erzähle mir nun wieder, was du mir vorhin von dem kleinen Kay erzähltest, und weshalb du in die weite Welt hinausgegangen bist.“ Gerda erzählte wieder von vorn an, und die Waldtauben knurrten oben im Käfig und die anderen Tauben schliefen. Das kleine Räubermädchen legte ihren Arm um Gerdas Hals, hielt das Messer in der anderen Hand und schlief, dass man es hören konnte, aber Gerda konnte ihre Augen nicht schließen, sie wusste nicht, ob sie leben oder sterben würde.
Die Räuber saßen rings um das Feuer, sangen und tranken, und das Räuberweib schoss Purzelbäume.
Oh, es war ganz gräulich für das kleine Mädchen mit anzusehen.
Da sagten die Waldtauben: „Kurre, kurre! Wir haben den kleinen Kay gesehen. Ein weißes Huhn trug seinen Schlitten, er saß im Wagen der Schneekönigin, welche dicht über den Wald hinfuhr, als wir im Nest lagen; sie blies auf uns Junge, und außer uns beiden starben alle; kurre! kurre!“
„Was sagt ihr da oben?“ rief Gerda. „Wohin reiste die Schneekönigin? Wisst ihr etwas davon?“
„Sie reiste wahrscheinlich nach Lappland, denn dort ist immer Schnee und Eis! Frage das Renntier, welches am Strick angebunden steht.“
„Dort ist Eis und Schnee, dort ist es herrlich und gut!“ sagte das Renntier; „dort springt man frei umher
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